Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Gast: Roman

Der Gast: Roman

Titel: Der Gast: Roman
Autoren: Richard Laymon
Vom Netzwerk:
sprang die Beckenbeleuchtung an.
    Glitt, dessen bandagierter Kopf beinahe seine Knie berührte, starrte Marta durch das klare helle Wasser an. Sein zotteliger Bart bewegte sich langsam in der Strömung. Die Zähne waren entblößt, als wäre er mit einem Fletschen gestorben, bereit zum Zuschnappen. Die gezackten Ränder des Schnitts über seiner Kehle bebten wie in einem sanften Windstoß.
    Marta sah Einschusslöcher in der Brust seines schwarzen Hemds. Und sie sah seinen aufgeschlitzten Bauch – Eingeweide quollen aus der Wunde.
    Obwohl sie sich erschreckt hatte, ihn so dicht bei sich zu sehen, hatte sie nicht geschrien. Sie war zusammengezuckt und hatte nach Luft geschnappt. Ein Stöhnen drang aus ihrer Brust, doch sie konnte den Blick nicht abwenden.
    Sie schrie nicht, bis der linke Arm unter seiner Seite hervorschoss und die Zange mit gespreizten Backen aus dem Wasser streckte.
    Kreischend stieß Marta ihr Knie gegen seinen Kopf und sprang nach hinten.
    Die stählerne Zange schnappte ein paar Zentimeter vor ihrer linken Brustwarze zu.
    Marta verlor den Halt. Sie fiel und ging unter, jedoch nur einen Augenblick lang. Voller Angst, dass Glitt sie angreifen würde, setzte sie die Füße auf den Boden und stand schnell auf.
    Glitt trieb ein paar Meter entfernt mit dem Gesicht nach oben nahe dem Grund.
    Sue kam angerannt und blieb schwankend am Beckenrand stehen. »Was ist passiert? Alles in Ordnung?«
    »Er hat versucht, mich zu erwischen.«
    »Gut, dass ich das Licht angeschaltet hab, was? Sonst hätte er dich noch gekriegt.« Sue beugte sich vor und sah auf ihn hinab. »Der sieht erledigt aus.«
    Marta ging näher heran.
    Seine Füße waren noch mit dem Gürtel zusammengebunden. Doch seine Arme waren nun zu den Seiten ausgestreckt. Die Hände waren leer.
    Die Zange lag auf dem Beckengrund. Sie glänzte im Licht und schien sich zu biegen und zu verformen, als wäre sie aus Gummi.
    Neben der Zange, ebenso verzerrt, lag Neals Automatik.
    »Behalt ihn im Auge«, sagte Marta. Dann tauchte sie unter und schnappte sich die Pistole. Sie kam schnell wieder hoch. Glitt hatte sich nicht bewegt. Sie ging zum Beckenrand und reichte Sue die Waffe.
    Als Sue sie entgegennahm, sagte Marta: »Geh zur Garage und hol die Axt. Ich habe es mir anders überlegt.«

15
    15
    Nachdem sie mit Glitt fertig waren, stießen sie seinen Körper wieder in den Pool. Wasser spritzte auf und benetzte sie. Sue hob den Kopf am Bart hoch. Sie schwang ihn nach vorn und ließ los. Er flog hoch über den Pool und drehte sich in der Luft.
    Er fiel nicht hinein.
    Er flog zu weit und landete mit einem hässlichen dumpfen Geräusch gegenüber auf dem Beton.
    »Hoppla«, murmelte Sue.
    Sie sahen zu, wie der Kopf ein Stück rollte und dann liegenblieb.
    Dann beugten sie sich zum Wasser hinab und wuschen sich die Hände.
    Sue wischte mit der Vorderseite ihres Pullovers den Griff des Messers und der Axt ab.
    Marta hob Neals Pistole und die Shorts auf. Sie steckte die Pistole in eine der großen Hosentaschen. Doch sie hielt sich nicht damit auf, die Shorts anzuziehen. »Okay«, sagte sie.
    »Fertig?«, fragte Sue.
    »Ja, hauen wir ab.«
    »Willst du die Hose nicht anziehen?«
    »Sie würde nur runterrutschen. Komm.«
    Marta lief voran, um die Hausecke herum und durch den Obsthain, und Sue blieb dicht hinter ihr.
    Seit dem Schuss war so viel Zeit vergangen, dass sie nicht davon ausgingen, noch der Polizei in die Arme zu laufen. Trotzdem waren sie vorsichtig. Sie lauschten. Sie hörten keine Sirenen, keine aufjaulenden Motoren, keine zuschlagenden Türen, keine eiligen Schritte, keine energischen Stimmen.
    Sie hörten nur ihren eigenen schweren Atem und die leisen metallischen Geräusche aus Neals Shorts: das Klappern der losen .380er Patronen, die gegeneinander und gegen die Pistole stießen, das Klimpern der Schlüssel.
    Am Eingangstor blieben sie stehen.
    Wieder horchten sie.
    Marta trat auf die Straße und sah in beide Richtungen. »Alles klar«, flüsterte sie. Dann griff sie in die Hosentasche und holte das Schlüsselmäppchen heraus. »Du fährst, okay?«
    »Klar.«
    Sie warf Sue die Schlüssel zu.
    Während Sue auf den Fahrersitz stieg, beugte sich Marta von der anderen Seite in den Wagen. Sie ließ die Shorts hineinfallen und schnappte sich den Umhang des Schleichers. Neben dem Wagen stehend, breitete sie ihn aus. Sie schwang ihn hinter ihren Rücken und wickelte sich darin ein.
    Er klebte an ihrer nassen Haut.
    Sue ließ den Motor an und sah sie an. Sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher