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Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Beate Maly
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gestaltet sich schwierig. Selbst dann, wenn der junge Mann anders als andere Männer ist. In einem Punkt ist er seinen Altersgenossen völlig gleich. Er hat Bedürfnisse, die wir nicht …«, sie räusperte sich. »Nicht erfüllen können.«
    Es überraschte Conrad nicht, dass die Dominikaner den Jungen bereitwillig aufnahmen. Die Sonne war bereits untergegangen, und es war zu spät, um ans Zurückreiten zu denken. Deshalb wurden zwei Betten für die Nonnen hergerichtet.
    Beim Essen saß Conrad neben dem Jungen, der schweigsam, aber laut schlürfend aß.
    Die Dominikaner unterhielten sich mit der Äbtissin.
    »Ihr habt zuvor erwähnt, dass nun elf Frauen in Eurem Kloster wohnen? Habt Ihr Neuzugang bekommen?«, fragte einer der Mönche.
    »Ja, seit einigen Wochen lebte eine Frau bei uns, die über erstaunlich viel Wissen über die Heilkunst verfügt«, sagte Carmela begeistert. »Sie stammt aus …«
    Die Äbtissin hielt inne, um zu überlegen. Der Name der Stadt wollte ihr nicht einfallen.
    Da meldete sich Bonifàcio zu Wort und sagte: »Prag!« Die Äbtissin lobte ihn, als hätte er einen schwierigen, lateinischen Vers aufgesagt, und der Junge freute sich riesig.
    »Was hast du eben gesagt?«, fragte Conrad leise. Er legte seinen Löffel zur Seite und starrte den Jungen fassungslos an.
    »Habe ich einen falschen Namen genannt?«, fragte Bonifàcio. Augenblicklich erlosch die Freude in seinem Gesicht. »Ich kann mir Städtenamen nicht merken, aber dieser war so kurz, und deshalb …«
    »Du hast ihn dir ganz richtig gemerkt«, mischte sich Carmela ein und beruhigte den Jungen.
    »Die Stadt, aus der die junge Frau stammt, heißt Prag. Ich konnte mir den Namen nicht merken, aber du hast ihn ganz wundervoll im Gedächtnis behalten. Danke.«
    Nun richtete Bonifàcio sich stolz auf und grinste in die Runde.
    Alle lächelten, nur Conrad schenkte ihm keine Beachtung.
    »Wie heißt die junge Frau?«, fragte er und versuchte seine Nervosität zu unterdrücken.
    »Warum fragt Ihr?«, wollte Carmela wissen. Erst jetzt sah sie Conrad zum ersten Mal richtig an. Sie blinzelte und schien zu überlegen.
    »Heißt die Frau Jana Jeschek?«, fragte Conrad. Seine Ungeduld wuchs.
    Carmela nickte.
    »Dann müsst Ihr …« Die Äbtissin schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn.
    »Nein, wie blind kann man nur sein. Bruder Hugo hat Euch vorgestellt. Euer Name ist Conrad Pfeiffer. Ihr seid DER CONRAD!«
    Bruder Hugo warf einen fragenden Blick in die Runde.
    »Würdet Ihr uns aufklären?«, fragte er neugierig.
    »Jana war meine Verlobte«, sagte Conrad. »Bevor sie …«, es fiel ihm schwer, die Worte auszusprechen. »Bevor sie einen anderen heiratete.«
    »Jana ist verheiratet?«, fragte Schwester Carmela erstaunt. »Davon hat sie gar nichts erzählt.«
    »Aber sie ist … doch … mit einem … Mann unterwegs«, stammelte Conrad.
    Die Äbtissin schüttelte den Kopf: »Ihr verwechselt da etwas. Der Mann ist verheiratet, nicht aber Jana. Sie wohnt nun bei uns, während Master Walton sich auf den Weg zurück zu seiner Frau und seinen Kindern gemacht hat. Er will den Engländern Xocolat und Cacixanatl bringen.«
    In Conrads Ohren rauschte es, sein Kopf war mit einem Mal so voll, dass er zu platzen drohte. Vor allem aber meinte er vor Erleichterung und Glück zu zerspringen. Wie hatte er nur so dumm sein können? Natürlich hatte Jana nicht geheiratet.
    »Wie weit ist Euer Kloster von hier entfernt?«, fragte Conrad. Er stand auf, um sich sofort auf den Weg zu machen. Sein Löffel fiel auf den Boden, und Bonifàcio bückte sich, um ihn aufzuheben.
    »Setzt Euch wieder«, sagte Bruder Lopez. »Es ist draußen stockdunkel. Wenn Ihr jetzt losreitet, brecht Ihr Euch den Hals, und wir verlieren einen hervorragenden Arzt.«
    Schwester Carmela pickte die letzten Krümel mit dem Zeigefinger auf und steckte ihn in den Mund. »Ich denke, das werdet Ihr auch so. Und ich werde eine wundervolle Apothekerin verlieren.«
    Conrad verbrachte eine schlaflose Nacht. Unruhig wälzte er sich hin und her, machte aber kein Auge zu. Der Gedanke, dass Jana ganz in der Nähe lebte und sich vielleicht ebenso nach ihm verzehrte wie er sich nach ihr, wühlte ihn auf. Als vor dem Fenster die ersten grauen Schwaden den anbrechenden Tag ankündigten, sprang er auf und machte sich fertig. Er war den Nonnen dankbar, dass auch sie früh aufbrechen wollten. Noch bevor die Sonne vollständig aufgegangen war, saßen alle drei auf Lamas und ritten in Richtung Zipaquirà. Bruder
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