Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Thomas Ziebula
Vom Netzwerk:
keiner von beiden mochte sich ausmalen, was dann geschah. Susanna schlug vor abzuwarten, der Herr im Himmel würde schon einen Weg für sie finden. In Wahrheit dachte sie an Hannes, der zu ihr in die Stadt kommen wollte; sie wollte ihn sehen, unbedingt. Und vielleicht wusste er ja Hilfe.
    David gab ihr Geld, das er noch bei sich getragen hatte bei seiner Festnahme, und bat sie, ihm Brot, Wasser und ein paar Früchte zu bringen. Und aus der Kostümkiste der Komödianten, was man zur Verkleidung brauchte: Perücken, Bärte, Kleider.
    Am nächsten Tag bestiegen Helena, Piet und Charles Rowland das Schiff nach Schweden. Susanna und John winkten, als es aus dem Hafen segelte. Sie blieben allein zurück. Auf dem Heimweg lächelte Susanna jedes Mal tapfer, wenn der Knabe fragend zu ihr aufsah. Nur keine Angst zeigen, nur das Kinderherz nicht beschweren!
    In der Nacht begannen die Kaiserlichen die Mauern zu stürmen, wurden aber abgewehrt. Am Tag darauf schossen sie mitKanonen in die Stadt hinein. Entsetzen und Angst drohten Susanna zu lähmen, denn alle bösen Erinnerungen an Heidelberg spülte der Kanonendonner aus den verschlossenen Kellern ihrer Seele in ihr Bewusstsein herauf. Doch sie konnte sich ihrer Angst nicht hingeben, der Kleine brauchte sie ja. Sie stopfte ihm warmes Wachs in die Ohren, damit er das fürchterliche Heulen und Krachen nicht so deutlich hören musste. Meistens während des Bombardements ging sie mit ihm zum Hafen, wo man es am wenigsten hörte, und barg sich und ihn dort im Lagerhaus bei David.
    Schiffe aus Dänemark gingen im Hafen vor Anker, ein grobschlächtiger dänischer Obrist namens Heinrich Holk führte an die tausend Männer an Land – Dänen, Deutsche und vor allem Schotten, lauter wilde Kerle. Auf den Wehrmauern machten sie den Kaiserlichen die Hölle heiß, in der Stadt das Leben der Bürger dennoch nicht sicherer; vor allem junge Frauen mussten sich vor ihnen fürchten. Auch der Schwedenkönig schickte Schiffe: Einige Offiziere mit sechshundert Mann sollten den Stralsundern gegen von Arnims Armee helfen. Bald wimmelte es in der Stadt von Menschen. Auch viele Flüchtlinge aus Böhmen, Niedersachsen und Holstein drängten sich in den Gassen und auf den Plätzen. Angst und Gewalt nisteten sich nach und nach ein.
    Als Susanna eines Abends aus der Halle schlüpfte, in der David versteckt lag, sah sie einen Edelmann. Er trug eine dieser Perücken, wie man sie in letzter Zeit häufiger bei Kavalieren sah, kastanienrot und mit Spirallocken. Eine Zeitlang ging der Kavalier hinter ihr und dem Kind her. Wenn sie schneller liefen, lief auch er schneller, wenn sie Umwege gingen, ging er sie mit.
    Kurz vor dem Haus, das die Prinzessin von Bernstadt den Komödianten gemietet hatte, überholte er Susanna und versperrte ihr den Weg. »Die Welt ist so klein, nicht wahr, Susanna?« Es war der Graf Maximilian von Herzenburg; er feixte sie an. »Man denkt an nichts Böses, und plötzlich begegnet man sich wieder.«
    »Wer ist das?«, wollte John wissen.
    »Einer, der es gut mit euch meint.« Von Herzenburg beugte sich zu dem Jungen hinunter und strich ihm über die schwarzen Locken. John zuckte zurück, und Susanna rieselte ein Frösteln durch den ganzen Körper. »Und Männer, die es gut mit einem meinen, braucht man in Zeiten wie diesen, nicht wahr, Susanna? Ich denke, wir sollten zusammenhalten.«
    »Lasst mich in Ruhe!« Sie stieß ihn zur Seite, lief ins Haus und verriegelte die Tür hinter sich.
    Wenige Tage danach hieß es, der General Wallenstein sei zu seinem Heerlager gestoßen. Niemand hielt das für eine gute Nachricht. Und kurz darauf kursierte jenes Wort in der Stadt, das Wallenstein angesichts ihrer verschlossenen Tore ausgerufen hatte: Herunter muss die Stadt, und sollte sie mit Ketten im Himmel festgeschmiedet sein …

14
    D er Auftrag kam vom General selbst, so sagte man Hannes: Während des Sturms auf die Stadt hinein nach Stralsund, von Herzenburg einfangen und den Eroberern übergeben; oder, falls der Sturm misslang, hinaus ins Feldlager schaffen. Ein Freiwilliger wurde gesucht, und den Rittmeister Stein fragte man zuerst.
    Der General wollte den Schandfleck des Verrats von seinem Heer waschen. Hannes wollte von Herzenburg. Er nahm den Auftrag an.
    Die Angst hatte die Räte der Stadt zu Wallenstein an den Verhandlungstisch getrieben – fünfundzwanzigtausend Mann mit gewaltiger Artillerie vor den Toren zu wissen ertrug nicht jeder. Der Friedländer präsentierte sich von seiner
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher