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Der Geheimtip

Der Geheimtip

Titel: Der Geheimtip
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zurück. Als erfahrene Frau wußte sie, daß ein Mann wie Meier nicht im Sturm zu erobern war. Jedenfalls hielt er beim Abschied ihre Hand ein wenig länger. Alma fiepte, als er mit entschlossenen Schritten zur Tür ging.
    »Gute Reise! Und denken Sie im Paradies auch mal an mich!« rief Silvia ihm nach.
    Die Nacht wurde Egon lang und einsam. Er vermißte Almas Atmen. Und der Bauch tat ihm weh vor Aufregung. Daß es am nächsten Vormittag in dicken, nassen Flocken schneite, war für Januar nicht ungewöhnlich, trotzdem fand Egon das wieder mal typisch. Wenn er etwas unternehmen wollte, das aus dem üblichen Rahmen fiel, versalzte eine höhere Macht ihm jedesmal die Freude. Dann ging ihm auf, daß er ja in ein ganz anderes Wetter flog! Und dieser Gedanke vermittelte ihm noch mehr als alles andere das Gefühl, sein bisheriges Leben versinke hinter ihm, während das Abenteuer Zukunft auf ihn warte.

2
    Egon Meiers Zukunft begann genau um 15.30 Uhr, als die voll besetzte Maschine aus Lissabon auf Madeira landete. Das heißt, der Pilot nahm eine Art Notbremsung vor, um das Flugzeug auf der kürzesten Jet-Piste der Welt noch etwa fünfzig Zentimeter vor dem blauen Meer zu stoppen, in das sie kühn hineinragte. An der neuen Landebahn wurde schon emsig gewerkelt, aber Egon kam noch in den vollen Genuß der echten Madeira-Bremsung.
    Er machte sich allerdings nicht allzuviel daraus. Bei dem Zwischenaufenthalt in Lissabon hatte ihm ein äußerst freundliches portugiesisches Väterchen eine hustensaftähnliche Flüssigkeit angeboten, süß und nach Kräutern schmeckend, und Egon hatte ordentlich daran genippt. Erst später wurde ihm klar, daß es sich dabei um etwas Hochprozentiges gehandelt haben mußte. So döste er die letzte Strecke angenehm beduselt vor sich hin und betrat ziemlich entspannt und sorglos den Boden von Sta. Catarina bei Funchal auf Madeira. Den Musterkoffer ließ er nicht aus der Hand.
    Kaum hatte er sich seinen Koffer vom Rollband gefischt, da meinte er zu seinem Schrecken über Lautsprecher zu hören: »Señor Meier … blub blub blub blub … Information blubblub!« Sein Herz raste, und er fühlte, wie er knallrot wurde.
    Der Zollbeamte winkte ihn jovial durch. Das Musterköfferchen machte keinen besonders interessanten Eindruck. Der Mann auch nicht. Als das zweitemal ganz unmißverständlich von überall nach ›Señor Meier‹ gerufen wurde und Egon sich aufgeregt umschaute, fragte ein Herr mit Schnauzbart ihn: »Herr Meierrrr?«
    Der Mann sah eigentlich nicht so aus, wie Kunden und Geschäftspartner der ›Schraufa GmbH‹ auszusehen pflegten. Aber Egon sagte sich, daß andere Länder sicher auch andere Maßstäbe verlangten. Außerdem war er nun doch recht erleichtert, daß sich da jemand um ihn kümmern wollte.
    Er nickte. »Egon Meier aus Aberlingen«, stellte er sich vor.
    »Iwanow Kuljowitsch!« Der Typ entriß ihm förmlich den großen Koffer, und Egon war nun doch ein wenig unsicher, ob er sich ihm anvertrauen durfte. Der Kerl sah überhaupt nicht wie ein Portugiese aus. Eher wie der Diener in einem Tschechow-Stück, das in Sibirien spielte. Egon hatte es im Fernsehen angeschaut.
    Im selben Moment wuselten aber noch zwei andere Figuren herbei, ein kleiner, runder Mulatte und ein großer Dicker, der wie der Buhmann beim Freistilringen wirkte. Sie umringten ihn. Er umklammerte den Musterkoffer. Nur über seine Leiche würden sie den bekommen!
    Doch da erschien wie ein erlösender Engel ein Herr, der Egon Meier augenblicklich Vertrauen einflößte. Er trug einen weißen Anzug in Edelknitterleinen, hellgraues Seidenhemd und rosa Krawatte, hellgraue Wildlederschuhe, schicke Nickelbrille, schwarzes, streng gescheiteltes Haar mit weißen Schläfen. Obwohl Egon keine Einzelheiten wahrnahm, schien ihm der Gesamteindruck doch höchst elegant und für einen Südländer auch seriös zu sein.
    »Señor Meier! Ich Señor Pallando. Willkommen zu Funchal und zu mein Haus«, sagte er und schüttelte Egon herzlich die Hand.
    »Guten Tag, Señor Pallando«, erwiderte Egon weltmännisch.
    Pallando stellte sein Gefolge vor: »Das Señor Kuljowitsch. Er Russe, aber sprechen gut deutsch.«
    Kuljowitsch erklärte stolz: »Sowjetische Schulen beste Schulen von Welt. Sonst alles Scheiße. Kuljowitsch in Funchal von russische Vergnügungsschiff gegangen und nicht mehr zurück, du verstehn?«
    Egon nickte.
    Pallando fuhr fort: »Das Pedro.«
    Der Ringer rang sich ein Lächeln ab und zeigte dabei erschreckend schlechte
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