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Der Heilige Krieg

Der Heilige Krieg

Titel: Der Heilige Krieg
Autoren: Guido Knopp
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widersetzen konnte, war er ein Ermutiger für die Bewegung. Damit ist es nun vorbei. Dazu kommt, dass niemand bei Al-Qaida das Charisma Bin Ladens ersetzen kann«, analysiert Dr. Guido Steinberg. Islamwissenschaftler und Terrorismusexperte bei der »Stiftung Wissenschaft und Politik«. Für die meisten westlichen Gesellschaften bleibe der Terrorismus also eine ernst zu nehmende Gefahr. Aber eine existenzielle Bedrohung sei er nicht, so Steinberg. »Die Dschihadisten haben es nicht vermocht, massenhaft Anhänger zu gewinnen.… Dennoch: Diese Terroristen können noch immer jederzeit Angriffe auf öffentliche Verkehrsmittel und andere ›weiche Ziele‹ durchführen und dabei Hunderte von Menschen töten. Aber die Organisation ist nicht mehr in Lage, komplizierte transkontinentale Attacken zu planen.«

    Die neue Bedrohung
    Seit einigen Jahren scheint auch die Bedrohung Deutschlands durch Dschihadisten zugenommen zu haben. Der Terrorismusexperte Guido Steinberg kategorisiert die Täter in drei Gruppen. Als Beispiel für »unabhängige Dschihadisten« sind die beiden arabischen Studenten zu nennen, die im Sommer 2006 in Köln einen mit Sprengstoff gefüllten Koffer in einem Zug platziert hatten. Nur weil der Zünder versagte, blieb eine Katastrophe aus. Diesen Tätern fehlte eine konkrete Bindung an eine übergeordnete Terrorgruppe. Das bedeutet, dass sie der Polizei unbekannt waren und eine unberechenbare Gefahr darstellten. 2007 hob die Polizei die sogenannte »Sauerlandgruppe« aus, die in einem Ferienhaus im Sauerland Sprengstoff herstellte und diesen gegen US-Ziele in Deutschland einsetzen wollte. Die Zusammensetzung war typisch für eine solche Gruppe islamistischer Terroristen: Sie bestand aus vier in Deutschland aufgewachsenen jungen Männern. Zwei waren türkischer Herkunft, einer von ihnen hatte einen deutschen Pass, zwei waren deutsche Konvertiten. Sie hatten sich in Pakistan in einem Terrorcamp der »Islamischen Dschihad-Union« ausbilden lassen, fühlten sich dieser Organisation zugehörig und handelten in ihrem Namen. Von dieser zweiten Kategorie, der »neuen internationalistischen Terroristen«, geht eine besondere Bedrohung aus, weil ihre Angehörigen in westlichen Gesellschaften zu Hause sind. Wenn sie klug handeln, bewegen sie sich unauffällig und tarnen sich perfekt. Das war bei der Sauerlandgruppe nicht der Fall – sie beging eklatante Fehler und flog auf. Die letzte Gruppe besteht aus klassischen »organisierten« Terroristen. Diese sind oft arabischer Herkunft und Mitglieder ausländischer Terrorgruppen. Ihr Kampf richtet sich meist gegen die Regierungen in ihrer Heimat. Dennoch nehmen sie auch im Westen Ziele ins Visier, weil viele westliche Staaten diese Regime wirtschaftlich, politisch und militärisch unterstützen.

    Bild 226
    Militante Islamisten der »Sauerlandgruppe« wurden monatelang beschattet und schließlich verhaftet, bevor sie Bomben zünden konnten.
    Bild 227
    Auch die »Kofferbomber von Köln« wurden gefasst. Die Bomben dieser arabischen Einzeltäter zündeten nicht.
    Aufbruch in eine bessere Zukunft?
    Anfang 2011 nahm eine Entwicklung ihren Anfang, die in eine andere Richtung wies. Der »arabische Frühling«, der mit Revolutionen in Tunesien und Ägypten einherging, scheint zu zeigen, dass junge Menschen in der arabischen Welt inzwischen nach anderen Vorbildern als Osama bin Laden suchen. Denn sie wissen, dass der Islamismus bislang kein funktionierendes Gesellschaftsmodell hervorgebracht hat. Der Gottesstaat Iran hat individuelle Freiheit nie auf seine Fahnen geschrieben und setzt im Zweifelsfall immer auf Repression. Das gilt auch für den Gazastreifen, in dem die fundamentalistische Hamas zwar als Siegerin aus einer demokratischen Wahl hervorging, aber eine autoritäre Herrschaft mit totalitären Zügen ausübt. Der Islamismus hat nirgendwo bewiesen, dass er eine politische Antwort auf die sozialen und politischen Fragen unserer Zeit hat. Freiheit und Würde, ein Ende der korrupten Herrschaft einzelner Clans, Wohlstand und eine Zukunftsperspektive sind die Forderungen,
die Anfang 2011 in Tunesien, Ägypten, in Syrien, im Jemen und in Bahrain die Jugend auf die Straße trieben. Diese Botschaft wird über transnationale arabische Sender wie Al Dschasira in jedes Wohnzimmer getragen. Die Despoten haben die Informationshoheit, die ihnen Zensur und Parteipresse über Jahrzehnte garantierten, verloren. Das Internet verhilft bislang vereinzelten Gruppen zu einem Forum, auf dem man
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