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Der goldene Kelch

Der goldene Kelch

Titel: Der goldene Kelch
Autoren: Eloise Jarvis McGraw
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verschwand, für einen Augenblick wieder auf flachen Sandstreifen zu sehen war und wieder verschwand. Die Gestalt war inzwischen nahe genug, und sie konnten genau sehen, dass es sich um einen Jungen handelte und nicht um einen Mann.
    „Ranofer – das ist Ranofer!“, rief Heqet. Er stürzte Hals über Kopf den Pfad hinunter, der Alte humpelte hinterher. Kurze Zeit später rannte er durch den Sand zu der Stelle, wo er die Gestalt zuletzt gesehen hatte; er rief Ranofers Namen und wedelte wild mit den Armen. Beim zweiten Ruf kam der Junge hinter einem Felsen hervor, riss die Augen auf und legte mit fliegenden Schritten die Entfernung zurück, die ihn von seinem Freund trennte. „Heqet! Heqet!“ Ranofer kam auf ihn zugerannt und riss seinen Freund fast um. „Wie kommst du denn hierher? Was machst du hier? – Gevatter, du bist ja auch da!“ Er stürzte auf den humpelnden Alten zu, fiel ihm um den Hals und brach in Tränen aus. „Ist ja gut, Junge, ist ja gut!“, ächzte der Alte und drückte ihn fest an sich. „Wir haben uns gedacht, dass du hier bist. Wir haben nach dir gesucht und gesucht…“
    „Wo hattest du dich denn versteckt?“, unterbrach Heqet den Alten. „Was hast du gemacht? Sieh doch, wie du aussiehst – voller Schmutz und Schrammen!“
    „Ich war im Grab. Ich bin diesen verfluchten Schurken gefolgt. Sie sind immer noch dort, sie sitzen in der Falle, ich habe den Eingang blockiert, aber der Stein hält bestimmt nicht lange stand, ich konnte ihn nicht weiter auf den Spalt rollen. Oh, Gevatter, es ist das Grab von den Eltern der Königin, von Juja und Tuja!“
    „Sie sitzen in der Falle, sagst du?“ Der Alte nahm Ranofers Arme von seinem Hals und packte ihn an den Schultern. „Wo sind sie? Los, sag schon, schnell!“ – Keuchend erzählte Ranofer seine Geschichte, so geordnet es ihm möglich war. „Die beiden haben diesen Gang schon vor langer Zeit gegraben und inzwischen haben sie sich die Zeit damit vertrieben, Rekh zu bestehlen und andere Gräber zu plündern. Ich habe nämlich einen Kelch bei Gebu gefunden, damit kann ich alles beweisen. Er ist in der Steinmetzwerkstatt, aber ich finde ihn nicht mehr, er ist spurlos verschwunden!“
    „Der Kelch spielt jetzt keine Rolle. Wo ist das Grab? Heqet und ich können den Stein bestimmt mit vereinten Kräften bewegen.“
    „Ja, das machen wir. Und dann bewachen wir das Grab, während du Hilfe holst!“, sagte Heqet mit leuchtenden Augen. Seine Erschöpfung war wie weggeblasen, er sprühte vor Leben. „Los, komm, Ranofer, zeig uns die Stelle!“
    „Komm hoch!“ Ranofer stieg auf einen massiven Felsbrocken, Heqet ihm nach. „Siehst du den Steinhaufen da drüben, der mit dem schrägen Felsblock an der Spitze?“
    „Gevatter, das ist die Stelle, wo der Geier aufgeflogen ist!“
    „Ein Geier?“ Ranofer starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Er sah so sonderbar aus, dass Heqet ihn besorgt am Arm packte. „Was hast du? Pass auf, fall nicht!“
    „Nein, nein, ich falle schon nicht… Ein Geier! Na, egal, ich bin froh, dass er aufgeflogen ist, sonst hätte ich nie erfahren… Du musst dich jetzt beeilen, Heqet. Hast du dir den Weg gemerkt? Hinter dem Felshaufen ist ein Spalt mit einem Stein darüber.“
    „Wir finden den Weg.“ Heqet sprang vom Felsbrocken. „Nicht wahr, Gevatter? Du kannst dich auf uns verlassen, Ranofer.“
    „Alles Gute und seid vorsichtig! Aber diese Teufel haben bestimmt Messer“, sagte Ranofer besorgt, „besser, ich komme mit euch!“
    „Wozu denn! Los, geh und hol Hilfe!“ Heqet schob ihn in Richtung Stadt und machte sich mit dem Alten auf den Weg zum Grab. Zögernd ging Ranofer in Richtung Wüstenberge, drehte sich dann aber plötzlich um und rief verzweifelt: „Aber wo soll ich denn Hilfe holen? Oh, Mutter des Amun! Alle sind doch auf dem anderen Ufer bei der Prozession. Das interessiert doch jetzt keinen!“
    Heqet und der Alte waren umgekehrt und runzelten nachdenklich die Stirn. „Das muss sie interessieren!“, sagte der Alte. „Sag ihnen, du warst im Grab.“
    „Wem soll ich das denn sagen? Und wie soll ich sie überzeugen? Sie denken doch bestimmt, ich fantasiere!“
    „Hast du nichts aus dem Grab mitgenommen? Kein Beweisstück?“
    „Nein, gar nichts.“
    „Der Kelch!“, rief Heqet aus. „Zeig ihnen den Kelch!“
    „Ich kann ihn doch nicht finden! Vielleicht ist er ja auch gar nicht mehr in der Werkstatt. Ach, wenn doch nur Djau heute zu Hause wäre! Oder Rekh!“
    „Rekh ist beim Fest,
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