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Der Gärtner von Otschakow

Der Gärtner von Otschakow

Titel: Der Gärtner von Otschakow
Autoren: Andrej Kurkow
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wenig ironisch, wahrte aber eine ernste Miene.
    »Nein«, antwortete Stepan ruhig. »Helfer in der Küche.«
    »Und wem soll ich da helfen?« Igor verzog sarkastisch das Gesicht, als er sich Nachbarin Olga am Herd vorstellte, daneben sich selbst mit Kochmütze.
    »Aljona, meiner Tochter. Sie ist der Koch.«
    »Sie würden mich einstellen, mit Eintrag ins Arbeitsbuch?« Igors Stimmung hatte sich abrupt gewandelt.
    »Natürlich, alles, wie es sich gehört!«
    »Und was schreiben Sie dann hinein? Kochgehilfe?«
    [337] »Was möchtest du? Ich kann auch schreiben ›Küchenmanager‹«, sagte Stepan lachend.
    »Nein, lieber ›Gärtner‹.« Igor lachte auch.
    »Küchengärtner?!«
    »Nur so, einfach ›Gärtner‹«, sagte Igor völlig ernst.
    »Schlag ein!« Stepan nickte vielsagend und biss sich auf die Unterlippe.
    Aljona kam aus dem Schlafzimmer. Hinter ihr glänzte das frischgeputzte Parkett. Vor ihr drückten Igor und ihr Vater sich fest die Hand.
    »Was macht ihr?«, fragte Aljona verwundert.
    »Wir haben eine Abmachung besiegelt«, antwortete Stepan. »Man muss sie nur noch unterschreiben.«
    »Wie soll das Café denn heißen?«, erkundigte Igor sich plötzlich.
    »Café Otschakow«, antwortete Stepan.
    »Dann bin ich also im Arbeitsbuch der ›Gärtner vom Otschakow‹?!« Auf Igors Gesicht trat ein frohes Lächeln.
    »Tja, so sieht es aus.«
    »Hervorragend! Ich habe übrigens Fotos vom alten Otschakow, großformatige… Man könnte sie an den Wänden aufhängen.«
    »Warum nicht? Auch unsere Rezepte werden ja aus Otschakow, aus dem Buch meines Vaters sein. Nur gesundes und nützliches Essen!«
    Igor versank in Nachdenken, stellte sich die Fotografien an den Wänden des Cafés vor – Walja, Wanja, Alexandra Marinowna, Stepans Vater Josip, ja, auch er selbst, Igor. Das würde lustig, wenn Stepan sie sich eines Tages ansah und Igor dort erblickte! Und ihn fragte, was er im alten Otschakow [338] machte. Dann würde Igor ihm alles erzählen, von allen berichten, die er auf den Bildern kannte. Und von Josip auch.
    »Hat deine Mutter dir gesagt, dass ich sie gebeten habe, mich zu heiraten?«, fragte Stepan unerwartet.
    Igor nickte. »Hat sie mir gesagt.«
    »Du bist doch nicht dagegen?«
    Jetzt schüttelte Igor den Kopf.
    »Sie zieht dann zu mir hierher«, fuhr Stepan fort. »Und dir bleibt das Haus.«
    »Das Haus, mit der Waage?«, bemerkte Igor nachdenklich.
    »Nein«, sagte Stepan. »Die Waage nimmt deine Mutter mit. Was willst du denn damit?!«
    »Ach, nur so.« Igor winkte ab.
    Auf dem Heimweg kaufte er eine Flasche Kognak.
    »Bleibt dein Freund noch lange bei dir auf dem Boden sitzen?«, fragte seine Mutter halb flüsternd, als sie zu ihm in den Flur hereinsah.
    »Nicht mehr lange«, antwortete Igor. »Heute Abend geht er weg.«
    »Ich habe Frikadellen gebraten, und Kartoffeln«, sagte Elena Andrejewna und wies mit dem Kopf Richtung Küchentür.
    »Danke. Weißt du, Stepan hat mir auch etwas angetragen. Ernsthaft.« Igor lächelte listig.
    »Und was wollte er von dir?« Die Augen seiner Mutter funkelten vor ehrlicher Neugier.
    »Ich werde sein Kochgehilfe.«
    Die Neuigkeit rief keine Begeisterung hervor.
    »Und wer wird Koch?«, fragte seine Mutter, ohne besonderes Interesse.
    [339] »Aljona.«
    Erstaunen erhellte Elena Andrejewnas Gesicht, gemischt mit einer leichten, freundlichen Versonnenheit.
    »Ja, und?«, fragte sie sich selbst. »Vielleicht lernst du was dabei! Es ist ein guter Beruf, und sättigend…«
    Ihr letztes gemeinsames Mahl begannen Igor und Koljan um halb zehn. Die Mutter schaute im Fernsehen noch die neueste Folge von Der Ehering zu Ende. Vor dem Fenster herrschte Finsternis. Koljan zitterte die Gabel in der Hand, aber er aß gierig, als äße er auf Vorrat. Gierig trank er auch.
    »Wieso glaube ich dir nur«, brummte Koljan, während er Igor das leere Gläschen hinstreckte, damit der es von neuem mit Kognak füllte. »Früher hab ich an solche Märchen nicht geglaubt, jetzt doch…«
    »Früher hattest du auch kein GSHT , du hattest einen Dickschädel, wie die Mehrheit unserer Bürger. Jetzt bist du in der Minderheit, wie ich…«
    »Was, du hattest auch ein GSHT ?« Koljan sah seinen Freund misstrauisch an.
    »Als Kind. Mein Vater hat nicht aufgepasst, und ich bin unter ein fahrendes Karussell gerannt… Weißt du, ich gebe dir Geld mit. Viel Geld. Zwei Packen davon, mit einem Brief, bringst du Walja. Erinnerst du dich, ich habe sie dir gezeigt.«
    »Ho!«, rief Koljan vieldeutig. »So
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