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Der Hexenmeister

Der Hexenmeister

Titel: Der Hexenmeister
Autoren: James Blish
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mehr Branntwein in die Räucherpfanne zu gießen. Der Mädchenleib auf dem Altar war offenbar schon längst vom Feuer verzehrt worden. Baines konnte sich nicht in Erinnerung rufen, wie lange es nun schon her war, seit er die letzten der wortebildenden Funken hatte aufsteigen sehen. Der dichte graue Dunst oder Nebel aber hielt an. »BUNE, du starker Herzog, gehorche mir!« Diese Erscheinung war die bisher wunderbarste, denn sie kam auf sie zu, getragen von einer Galleone, die in dem Maße, in dem sie sich näherte, im Boden versank, bis die Beschwörer schließlich durch den Boden hindurch ihr Deck erblicken konnten. Auf diesem lag ein Drache aufgerollt, der mit den nun schon gewohnten drei Köpfen ausgestattet war: dem Kopf eines Hundes, eines Greifen und eines Mannes.
    Schattenhafte Gestalten, vage menschenähnlich, mühten sich rings um den Drachen auf Deck ab. Das Schiff sank weiter, bis es hinter ihnen lag, und wohl auch dann noch . ..
    Bei seinem Verschwinden kam es Baines zu Bewußtsein, daß er zitterte — nicht gerade aus Furcht, denn über dieses Stadium war er offenbar schon hinaus, sondern von der Nerven- und Gefühlsanstrengung, und vielleicht auch von der Ermüdung, die es verursachte, so lange regungslos auf einem Fleck zu stehen. Unwillkürlich seufzte er.
    »Ruhe«, sagte Ware leise, »und möge keiner an diesem Punkt schwach werden. Wir sind mit unserer Anrufung erst halb fertig — von denen, die wir jetzt noch beschwören müssen, sind viele weit mächtiger als alle jene, die wir bisher gesehen haben. Ich habe Ihnen vorher schon warnend gesagt, die›Kunst‹ bedürfe außer Mut auch noch großer Körperkraft.«
    Er schlug eine neue Seite auf. »ASTAROTH, großer Schatzmeister, großer und mächtiger Herzog, gehorche mir!«
    Sogar Baines hatte schon von diesem Dämon gehört, obwohl ihm jetzt nicht einfallen wollte wo. Er beobachtete seine Materialisation mit einer gewissen Neugierde. Und doch war die Erscheinung, verglichen mit dem, was er bereits gesehen hatte, durchaus nichts Außergewöhnliches: eine Engelsgestalt, wunderschön und lasterhaft zugleich, die auf einem Drachen ritt. In der rechten Hand hielt sie eine Viper. Verspätet fiel Baines ein, daß diese Geister, die ja ursprünglich nie Materie gewesen waren noch irdische Gestalt gehabt hatten, sich einen Körper leihen mußten, um wie hier in Erscheinung zu treten. Sie würden also nicht notwendigerweise jedes Mal die gleiche Verkörperung wählen. Die frühere Beschreibung von ASTAROTH zum Beispiel, die er einmal gelesen hatte, schilderte den Dämon, wie er sich jetzt wieder erinnerte, als eine scheckige Negerin, die auf einem Esel ritt. Während die Erscheinung vorbeizog, lächelte sie ihm ins Gesicht, und der Gestank ihres Atems raubte ihm schier die Besinnung.
    »ASMODE, starker und mächtiger König, Gebieter der Macht von Amaymon, Engel des Zufalls, gehorche mir!« Noch während er dies rief, nahm Ware mit der Linken seinen Hut ab, gab aber dabei, wie Baines bemerkt, acht darauf, seinen Magneteisenstein nicht fallen zu lassen.
    Dieser König ritt einen Drachen und hatte auch drei Köpfe — Stier, Mensch und Widder. Alle drei Köpfe schnaubten Feuer. Hände und Füße der Wesenheit hatten Schwimmhäute. Sie hatte einen Schlangenschwanz und trug eine wimpelgeschmückte Lanze.
    Nun, das war sicher schrecklich genug; dennoch begann Baines eine gewisse Phantasielosigkeit und Beschränktheit hinsichtlich der Wahl der Verkörperungen bei diesen höllischen Kunsthandwerkern wahrzunehmen. Glücklicherweise fiel ihm auch ein, darüber nachzudenken, ob der Art, in der sie sich wiederholten, nicht die Absicht zugrunde läge, ihn bis zur Unaufmerksamkeit zu ermüden oder ihn zu verächtlicher Sorglosigkeit zu verführen. Diese Sache hier kann mich umbringen, wenn ich auch nur kurz die Augen schließe, ermahnte er sich.
    »FURFUR, großer Graf, gehorche mir!«
    Dieser Engel erschien als Hirsch und war mit einem einzigen Satz an ihnen vorbei. Hinter ihm strömte ein feuriger Kometenschweif einher.
    »HALPAS, großer Graf, gehorche mir!«
    Auch diese Erscheinung war nicht außergewöhnlich: eine Hohltaube, die gleichfalls rasch verschwand. Ware rief die Namen nun, so rasch er die Seiten seines Buches wenden konnte; wahrscheinlich wegen der wachsenden Ermüdung seiner Tanisten, vielleicht sogar wegen seiner eigenen. Die Dämonen sausten in einer Parade wie aus einem Alptraum vorbei: RAYM, Graf des Ordens der Throne, ein Mann mit dem Kopf einer
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