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Der gemietete Mann: Roman (German Edition)

Der gemietete Mann: Roman (German Edition)

Titel: Der gemietete Mann: Roman (German Edition)
Autoren: Hera Lind
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ihrer rechten Arschbacke füllen würde.
    »Und was machen Sie mit dem Fett?«, wiederholte die Dame ihre Frage.
    »Sie können es sich gerrne als Andänken mit nach Hause nähmen«, lockte Dolly. »Das machen viele!«
    Ich dachte an das kleine Holzdöschen mit der Aufschrift »Milchzähne«, das mein kleiner Oskar stolz im Schulranzen mit sich herumtrug. Vielleicht wollte diese Dame ihre Fettmassen fortan stolz in mehreren Eimern mit sich rumtragen.
    Kichernd ließ ich mich wieder in den Sessel fallen. Eigentlich war es doch recht unterhaltsam hier. Entspannt griff ich nach einem Schokoriegel.
    Ein Jahr war es her, auf den Tag genau ein Jahr, da hatte Paul mir ein Fax gereicht: »Guck mal, da fragt dich jemand, ob du mit deinem Sender verheiratet bist! Es ist DER SENDER.«
    »Zeig her.« Ich riss Paul das Fax aus der Hand. Dass Paul immer meine Faxe zuerst lesen musste! Aber so war er, der Paul. Mir in allen Dingen des Lebens immer einen Schritt voraus. Seit wir uns kennengelernt hatten. Er war ein Mann und deshalb per se klüger, reifer, erfahrener.
    »Sehr verdächtig«, sagte Paul. »Da will dich einer abwerben.«
    »Mit dem Sender verheiratet, so’n Quatsch«, hatte ich gemurmelt.
    Katinkalein hatte mit Knetgummi gespielt, und die Jungen waren in der Schule. Normalerweise saß ich um diese Zeit am Schreibtisch und bereitete mich auf meine wöchentliche Sendung »Endlich allein« vor. Eine Sendung von geschiedenen Frauen für geschiedene Frauen. Mit Tipps und Tricks, Talk und Themen rund um Scheidung, Alleinerziehen, Unterhalt, Job, Karriere, Au-pair-Vermittlung und so weiter. Das Interessante war, dass über vierzig Prozent unserer Zuschauer männlich waren. Die Einschaltquote stieg konstant. Es war eine gute Sendung. Ich arbeitete viel, aber ich lernte auch viel.
    Paul fand es allerdings nicht gut, dass ich als Gattin eines so berühmten Dirigenten, wie er es war, auch noch arbeitete. Er wollte mich als »Frau an seiner Seite«. Es ärgerte ihn bisweilen, dass meine Quoten besser waren als seine. Er leitete ein internationales Jugendorchester und eine eigene Fernsehsendung mit Namen »Vorsicht: Kultur«.
    Paul fand, dass eine Frau, besonders eine, die mehrere Kinder hatte, zu Hause zu bleiben hatte. Er erwartete, dass ich die drei Kinder versorgte und abends nach seinen Konzerten mit einem warmen Essen auf ihn wartete. Ich hatte mehrmals angeregt, dass er bei den Kindern bleiben und MICH mit einem warmen Essen erwarten solle, aber für diese Art von Scherzen hatte Paul keinen Sinn.
    Da ich ersteres nicht ausschließlich und letzteres niemals tat, waren wir in letzter Zeit nicht mehr besonders gut aufeinander zu sprechen.
    Paul warf mir vor, dass ich ihn nicht mehr liebte.
    Für ihn hieß »lieben« nämlich zu Hause sitzen und warten. Ich warf Paul vor, dass er mich nicht mehr liebte. Für mich hieß »lieben« nämlich leben und leben lassen. Als mir wohlmeinende Freundinnen – übrigens Frauen, die von Beruf »Gattin« waren und sehr viel Zeit hatten, ihre Nase in Dinge zu stecken, die sie nichts angingen – auch noch zutrugen, Paul habe immer mal wieder ein Verhältnis mit dem einen oder anderen Orchestermädel, mochte ich erst recht nicht mehr zu Hause sitzen und mit dem warmen Essen auf ihn warten. Und meine Sendung »Endlich allein« machte mir immer mehr Spaß.
    Ich vertiefte mich in das Fax.
    »Sehr geehrte Frau Stein«, lautete die Überschrift des Schreibens, das von einem renommierten Sender namens DER SENDER aus München kam, »mit Interesse sehe ich seit Jahren Ihre Sendung ›Endlich allein‹. Nun möchte ich anfragen, ob Sie mit Ihrem derzeitigen Sender verheiratet sind. Wenn nicht, würde ich Ihnen gern ein Angebot machen, das Sie vielleicht noch mal in eine ganz andere Richtung führen könnte. Finanziell kann ich Ihnen gut und gerne das Vierfache dessen anbieten, was Sie zurzeit verdienen. Habe ich Ihre Neugier geweckt?
    Oda-Gesine Malzahn
    Redaktionsleitung ›Wört-Flört‹«
    »Klar hat die meine Neugier geweckt«, murmelte ich.
    »So? Dann bist du ja noch weniger bei den Kindern als bisher«, maulte Paul, der gerade Zeitung las.
    Paul war vormittags immer zu Hause, weshalb er aber mitnichten jemals etwas tat, das mit Kindern oder Haushalt zu tun hatte.
    »Sie bietet mir das Vierfache an Geld!«
    »Das hab ich gelesen.« Paul muffelte in seine Zeitung hinein. Männer können es schwer ertragen, wenn Frauen mehr Geld verdienen als sie. »So einen schwachsinnigen Scheiß wirst du ja wohl
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