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Der Geheimnisvolle Eremit

Der Geheimnisvolle Eremit

Titel: Der Geheimnisvolle Eremit
Autoren: Ellis Peters
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Robert von Gloucester in der Normandie dies alles noch nicht weiß, dann sind seine Spione unfähiger, als ich zu glauben wagte. Sobald er aber erfährt, in welcher Bedrängnis seine Schwester ist, wird er Hals über Kopf nach Hause zurückkehren. Es wäre nicht das erste Mal, daß aus Belagerern Belagerte werden.«
    »Er wird eine Weile brauchen, um zurückzukommen«, widersprach Cadfael gelassen. »Und er wird gewiß nicht besser gerüstet sein als bei seinem Fortgehen.«
    Der Halbbruder und beste Soldat der Kaiserin war gegen seinen erklärten Willen über den Kanal geschickt worden, um im Namen der kriegerischen Dame die Hilfe des nicht gerade liebenden Ehemannes zu erbitten. Graf Geoffrey von Anjou aber war, wie man hörte, viel mehr an seinen eigenen Plänen in der Normandie interessiert als an denen seiner Frau in England. Der gerissene Herr von Anjou hatte den Grafen Robert sogar überredet, ihm zu helfen, in der Normandie eine Burg nach der anderen zu pflücken; dabei hätte Anjou an die Seite seiner Frau eilen und ihr zur Krone von England verhelfen sollen. Da seine Schwester ihn so sehr gedrängt und weil Geoffrey darauf bestanden hatte, Robert zu bekommen, wenn er denn schon einen Gesandten seiner Gattin empfangen mußte, war Robert trotz seiner Bedenken bereits im Juni von Wareham aufgebrochen. Nun war der September vorbei, Wareham war wieder in Händen von König Stephen, und Robert stand immer noch in Geoffreys Diensten in der Normandie. Nein, so schnell und ohne weiteres würde Robert seiner Schwester nicht zu Hilfe kommen können. Der eiserne Ring der Belagerung lag fest um die Burg von Oxford, und ausnahmsweise schien Stephen einmal nicht zu einem raschen Sinneswandel geneigt. Noch nie war er so nahe daran gewesen, seine Cousine und Rivalin gefangenzunehmen und zu zwingen, ihn als Herrscher des Landes anzuerkennen.
    »Ob er wohl weiß«, fragte Cadfael, während er die Schale mit den ausgewählten Samen mit einem Deckel verschloß, »wie nahe er vor seinem Ziel ist, sie in die Gewalt zu bekommen?
    Wie würdet Ihr Euch an seiner Stelle fühlen, Hugh, wenn Ihr sie beinahe schon in Eurer Gewalt hättet?«
    »Der Himmel möge es verhüten!« rief Hugh erschrocken und grinste dann bei dem Gedanken. »Ich wüßte nicht, was ich mit ihr tun sollte! Und ich glaube, auch Stephen weiß es nicht.
    Wenn er bei Sinnen gewesen wäre, hätte er sie am Tag, als sie in Arundel landete, in Gewahrsam nehmen müssen. Aber was hat er getan? Er gab ihr eine Eskorte und schickte sie nach Bristol zu ihrem Bruder! Doch wenn die Königin diese Dame in die Finger bekommt, dann sieht die Sache anders aus. Er mag ein guter Kämpfer sein, aber sie ist der bessere Stratege, und sie weiß ihren Vorteil zu wahren.«
    Hugh stand auf und streckte sich. Eine Brise fuhr durch die offene Tür, zauste sein glattes schwarzes Haar und ließ die an den Deckenbalken baumelnden Büschel getrockneter Kräuter rascheln. »Nun, eine Belagerung dauert eben ihre Zeit, wir müssen abwarten und sehen. Wie ich hörte, hat man Euch endlich einen Burschen gegeben, der Euch im Kräutergarten hilft? Ich habe gesehen, daß Eure Hecke ein zweites Mal gestutzt wurde. War das sein Werk?«
    »Allerdings.« Cadfael begleitete ihn über den Kiesweg zwischen den Kräuterbeeten hindurch. Die Pflanzen wirkten jetzt, am Ende der Wachstumsphase, etwas dürr. Die Buchsbaumhecke war an einer Seite tatsächlich sauber getrimmt, und die zottigen Sprossen des Spätsommers waren zurückgeschnitten. »Ihr könnt Bruder Winfrid unten auf den abgeernteten Bohnenfeldern umgraben sehen. Ein großer, ungelenker Bursche, nur Ellbogen und Knie. Er hat sein Noviziat noch nicht lange hinter sich. Sehr bereitwillig, aber langsam. Doch er macht sich ganz gut. Ich glaube, man hat ihn zu mir geschickt, weil er für Schreibfeder und Pinsel zu ungeschickt war; doch mit einem Spaten in der Hand kommt er gut zurecht. Das liegt ihm.«
    Jenseits des umfriedeten Kräutergartens erstreckten sich die Gemüsebeete, und hinter der leichten Erhebung zu ihrer Rechten liefen die abgeernteten Erbsenfelder bis zum Meole-Bach hinunter, der die rückwärtige Grenze der Abtei bildete.
    Und dort unten war Bruder Winfrid in voller Tatkraft zu sehen, ein großer, schlaksiger Junge mit einem drahtigen Haarkranz um die Tonsur. Er hatte die Kutte hochgebunden, die kräftigen Knie entblößt und einen Spaten mit einem Stahlblatt in der Hand, den er mit einem breiten, in einer Holzpantine steckenden Fuß durch
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