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Der Hexer - NR07 - Das Haus unter dem Meer

Der Hexer - NR07 - Das Haus unter dem Meer

Titel: Der Hexer - NR07 - Das Haus unter dem Meer
Autoren: Verschiedene
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großen Krampf gefangen.
    Aber es war diesmal nicht der Odem des Bösen, den ich spürte und der mich frösteln ließ, sondern Angst. Ganz ordinäre Angst. Der Gedanke, ein zweites Mal – und noch dazu freiwillig – in dieses Labyrinth zu gehen, trieb mich schier in den Wahnsinn. Meine Hände zitterten, und mein Unterkiefer schmerzte, so fest preßte ich die Zähne zusammen.
    Looskamp, der hoch aufgerichtet im Heck des Bootes neben mir stand und mit einer Hand das Ruder führte, lächelte aufmunternd. Seit wir das Haus verlassen hatten, hatten wir kaum ein Wort miteinander geredet, obgleich wir jetzt die zweite Stunde unterwegs waren. Looskamp hatte das Boot, das von vier stummen Ordensbrüdern gerudert wurde, kreuz und quer durch die Stadt gelenkt.
    Immer wieder hatten wir angehalten, und der Tempelherr war an Land gegangen, um in einem Haus zu verschwinden oder mit einem Passanten, der scheinbar zufällig am Ufer stand, ein paar hastige Worte zu wechseln.
    Es war ein Aufmarsch. Der Templer rief seine Leute zusammen, und ich wußte, daß außer uns jetzt noch fast vier Dutzend anderer Männer unterwegs zur Van Dengsterstraat waren. Eine kleine Armee. Aber erbärmlich wenig gegen den Feind, gegen den wir zogen.
    Wir erreichten eine Stelle, an der sich zwei Grachten wie Straßen kreuzten, und Looskamp stemmte sich gegen das Ruder, um unser Boot in die rechtsseitige Abzweigung zu lenken. Wir wurden schneller, und mit jedem Häuserblock, der an uns vorüberglitt, schien das Leben hinter uns zurückzubleiben.
    Die Zahl der Passanten nahm ab, zuerst langsam, dann immer schneller, und schließlich ruderten die Männer das Boot durch das brackige Wasser der heruntergekommenen Hafengegend, die ich nur zu gut kannte. Ich schauderte.
    »Angst?« fragte Looskamp plötzlich.
    Irritiert sah ich ihn an, schüttelte den Kopf und nickte gleich darauf.
    Looskamp lachte. »Ich auch, Robert.« Er deutete mit einer Handbewegung auf die vier breitschultrigen, in braune Umhänge gehüllten Männer, die das Boot von der Stelle pullten. »Auch diese Männer haben Angst. Aber wir müssen es tun.«
    Er straffte sich ein wenig, sah an sich herab und schloß einen Knopf seines Mantels, der sich weit geöffnet hatte. Darunter trug er die weiße Templeruniform, und wenn man genau hinsah, konnte man die Umrisse des mächtigen Schwertes durch den Stoff erkennen.
    »Wir müssen es tun, weil vielleicht das Überleben zahlloser Unschuldiger davon abhängt, daß wir Erfolg haben«, sagte er. Die Worte klangen wie eine Rechtfertigung.
    »Wie... wollen Sie – wir«, korrigierte ich mich hastig, »vorgehen?«
    Looskamp wies mit einer Kopfbewegung zum Bug hinab. »Wir erreichen die Van Dengsterstraat in wenigen Minuten«, sagte er. »Dort warten wir, bis auch die anderen Brüder eingetroffen sind. Einige sind schon dort und erwarten uns, aber es wird eine Stunde dauern, bis wir vollzählig sind. Dann gehen wir hinein. Auf dem gleichen Wege, den Sie genommen haben, Robert.«
    »Das meine ich nicht«, antwortete ich verärgert. »Ich mache mir keine besonderen Sorgen darüber, wie wir hineinkommen, Looskamp.«
    »Ger«, sagte er. »Nennen Sie mich Ger. Wir ziehen Schulter an Schulter in einen Kampf auf Leben und Tod, Robert. Wir sollten uns nicht mit Förmlichkeiten aufhalten.«
    »Meinetwegen«, antwortete ich, grober, als ich eigentlich wollte, denn ich verspürte – fast gegen meinen Willen – ein starkes Gefühl der Sympathie für den schwarzhaarigen Holländer. »Ich frage mich nur, wie wir das Herz des Labyrinths finden wollen. Ich kann dir den Weg nicht zeigen. Ich weiß ja selbst nicht, wie ich hingekommen bin.«
    Ger winkte ab. »Das ist kein Problem, Robert. Es wird uns selbst hinführen, in seiner Gier. Aber es wird nicht leicht werden. Ich –«
    Das Boot erzitterte. Etwas Gigantisches, Dunkles erschien unter der glitzernden Wasseroberfläche, und plötzlich wurde Looskamp das Ruder aus der Hand geprellt, so wuchtig, daß er mit einem Aufschrei nach hinten kippte und ich ihn im letzten Augenblick davor bewahren konnte, über Bord zu fallen.
    Aber nur für einen Moment. Dann erbebte das Boot unter einer zweiten Erschütterung, hart wie ein Faustschlag. Ich verlor den Halt unter den Füßen, kippte nach vorne und fiel, halb geworfen, halb von Gers Gewicht gezogen, kopfüber ins Wasser.
    Der Schatten glitt an mir vorüber. Ich spürte den Sog, als das Wasser von einem gigantischen Körper mit Macht beiseitegepreßt wurde, geriet in einen
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