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Der Funke des Chronos

Titel: Der Funke des Chronos
Autoren: Thomas Finn
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um aus dem brennenden Geschäft ein paar Kuchen zu stehlen. Doch jetzt lag er neben dem zusammengebrochenen Brotregal und zerrte an etwas, das Tobias hinter dem Tresen nicht erkennen konnte.
    Auch Friedrich erkannte ihn jetzt wieder.
    »Bitte! Bitte hülpen sej mi!« wimmerte er tränenerstickt.
    »Junge, du musst hier raus!« brüllte Tobias und zog sich angesichts des Rauchs den Stoff seiner Kleidung vor den Mund. Verflucht, in welche Lage war er nur wieder geraten? Konnte diese verdammte Zeitmaschine nicht einmal an einem ungefährlichen Ort landen? Doch ehrlich gesagt interessierte ihn die Apparatur im Augenblick nur wenig.
    Mit fliegenden Fingern schraubte er den kristallenen Aktivierungshebel aus dem Armaturenbrett, sprang vom Sattel der Zeitmaschine und hetzte auf den Jungen zu. Erst jetzt entdeckte er, dass Friedrichs linkes Bein unglücklich unter den brennenden Überresten des Regals eingeklemmt lag, die sich zwischen Wand und Verkaufstresen verkeilt hatten.
    Die Junge schrie inzwischen wieder, da die Flammen unerbittlich nach seinem Fleisch leckten. Tobias sah sich um und ergriff eilends einen herrenlos auf dem Tresen stehenden Milchkrug. Schnell goss er seinen Inhalt in die Flammen. Es zischte laut und stank nach verbranntem Eiweiß. Doch noch immer leckten gefräßige Flammenzungen an dem Holz des verkeilten Gestells empor.
    Tobias ergriff den Kleinen am Oberkörper und versuchte ihn aus dem Gefahrenbereich zu ziehen. Vergeblich. Der Junge schrie vor Schmerzen. Auf diese Weise ließ er sich jedenfalls nicht befreien.
    Erneut wurde Tobias von einer Hustenattacke geschüttelt. Über ihm, im brennenden Gebälk der Raumdecke, knackte es inzwischen bedenklich. Verzweifelt setzte er den Gehstock Lewalds wie einen Hebel an, klemmte ihn zwischen Boden und brennende Trümmer und stemmte ihn mit aller Kraft hoch. Funken stoben auf – und erneut knackte es. Der Stock war unter der Belastung entzweigebrochen.
    Friedrich schrie, und Tobias sah sich hastig um. Er brauchte eine Axt oder etwas ähnliches.
    »Ich bin gleich wieder da!« brüllte er gegen das Knacken, Knistern und Prasseln an und streichelte dem entsetzten Jungen beruhigend über das flachsblonde Haar.
    »Nein, nein! Lassen sej mi nich alleen!« schrie der Kleine und rang keuchend nach Atem.
    »Ich komme wieder!« rief Tobias und rannte an der Zeitmaschine vorbei auf den Eingang des Geschäfts zu. Einmal, zweimal warf er sich gegen die Tür. Endlich ließ sie sich öffnen, und er stürzte ins Freie. Vor ihm stoben Menschen auseinander, die Säcke, Möbel und Verletzte geschultert hatten. Ängstlich warf die Menge einen Blick auf die Fassade des Hauses, aus dem Tobias gestolpert war. In allen Stockwerken schlugen Flammen aus den Fenstern, und vereinzelt wirbelten brennende Teile in die Tiefe.
    »Hauen Sie ab, Mann!« brüllte ihm einer der Passanten zu. Er zog einen Karren hinter sich her, in dem große Topfpflanzen und Gartenwerkzeuge lagen.
    Tobias rannte zu ihm, schnappte sich, ohne zu fragen, einen Spaten und eilte zu dem brennenden Bäckerladen zurück. Er kam nur wenige Schritte weit. Frontal prallte er mit einem Uniformierten zusammen, und beide stürzten zu Boden. Der Fremde war ihm nur allzu gut bekannt: Es war Kettenburg!
    Der Polizeiaktuar lag neben ihm und starrte ihn verdattert an.
    »Herrgott, was tun Sie denn hier?« riet er. »Ich dachte, Sie sind längst beim Michel.«
    Wütend klaubte der Polizeiaktuar seine Aktentasche auf, aus der ein Teil des Inhalts auf die Straße gerutscht war.
    »Das kann ich jetzt nicht erklären!« schrie Tobias und rappelte sich wieder auf. Erst jetzt bemerkte er, dass ihm der Kristallstab aus der Hosentasche geglitten war. Er lag vor seinen Füßen. Nein, das war nicht richtig. Dort lagen zwei Kristallstäbe.
    Erstaunt sahen er und Kettenburg sich an, dann wanderte sein Blick die Straße entlang. Jenseits der Hausgiebel war der Turm des Michels zu sehen. Die Zeiger des großen Uhrwerks sprangen soeben auf Viertel nach zwei. Die verfluchte Zeitmaschine hatte fast eine dreiviertel Stunde zu spät materialisiert! Caroline würde in spätestens fünfundzwanzig Minuten ersticken. Und zwischen ihm und der Kirche lag noch ein halber Stadtteil.
    »Da drinnen ist noch ein Junge!« schrie Tobias dem Polizeiaktuar zu und deutete auf die brennende Bäckerei. »Sie müssen ihn retten.«
    »Ja, aber … Verflucht, was tun Sie hier?« fuhr ihn der Polizist erneut an.
    »Ist doch jetzt völlig egal! Ich komme aus der
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