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Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition)

Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition)

Titel: Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition)
Autoren: Elizabeth Haran
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der Fabrizias ein. Elenas erster Eindruck von Aldo war, dass er sich in Gesellschaft von Frauen offenbar unbehaglich fühlte. Er war ein furchtbar dürrer Mann von Anfang dreißig mit ruhelosem Blick. Sein dunkler Teint und seine Adlernase gaben seinem Gesichtsausdruck etwas Strenges. Da er allein gekommen war, vermutete Elena, dass Aldo unverheiratet war. Jetzt, da sie auf diesem Gebiet eine gewisse Erfahrung hatte, bezweifelte sie sogar, dass er je verliebt gewesen war.
    Luigi hieß Aldo überschwänglich willkommen. Er sagte ihm, wie sehr er und seine Frau sich freuten, ihn wiederzusehen und ihm ihre Tochter vorstellen zu können. Eine Weile unterhielten die beiden Männer sich über Santa Maria Coghinas. Luisa und Elena sahen, wie glücklich es Luigi machte, mit jemandem aus seinem Heimatort reden zu können. Er behauptete, er vermisse sein Leben in Italien nicht, aber manche Dinge vermisste er doch – das Klima, das Meer, die warme Sonne und die Olivenernte. Aldo berichtete, was sich seit dem Krieg verändert hatte. Das bestärkte Luigi in seinem Plan, nach Australien auszuwandern, nur noch.
    »Sie sprechen ausgezeichnet Englisch, Mr. Corradeo«, sagte Elena. »Wie lange sind Sie schon in England?« Sie hielt ihm den Teller mit Brot hin, während ihre Mutter Suppe aufgab.
    »Bitte nennen Sie mich doch einfach Aldo«, sagte er. Um Augenkontakt mit ihr zu suchen, war er offensichtlich zu befangen, aber jede Einzelheit der kleinen Wohnküche nahm er zur Kenntnis.
    »Aldo«, wiederholte Elena.
    »Ich war schon vor Kriegsbeginn einige Male in England, aber hier in Blackpool bin ich erst seit ein paar Tagen.«
    »Aldo wohnt in einer Pension in der Nähe vom Victoria Hospital«, erklärte Luigi.
    »Ich gehe nach Australien, sobald der Krieg zu Ende ist«, sagte Aldo lebhaft.
    Elena fragte sich, weshalb er nicht direkt von Italien aus nach Australien gegangen war. »Haben Sie im Moment geschäftlich in England zu tun?«, fragte sie.
    Aldo warf Luigi einen Blick zu. »Eigentlich nicht«, antwortete er. »Ich wollte nur Luigi und Luisa endlich einmal wiedersehen und über meine Pläne, nach Australien auszuwandern, reden.«
    »Oh«, gab Elena arglos zurück. Hätten sich nicht all ihre Gedanken um Lyle gedreht, hätte sie seine Aussage womöglich ein wenig seltsam gefunden.
    Nachdem das russische Zarenreich im Jahr 1917 untergegangen war und die Vereinigten Staaten sich den Alliierten angeschlossen hatten, weshalb amerikanische Soldaten ebenfalls in den Schützengräben kämpften, hofften alle, der Krieg würde bald vorüber sein. Seit gut einem Jahr redete Elenas Vater von seinen Plänen, nach Kriegsende nach Australien auszuwandern. Jetzt hörte sie zum ersten Mal, dass sich auch jemand aus seinem Heimatort auf dem fünften Kontinent ansiedeln wollte.
    »Aldo hat vor, sich Land und Vieh zu kaufen«, erklärte Luigi stolz.
    »Aha«, antwortete Elena scheinbar interessiert. »Waren Sie auch in Italien Farmer?«
    » Sì , ich hatte Schafe und ein paar Kühe. Ich will mir Land in der Gegend von Winton kaufen. Das liegt in Central West Queensland. Da gibt es reichlich Sonne, und das Wasser kommt aus der Erde.«
    »Aus der Erde?«, fragte Elena verblüfft und begann, ihre Suppe zu essen.
    » Sì . Es ist sehr heiß, wenn es an die Oberfläche kommt, aber an der Luft kühlt es sich ab, und dann können die Stadtbewohner es nutzen und das Vieh kann getränkt werden. Man nennt es Bohrlochwasser. Offenbar gibt es reichlich davon in Australien.«
    »Regnet es dort denn nicht?«, erkundigte sich Elena.
    Aldo sah sie an und lächelte. Ihm gefielen ihre interessierten Fragen, aber schnell wandte er den Blick wieder ab. » Sì , aber es gibt lange Dürreperioden dort.«
    »Das hört sich nicht gerade so an, als würde es viele Weiden geben, auf denen das Vieh grasen kann«, erklärte Elena ernst.
    »Das Vieh in Australien hat sich angepasst und frisst allerlei Grünzeug«, erklärte Aldo. »Die Tiere sind widerstandsfähiger und robuster dort als in Europa.«
    »Wir werden auch nach Winton ziehen«, sagte Luigi. »Ich glaube, in Australien hat man großartige Möglichkeiten. Ich kann eine Metzgerei aufmachen, und Aldo liefert mir das Fleisch. Ist das nicht eine wunderbare Idee? Was meinst du, Elena?«
    »Wahrscheinlich schon, Papà«, antwortete Elena, die es seltsam fand, dass ihr Vater ihre Zustimmung suchte.
    Wie konnte sie ihm nur sagen, dass sie den Plan, nach Australien auszuwandern, längst nicht mehr reizvoll fand?
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