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Der Funke des Chronos

Titel: Der Funke des Chronos
Autoren: Thomas Finn
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Zukunft!« rief er aufgebracht. »Falls Sie mir nicht glauben – da drinnen steht die verdammte Zeitmaschine. Und jetzt beeilen Sie sich, sonst verbrennt der Kleine. Ich muss Caroline Lewald retten.«
    Bevor der Polizeiaktuar es verhindern konnte, ergriff Tobias einen der beiden Kristallstäbe und drückte ihm die Schaufel in die Hand. Ohne den verwirrten Beamten eines weiteren Blicks zu würdigen, rannte er an ihm vorbei die Straße entlang. Sein Ziel war der Michel, dessen Turm ihm wie ein mahnend erhobener Finger die Richtung wies.
    Er fühlte sich wie in einem bösen Traum. Rücksichtslos stürmte er durch die schmalen Twieten und Gassen, stieß im Weg stehende Karren um und boxte Flüchtende und Neugierige beiseite, die ihm nicht schnell genug den Weg frei machten.
    Als er den Vorplatz der Michaeliskirche endlich erreicht hatte, schmerzten seine Lungen. Keuchend krachte er gegen eine Hauswand und starrte auf die Kirchturmuhr. Inzwischen stand sie auf fünf nach halb drei. Caroline hatte höchstens noch zehn Minuten zu leben.
    Himmel, was war das? Erstaunt riss Tobias die Augen auf. Denn in diesem Moment entdeckte er sich selbst. Sein Alter ego stand nicht weit vom Eingang zum Kirchturm entfernt und diskutierte erregt mit Heinrich Heine und Bordiert. Der dicke Konstabler sagte etwas, und die drei Männer eilten in westliche Richtung davon. Tobias wusste, dass das Ziel der Gruppe der Bekannte von Borcherts Bruder war. Dort würden sie den Karren erhalten, mit dem sie weiter zum Heiligengeistfeld – und damit zum Ballon – fuhren.
    Tobias stieß ein irres Kichern aus. Verrückt. Er verlor bei alledem noch den Verstand. Dann wurde er wieder ernst. Er musste Caroline retten. Jetzt!
    Er stieß sich von der Hauswand ab und taumelte weiter auf den Michel zu. Schließlich erreichte er die Turmpforte, stürmte hindurch, rannte durch die Turmkammer auf den vergitterten Treppenabgang zu und hetzte die Stufen hinunter.
    Als er ins Grabgewölbe des Michels taumelte, umgab ihn Finsternis. Zitternd griff er nach der Schachtel, die ihm Heine mitgegeben hatte. Es waren nur noch drei Phosphorhölzchen übrig.
    Mit schweißnassen Fingern entzündete er eines und schreckte zusammen, als die Flamme den Körper des erschossenen Küsters aus der Dunkelheit riss.
    Vorsichtig tastete sich Tobias an den dicken Pfeilern des Gewölbes vorbei auf das offene Grab zu. Kurz bevor er es erreicht hatte, erlosch die Flamme, und er war gezwungen, das zweite Streichholz zu entzünden. Dessen Licht reichte gerade aus, dass er einen Blick auf den Tresor mit den drei Schlössern jenseits der hochgewuchteten Grabplatte werfen konnte. Nur noch ein Streichholz.
    O nein! Er brauchte Licht, wenn er Caroline befreien wollte.
    Hastig legte Tobias Knauf und Kristallstab ab, zog sich im Dunkeln Jacke und Hemd aus und rollte das Hemd zusammen. Dann entnahm er der Schachtel das letzte Hölzchen, schob diese in das Stoffbündel und entzündete das Hölzchen am Boden.
    Es flammte auf, und Tobias schickte ein Stoßgebet zum Himmel. Dann steckte er die Schachtel in Brand. Die Flammen umzüngelten das Kästchen, und mit einem leisen Plopp fing der Stoff Feuer. Tobias stieß einen erleichterten Seufzer aus und schraubte den Griff des zerbrochenen Spazierstocks auf. Darunter war ein Schlüssel mit kompliziertem Bart verborgen. Er klappte ihn hoch und drehte ihn im Schloss. Ein metallisches Schnappen hallte durch das Gewölbe.
    Fieberhaft ergriff er die neben der Tresortür angebrachte Kurbel und aktivierte den Hebemechanismus der schweren Eisenplatte.
    Endlich hatte er die eiserne Tür so weit geöffnet, dass er einen Blick darunter werfen konnte. Ein Schwall verbrauchter Luft schlug ihm entgegen. Eingezwängt, noch immer gefesselt und mit verrenkter Körperhaltung entdeckte er Caroline. Ihre Augen waren geschlossen und ihr Gesicht besorgniserregend starr. Tobias drehte weiter an der Kurbel, bis die Eisenplatte so weit aufstand, dass er die junge Frau an den Schultern herausziehen und neben dem schwelenden Hemd auf den Boden legen konnte. Die Glut warf einen roten Schimmer auf ihre blassen Wangen.
    »Caroline!« flüsterte er und schlug ihr sacht gegen die Wange. Sie rührte sich nicht.
    »Caroline!« schrie Tobias wie von Sinnen und schüttelte den leblosen Körper. In diesem Moment riss sie die Augen auf und füllte die Lungen keuchend mit Luft. Sie hustete, und Tobias half ihr, sich aufzurichten. Als der Anfall vorbei war, blickte sie ihn ängstlich und verwirrt
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