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Der Glucksbringer

Der Glucksbringer

Titel: Der Glucksbringer
Autoren: Wilding Lynne
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verzogen sich zu einem zufriedenen Lächeln. Ihre magischen Zauber zeigten Wirkung. Seine diesjährige Weizenernte war vertrocknet, seine Kühe hatten sich mit irgendeinem Virus infiziert und gaben keine Milch mehr, etliche von seinen Pächtern waren in die Stadt gezogen, weil sie dort mehr verdienen konnten. Seine Spinnerei war auf mysteriöse Weise bis auf die Grundmauern abgebrannt. Ihr Lächeln wurde breiter. Als sie O’Mara zuletzt gesehen hatte, war er ein von Existenzängsten gezeichneter Mann gewesen.
    Während die kleinen Ortschaften entlang der Küste an ihr vorüberzogen und sie Farmen, Felder und mit verdorrtem Buschwerk bewachsene Hügel betrachtete, brütete Rosemary unschlüssig, ob es ihr hier gefallen könnte. Jedenfalls war dieses Australien viel dichter besiedelt, als sie es sich vorgestellt hatte. Da sie nicht lesen konnte, war es schwierig gewesen, Informationen über Sydney zu bekommen. Das eine oder andere erfuhr sie von Nachbarn, die Verwandte in der ehemaligen Kolonie New South Wales hatten. Etliche Iren waren dorthin ausgewandert, um einen Neuanfang zu wagen und sich dem politischen Druck durch die Engländer zu entziehen.

    Und Liam spazierte jetzt irgendwo durch die vielen Straßen von Sydney, wo er lebte und arbeitete. Rosemary seufzte schwer. Reiß dich zusammen, beschwor sie sich. Lass dich nicht unterkriegen. Wenn du deinen Sohn wiedersehen willst, bleibt dir gar nichts anderes übrig, als eine zermürbende, unter Umständen deprimierende Suchaktion zu starten. Also konzentrier dich auf das Wesentliche: Sobald das Schiff angelegt hat, suchst du dir eine billige Unterkunft und deponierst dein Geld auf der Bank. Und dann stellst du Nachforschungen über ihn an.
     
    Der diensthabende Constable starrte auf die winzige, erschreckend ausgemergelte, aber gut gekleidete Frau. Ihre dunklen Augen bohrten sich mit unerschütterlicher Intensität in seine.
    »Madam, bedaure, aber die Polizei kann Ihnen da nicht weiterhelfen.« Er löste den Blickkontakt, betrachtete ein weiteres Mal die Lithografie des jungen Mannes und schüttelte den Kopf. »Solange Ihr Sohn nicht straffällig wird und deswegen in Haft kommt, ist er bei uns nicht registriert. Wie heißt er noch gleich? Liam?«
    So einfach ließ Rosemary sich nicht abspeisen. Sie blieb hartnäckig. »Es muss doch irgendwas geben. Einen Einreisevermerk oder so. In seinem Brief« – sie schob dem Constable die beiden eng beschriebenen Blätter hin – »steht, dass er auf einem französischen Schiff namens Marie Antoinette herkam.« Seit einem geschlagenen Monat durchkämmte sie die Straßen von Sydney, fragte in Juwelierläden, Kirchen, Krankenhäusern, Suppenküchen nach – überall dort, wo ihr Sohn eventuell bekannt war. Bislang war ihre Suche jedoch ergebnislos geblieben.

    »Im Hafen von Sydney landen Schiffe aus der ganzen Welt, Madam«, erklärte der Constable zum dritten Mal. »Die neue Regierung hat bislang noch zu wenig Beamte eingesetzt, die ordnungsgemäß registrieren, welche Seeleute wann von Bord gehen und ob sie wieder anheuern oder nicht.«
    »Das ist höchst unbefriedigend«, muffelte Rosemary laut genug, dass er es hörte.
    »Da gebe ich Ihnen durchaus Recht.« Dann setzte er mit einem Anflug von Mitgefühl hinzu: »Ich wüsste da einen Tipp für Sie. Wenn Sie mal runter zu den Docks gehen wollen – tagsüber, wohlgemerkt! – und dort sein Bild herumzeigen, haben Sie vielleicht Glück. Oder«, er spähte sich heimlich um, ob jemand Notiz von ihm nahm, kritzelte einen Namen samt Adresse auf einen kleinen Zettel und schob ihn ihr über den Schalter hin. »Dieser Mann ist bekannt dafür, dass er Verschollene aufspürt. Aber das wird Sie ein nettes Sümmchen kosten, das sage ich Ihnen gleich dazu.«
    Rosemary spähte stirnrunzelnd auf das Gekritzel und schenkte dem Constable ein strahlendes Lächeln. »Danke.« Das wird Sie ein nettes Sümmchen kosten! Von wegen, das fehlte ihr gerade noch. Sie hatte keinen müden Cent zu verschenken! Schließlich musste sie ihr Geld zusammenhalten, um Liam einen eigenen Juwelierladen zu finanzieren. Wenn sie ihn bloß endlich aufspüren würde!
    Draußen vor der Polizeiwache nahm Rosemary einen tiefen Atemzug von der leicht salzigen Hafenluft. Unzählige Fragen schossen ihr durch den Kopf. Fragen, auf die sie keine Antwort wusste. Was, wenn Liam inzwischen auf einem anderen Schiff angeheuert und Australien verlassen hatte? Womöglich arbeitete er auch in
einer anderen Stadt oder irgendwo auf
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