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Der goldene Schwarm - Roman

Der goldene Schwarm - Roman

Titel: Der goldene Schwarm - Roman
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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macht sich über uns lustig! Das tut er! Der sollte sich was schämen!
    Viele der erstürmten Banken verwahren sensible Dokumente über nicht ganz saubere Geschäftsabschlüsse, kontroverse Papiere über den Umgang mit der Umwelt, oder Beschlüsse zur Kostenminimierung, die die Anlagen der Kunden gefährden – und statt diese anständigerweise als wertlos zu verwerfen oder sie zu vollkommen respektabler Erpressung zu nutzen, schickt sie der dreiste Bastard an die Redaktionen der landesweiten Zeitungen und ziemlich unangemessener Websites, die sie umgehend publik machen und für Aufruhr sorgen. Die Entrüstung wächst: Das ist dreist! Es ist eine Revolution!
    Crazy Joe muss bezahlen. So ein Chaos zu stiften, ausgerechnet jetzt, wo die Bienen kommen, wo man sie schon über dem Kanal ausgemacht hat. Das ist unverantwortlich, so sieht’s aus. Menschen werden ihr Leben lassen. Reputationen werden leiden.
    London ist wach und ängstlich und erregt. Familien versammeln sich vor Fernsehapparaten, spät geöffnete Bars mit W-Lan füllen sich mit nachrichtenhungrigen Gästen. Bus- und Taxifahrer stehen mit gerunzelter Stirn im Stau, brummen vor sich hin, schalten das Radio ein und beklagen sich über die herrschenden Zustände.
    Das ist eine totale Schande!
    Schockierend.
    Andererseits ist das Kriminalität . Kein Terrorismus. Kein Krieg. Keine Drogengewalt oder Säureattentate oder Ehrenmorde oder mehrfache Vergewaltigung. Keine Straßenunruhen. Kein Finanzkollaps. Keine Magie, fürchterliche Maschinen am Himmel oder das Ende der Welt. Gute, gesunde, altmodische englische Kriminalität.
    Und, wissen Sie: Edelsteine im Wert von fünf Millionen abzustauben oder sich die Picasso-Sammlung von dem Snob mit dem glänzenden Anzug unter den Nagel zu reißen … na ja.
    Das müssen Sie zugeben, das hat Klasse.
    In den grünen Caféhäuschen für Taxifahrer und auf Flughäfen, in Busdepots, Nachrichtenredaktionen und in Fernsehstudios macht ein verschmitztes Lächeln die Runde. Man kann sich natürlich nicht darüber freuen. So was kann man nicht bewundern. Es verstößt gegen das Gesetz.
    Aber trotzdem.
    Es ist doch fast wie in der guten alten Zeit, nicht wahr?
    Rodney Titwhistle schreckt von dem Feldbett in seinem Büro auf und hastet zu einem hysterisch klingelnden Telefon: London steht in Flammen, Rodney. Es ist der totale Wahnsinn. Haben Sie diese Scheiße zu verantworten? Angeblich ja. Na, mir ist es egal, ich bringe die Reservisten in Stellung. Ja, das tue ich, verdammt, und Sie können unseren Prime Minister gerne aufwecken, wenn Sie wollen – Schön, er weiß, wo ich zu finden bin.
    Da Arvin unentschuldigt fehlt – Rodney vermutet einen sexuellen Exzess, obgleich er natürlich bereits diskrete Nachforschungen eingeleitet hat –, muss er dies selbst in die Hand nehmen. Es ist nicht ungewöhnlich, seine Position in Whitehall verteidigen zu müssen. Irgendein Idiot glaubt immer, seine Krise sei wichtiger als deine, sein Geheimnis dunkler. In Rodney Titwhistles Erfahrung ist das allerdings nie der Fall.
    Diese Geschichte mit den Banken hat allerdings einen beunruhigenden Aspekt. Sheamus will sich zu einem bestimmten Zweck die Kalibrierungstrommel beschaffen – ist es möglich, dass er gerade auf gut Glück zuschlägt? Bewaffneter Raub von Bankschließfächern als Tombolavariante? Schließlich ist er religiös, und solche Leute können in ihren Zielen recht absolut sein. Das wäre peinlich.
    Angenommen, Sholt habe sich doch nicht geirrt. Wenn Bruder Ted recht gehabt haben sollte, na ja. Es könnte ernster sein. Sehr viel ernster. Aber das ist lächerlich. Rodney Titwhistle weiß aus sicherer Quelle, dass Bruder Sheamus den Anschauungsapparat nicht dazu nutzen wird, die Welt zu zerstören. Sheamus selbst hat es ihm versichert. Er hat dem Mann in die Augen gesehen.
    Wie auch immer, Sheamus hat die Trommel nicht. Also kann er’s sowieso nicht tun. Wenn er die Trommel hätte, wäre das etwas anderes. Selbst wenn er sie gerade jetzt stehlen würde … wer will schon ernsthaft die Welt zerstören? Mehr als fünfundsechzig Jahre ist es jetzt her, seit die Atombombe über Japan abgeworfen wurde, und ein Großteil dieser Zeitspanne ist damit verbracht worden, dass Amerika und Sowjetrussland mit offenen Messern einander gegenüberstanden, und keiner von beiden hat je absichtlich auf den Knopf gedrückt. Gut, versehentlich ist er immer mal wieder gedrückt und dann wieder ausgeschaltet worden, das muss man zugeben. Aber nicht
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