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Der Hexer - GK575 - Die Hexe von Salem

Der Hexer - GK575 - Die Hexe von Salem

Titel: Der Hexer - GK575 - Die Hexe von Salem
Autoren: Verschiedene
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Schläger oder die Hexe es bemerkten. Den Degen würden sie mit Sicherheit finden und mir abnehmen, aber bei der winzigen Schußwaffe hatte ich eine Chance.
    Der Wagen hielt an. Die Pferde stampften unruhig, dann hörte ich schnelle, trappelnde Schritte, und die Tür wurde von außen aufgerissen. Ein Schwall eisiger Luft wehte ins Wageninnere. Es roch plötzlich nach Nebel und Wasser. Ein breitflächiges, von Narben zerfurchtes Gesicht starrte zu mir herein.
    »Rauskommen!« befahl eine harte Stimme.
    Gehorsam stand ich auf, trat gebückt durch die Tür und sprang auf die Straße hinab. Mit einer Mischung aus Neugier und allmählich aufkeimender Furcht sah ich mich um. Wir waren am Hafen. Wenige Schritte vor den Pferden hörte die gepflasterte Straße abrupt auf und ging in den zerbröckelten Betonrand eines gewaltigen, mindestens eine halbe Meile durchmessenden Hafenbeckens über. Das Wasser darin roch unangenehm und glänzte wie schwarzer Teer unter dem Licht des Mondes, und die Gebäude, die das Becken an drei Seiten säumten, hockten wie schwarze Schatten in der Nacht da. Nirgendwo war Licht oder irgendein anderes Zeichen menschlichen Lebens zu gewahren. Wir mußten in einem Teil des Hafens sein, der wenigstens jetzt, in der Nacht, vollkommen menschenleer war. Natürlich. Was hatte ich erwartet?
    »Mitkommen«, befahl mein Begleiter. Er war einen guten Kopf größer als ich – was bemerkenswert war, denn ich bin nicht gerade kleinwüchsig – unglaublich breitschultrig, und trug den schwarzen Mantel und Zylinder eines Droschkenkutschers. Aber das war er nicht. Sein Gesicht war das eines jener verkommenen Subjekte, die man in einer Gegend wie dieser anzutreffen erwartet, und seine Augen waren so matt und glanzlos wie die der drei Burschen, die uns überfallen hatten.
    »Wohin?« fragte ich.
    Er deutete wortlos auf einen niedrigen, halb verfallenen Lagerschuppen zu unserer Rechten. Ich warf einen letzten Blick in die Runde, ehe ich mich zögernd in Bewegung setzte. Wir waren allein, der nächste lebende Mensch schien eine Million Meilen entfernt. Obwohl ich mit aller Macht dagegen ankämpfte, wurde das Gefühl der Furcht in mir stärker, mit jedem Atemzug.
    Unsere Schritte erzeugten unheimliche, klappernde Echos auf dem Kopfsteinpflaster, als wir uns dem Gebäude näherten. Die Tür stand halb offen, und als wir näher herankamen, sah ich flackernden rötlichen Lichtschein ins Freie dringen. Ein Geruch wie nach brennendem Holz und Weihrauch stieg mir in die Nase.
    Ich zögerte instinktiv, die Ruine zu betreten, aber mein Begleiter gab mir ohne viel Federlesens einen derben Stoß in den Rücken und knurrte irgend etwas, das ich nicht verstand. Gehorsam stolperte ich weiter.
    Der Schuppen war leer. Durch die zahllosen Löcher und Ritzen des Daches fiel bleiches Mondlicht ins Innere; rechts und links des Einganges brannten zwei flackernde Kohlefeuer in niedrigen Eisenbecken, und genau in der Mitte des riesigen, leergeräumten Raumes war ein schwarzer Block aus Basalt oder anderem Stein aufgestellt worden. Das Ganze erinnerte mich auf bedrückende Weise an die Bilder einer barbarischen Opferzeremonie, die ich einmal in einem Buch gesehen hatte.
    Aber dies hier war keine Zeichnung, sondern bittere Realität. Und ich hatte das ungute Gefühl zu wissen, wer auf diesem Stein geopfert werden sollte.
    »Tritt näher, Robert«, sagte eine Stimme. Zögernd drehte ich mich herum.
    Zu meiner Linken zeichneten sich die schattenhaften Gestalten eines halben Dutzends Menschen ab. Vier von ihnen kannte ich – es waren die drei Messerstecher und die Hexe. Die beiden anderen waren mir unbekannt. In meinem Mund machte sich ein bitterer Geschmack breit. Ich mußte all meine Kraft zusammennehmen, um ihnen entgegenzutreten.
    »Also?« sagte ich, nicht halb so selbstbewußt, wie ich es gerne gewollt hätte. »Ich bin gekommen, wie du es verlangt hast. Wo ist Priscylla?«
    Die Hexe trat einen Schritt vor und musterte mich von Kopf bis Fuß. Eine seltsame Mischung aus Verachtung und Triumph spiegelte sich in ihrem Blick.
    »Robert Craven«, sagte sie. Ihre Stimme bebte vor verhaltener Erregung. »Roderick Andaras Sohn. Der letzte aus dem Geschlecht der alten Magier.« Ihr Blick flammte. »Der Fluch erfüllt sich«, sagte sie. »Endlich. Nach so langer Zeit wird der Fluch der Hexen von Salem wahr.«
    »Wo ist Priscylla?« fragte ich noch einmal, ihre Worte bewußt ignorierend. »Es war abgemacht, daß du sie freiläßt, wenn ich mich
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