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Der Geliebte

Titel: Der Geliebte
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Isabelle sich wacker. Obwohl Bastian gestern, als ich ihn in seine Jacke steckte, noch sagte, dass er seine Freunde so vermisste und bestimmt nie lernen würde, so zu reden wie die anderen Kinder in der Schule. Dafür hatten sie in der Pause auf dem Schulhof Fußball gespielt, was an seiner alten Schule in den Niederlanden nicht erlaubt gewesen war, und das hatte ihm gefallen. Außerdem hatte er mit anderen Kindern zusammen Eidechsen gefangen, von denen es im Mauerwerk der Schule unzählige gab.
    Isabelle schien mit der neuen Situation so leicht zurechtzukommen, dass es fast schon unheimlich war. Die Schulbuntstifte waren genau richtig, meinte sie, und dazu gab es Hefte, in denen man Sachen einkringeln musste. Es gab sogar einen Computer. Und was die Lehrerin von ihr wollte, begriff sie auch so ungefähr. Sie machte einfach das nach, was die anderen Kinder auch machten.
    Das Mittagessen, das es in der Schule gab, war eklig, darüber waren sie sich einig. Püriertes warmes Gemüse, ganz komisch, so eine Art Babykost, und die Spaghetti klebten ohne Ketchup aneinander. Mama konnte besser kochen als der Schulkoch.
    Vor allem hatten sie ihre Schwierigkeiten damit, dass die französischen Schultage so lange dauerten, von neun bis halb fünf. Lediglich am Mittwoch hatten sie nachmittags frei.
    Eric war jetzt jeden Tag am Haus beschäftigt. Ich sah, wie er sich mit Kabeln und Holz herumschlug und keine Ahnung hatte, was er genau damit anstellen sollte. Ich hatte mir alle Mühe gegeben mitzudenken, ja sogar ihm zu helfen, aber wie man Fensterrahmen ausmaß oder Balken ersetzte, die hoch oben im Dachfirst von einer Seite des Hauses zur anderen verliefen, wusste ich genauso wenig wie er. Und beide trauten wir uns nicht aufs Dach, um die Ziegel zurechtzurücken.
    Zu zweit schafften wir es nicht. Wir taten unser Bestes, aber es ging einfach nicht.
    Ich gab mir Mühe, trotzdem nicht ganz untätig zu bleiben. Ich hatte versucht, den Wohnwagen ein bisschen nett einzurichten, für ein wenig Gemütlichkeit zu sorgen. Wir hatten die Tiefkühltruhe und den Kühlschrank aus dem Überseecontainer heraus und in die trockene Hälfte der Küche geschleppt. Eric hatte einen Gaskocher mit vier Flammen und eine Metallplatte gekauft, und beides befand sich jetzt auf einem alten Tisch, den wir im Keller gefunden hatten. Daneben stand eine grüne, schwere Gasflasche auf dem Boden, von der aus ein Schlauch zu dem Gaskocher führte. Schräg gegenüber stand die Waschmaschine, daneben der Trockner. Unser Wasser, das hier so stark nach Chlor roch und so kalkhaltig war, dass die kleine Warnlampe der Kaffeemaschine tagtäglich zu blinken anfing, holte ich aus dem Hahn auf der anderen Seite des Raums. Dort befand sich ein tiefes Spülbecken von den Ausmaßen eines kleinen Sitzbads, in dem ich den Abwasch erledigte.
    Das Badezimmer im ersten Stock benutzten wir so gut wie gar nicht. Warmes Wasser gab es dort noch keines. Es stand ein Boiler im Keller, aber Eric traute sich nicht, ihn in Betrieb zu nehmen. Ein Mann, mit dem er am Morgen in der Bäckerei kurz gesprochen hatte, kannte einen Monteur, der etwas von Heizkesseln verstand. Den würde er bei uns vorbeischicken, um zu kontrollieren, ob unser Boiler - wie wir vermuteten - eine tickende Zeitbombe war oder doch noch ganz brauchbar.
    Ich sehnte mich wirklich über alle Maßen nach einem Bad oder zumindest einer Dusche. Es war heiß in dieser ersten Septemberwoche, der Schweiß klebte mir am Körper.
    Und ich fragte mich immer öfter, was ich hier eigentlich tat und ob ich nicht allmählich masochistische Züge entwickelte.
     

5
     
    Die Stimmung in unserem Haushalt hatte sich verändert, seit Eric gestern in dem großen Supermarkt in der Stadt jemanden kennengelernt hatte. Einen Belgier namens Peter, der vor sieben Jahren seinem Heimatland Ade gesagt hatte und hierhergezogen war. Genau wie wir hatte er sich von der Natur, der Weitläufigkeit, den bezahlbaren Preisen der Landhäuser und dem Klima angezogen gefühlt, und genau wie wir war er bei den Bauunternehmern und Handwerkern auf eine Mauer aus Desinteresse oder auf übervolle Terminkalender gestoßen.
    Peter hatte die Marktlücke erkannt und füllte sie nun bereits seit fünf Jahren selbst. Nicht ohne Erfolg, wie Eric berichtete. Peter hatte vierzig Leute, die für ihn arbeiteten und nichts anderes taten als Höfe, Landhäuser und Schlösser für Ausländer wie uns in Schuss zu bringen. Belgier, gelegentlich auch Deutsche sowie sehr viele Briten
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