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Der gehetzte Amerikaner

Der gehetzte Amerikaner

Titel: Der gehetzte Amerikaner
Autoren: Jack Higgins
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wäre nämlich der sicherste Weg, um ganz
woanders zu landen. Niemand kommt hier aus diesem Knast heraus! Ich bin
jetzt schon drei Jahre hier und habe weiß Gott alle
Möglichkeiten durchdacht. Es gibt keinen Ausweg.«
    Brady drehte sich um und sah ihn an.
      »Aber ich muß hier heraus! Ich bin in eine
Falle gelockt worden. Man hat mich in die Patsche geritten! Irgend
jemand anders hat dieses Mädchen erschlagen und mir diese Schuld
aufgebürdet. Ich muß wissen, wer es war, und warum!«
      »Die Geschichte, die du dem Gericht erzählt
hast, das war eine Sache für sich«, meinte Evans. »Ein
ganz guter Versuch, aber er nutzte dir nichts. Hier aber sind wir alle
schuldig. Schuldig deshalb, weil wir uns erwischen ließen!«
      Brady zuckte hilflos die Schultern. »Manchmal
glaube ich, daß ich der einzige vernünftige Mensch in einer
durch und durch verrückten Welt bin.«
    Dann ging er quer durch den Raum an die
Tür und untersuchte sie leicht mit den Fingerspitzen. »Wenn
ich sie nur öffnen könnte; das wäre schon etwas
wert!«
      Evans erhob sich und ging zu dem Schränkchen mit
dem Geschirr, das unter dem Waschbecken angebracht war. Er öffnete
es und holte einen gewöhnlichen Löffel heraus.
      »Ich bin immer glücklich, jemandem dienlich
sein zu können«, meinte er dabei. Dann schob er Brady aus
dem Weg und kniete sich vor der Tür nieder. Das Schloß war
durch eine kleine Stahlplatte geschützt, die vielleicht zwanzig
Zentimeter im Quadrat maß. Er bog den Löffelstiel etwas um
und zwängte ihn zwischen den Rand der Stahlplatte und den
Türpfosten. Dann drehte er den Stiel ein paarmal, und
plötzlich gab es einen Klick. Evans zog an der Tür, und sie
öffnete sich leicht.
    »Allmächtiger«, flüsterte Brady.
      Evans machte die Tür wieder zu und drehte erneut
den Löffel. Es gab wieder ein Klicken, und Evans stand auf.
    »Aber das ist ja unglaublich«, rief Brady aus.
      Evans schüttelte den Kopf. »Ein alter
Ganoventrick! Viele Häftlinge beherrschen ihn. Die meisten dieser
Türen haben in der Verzapfung ihren toten Punkt. Sie sind schon
viele Jahre alt. Demnächst werden die Bullen schon noch schlau
werden und sie auswechseln.«
      Er grinste. »Aber das würde mir nicht viel
ausmachen. Wenn du mir einen x-beliebigen Schlüssel für nur
fünf Sekunden zeigst, kann ich ihn aus dem Gedächtnis
nachmachen.«
      Er ging zu seinem Bett zurück und zündete sich eine neue Zigarette an.
      »Das verstehe ich aber nicht«, meinte
Brady. »Du erzähltest mir doch eben, daß es fast
unmöglich sei, hier auszubrechen!«
    Der alte Mann schüttelte fast mitleidig seinen Kopf.
    »Hier, nimm dir noch einen
Glimmstengel, Söhnchen, und laß mich dir alles
erklären. Wenn du hier aus der Zelle entkommst, hast du ja erst
den Anfang geschafft. Du mußt dann noch durch das Tor kommen, das
eine Treppe tiefer aus diesem Zellenblock hinausführt. Dann erst
kommst du in die Zentrale. Von dort aus mußt du nicht weniger als
fünf Tore, passieren, bis du den Hof erreichst; na, und das
Haupteingangstor ist die reinste Festung. Selbst der
Gefängnisdirektor braucht dafür einen Ausweis.« Er
schüttelte wiederum den Kopf. »Hier findest du jedenfalls
die stärksten Sicherheitsmaßnahmen vor, die du dir denken
kannst, Söhnchen. Nur die gefährlichsten und schlimmsten
Kumpels sitzen hier ihre Zeit ab. Deshalb haben sie hier auch alles
umgebaut.«
      »Ich werde schon einen Weg finden«, meinte Brady. »Ich brauche nur etwas Zeit.«
      Aber während er sich auf seine Pritsche legte,
sagte er sich selbst, daß er ja in Wirklichkeit gar nicht viel
Zeit hatte. Ich muß bald hier heraus, dachte er; ich halte das
nicht länger aus… Er schloß die Augen, und wieder
schien es ihm, als ob ihn jenes merkwürdige Gesicht aus der
Dunkelheit heraus anlächelte; jenes Gesicht, das ihn während
des Prozesses und während der zwei Wochen begleitet hatte, die er
in der Todeszelle verbracht hatte.
      Warum denn nur ich? fragte er sich. Warum trifft es
mich? Aber niemand antwortete ihm, niemand konnte ihm antworten,
solange er nicht hier heraus war und jenen einen gefunden hatte. Er
drehte sein Gesicht zur Wand, zog die Decke hoch über die
Schultern und versank in einen unruhigen, nervösen Schlaf.

    Die folgenden Tage vergingen in öder Eintönigkeit. Jeden
Morgen nach dem Frühstück bauten sich fünfzig
Männer im Zentralhof vor dem Hauptwachtmeister auf und wurden zu
ihrer täglichen Arbeit eingeteilt. Der
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