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Der Hase aus Amerika und andere Beziehungskisten (German Edition)

Der Hase aus Amerika und andere Beziehungskisten (German Edition)

Titel: Der Hase aus Amerika und andere Beziehungskisten (German Edition)
Autoren: Nicole Schröter
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kommen?“ Misst, dachte ich! Als ob sie es riechen würde, wenn ich auch nur
einmal etwas ohne sie vorhabe. Ich hatte sofort Schuldgefühle. Nicht, weil ich
mit ihrem Hasen verabredet war, nein, weil ich keine Lust hatte, zu ihr zu
gehen. Das war neu für mich. „Oh, das tut mir total leid,“ log ich. „Warum hast
du nicht früher angerufen? Jetzt habe ich meiner Mutter versprochen, sie zur
Gymnastik zu begleiten. Sie liegt mir damit schon ewig in den Ohren. Ich
dachte, Gordon sei bestimmt bei dir.“ Sandra war sofort beleidigt. Sie war es
nicht gewohnt, ein Nein aus meinem Mund zu hören. Also bohrte sie weiter: „Hase
hat heute auch keine Zeit. Er muss noch irgendwas für sein Studium lernen und
außerdem will er sich nicht anstecken.“ Ach, ja, dachte ich, und deshalb darf
ich wieder herhalten und ich darf mich wohl auch anstecken, für einen guten
Zweck, versteht sich.
     
    „Nein, Sandra! Tut mir leid, aber heute geht es wirklich
nicht. Ich rufe dich morgen an, dann sehen wir weiter.“ Ich rauchte zitternd
noch eine Zigarette. Dann ging ich duschen und fuhr zu Gordon.
     
    Wir hatten eine Menge Spaß, in dieser Nacht. Auch wenn ich
Gordon lieber als Neuland erforscht hätte. Sandras Erzählungen hatten dazu
geführt, dass nichts von dem was ich sah, und nichts von dem was er tat, mich
überraschen konnte.
     
    Als ich um vier Uhr morgens wieder in meinem eigenen Bett
lag, bohrte die Angst in mir, Sandra könne es irgendwie erfahren. Sie könne es
spüren, oder gar in meinen Augen lesen. Aber nichts dergleichen geschah.
    Als ich sie zwei Tage darauf besuchte, war sie schon fast
wieder gesund. Sie hatte wenig Zeit, denn sie war nicht mehr ansteckend, sodass
der Hase wieder kam.
     
    Ich kochte uns in der Küche einen Pfefferminztee, kehrte mit
zwei Bechern zurück, setzte mich auf die Bettkante und reichte ihr einen der
Becher.
    Sie nippte vorsichtig daran, bevor sie mir mit
vorwurfsvollem Blick von ihrer Krankheit berichtete, bei der ich nicht ihre
Hand gehalten hatte. Mir war ein wenig langweilig und so wanderten meine
Gedanken zurück zu jener Nacht, in der ich offenbar erstmals mehr Spaß gehabt
hatte als sie. Ich stellte fest, dass die erwarteten Schuldgefühle ausblieben.
Im Gegenteil: Ich konnte ihr fest in die Augen blicken und fühlte mich super
dabei. Es war der Anfang vom Ende unserer Freundschaft.
     
    Nicht, dass Sandra jemals etwas erfahren hätte, nein, es lag
daran, dass mich die Nacht mit Gordon verändert hatte. Ich fühlte mich stärker,
und ich sagte von nun an öfter mal Nein zu Sandra. Sandra aber forderte
weiterhin mein bedingungsloses Einverständnis für alles was sie tat und nicht
tat.
     
    Im Herbst wechselte ich die Schule. Ich hatte eine
Ausbildung begonnen und in der Berufsschule lernte ich ein paar sehr nette
Mädchen kennen, mit denen ich mich nun häufiger verabredete.
     
    Sandra übernachtete fast täglich beim Hasen. Man konnte fast
sagen, sie wohnten zusammen. Nur an manchen Wochenenden, da zog er ohne sie
los. Er wolle auch mal was alleine machen, teilte er ihr mit. Dann weinte sie
sich den halben Nachmittag am Telefon bei mir aus. Länger nicht, denn ich zog
samstags auch los. Mal mit meinen neuen Freundinnen, mal mit Gordon und
manchmal nahm er mich auch mit, wenn er mit seinen Freunden loszog. Wir
rauchten dann Joints, sahen uns um ein Uhr nachts schreckliche Actionfilme im
Kino an und kehrten danach noch bei Mc Donalds ein.
     
    Von all dem wusste Sandra nichts. Sie hatte mich so lange
bluten lassen, jetzt war ich an der Reihe, mir den Wind des Lebens um die Nase
wehen zu lassen.
     
    Es wurde wieder Sommer. Sandra wollte, dass der Hase diesmal
auch mit nach Griechenland fuhr. Aber der wollte nicht. Er habe schon mit
seinem Freund vor, nach Amerika rüberzujetten. Sandra fühlte sich elend und
verlassen. Deshalb durfte ich mitfahren. Und da ich noch nie in den Urlaub
hatte fahren können, sagte ich zu.
     
    Im Urlaub erzählte Sandra mir, dass sie ein paar Tage nicht baden
dürfe. Der Hase sei irgendwie krank gewesen, und weil er nicht hatte abwarten
können, habe sie sich wohl angesteckt. Auch ich kämpfte noch mit einer
Krankheit, die ich Gordon zu verdanken hatte. Am schwierigsten war es, meine
Medizin – die Gleiche, die Sandra auch verschrieben bekommen hatte – vor ihr
und ihren zahlreichen Familienmitgliedern geheim zu halten.
     
    Dann eines Tages – ich döste gerade am Strand – fiel bei mir
der Groschen: Sandra hatte sich beim Hasen
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