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Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Beate Maly
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alle stimmten oder ob er damit bloß Eindruck schinden und Angst einflößen wollte.
    »Ihr scheint Euch auf die Fahrt zu freuen«, sagte Jana.
    Servante wandte sich ihr zu, er stand nun eindeutig zu nah bei ihr. Er grinste: »Ich freue mich, weil es meine letzte Fahrt sein wird.«
    »Ihr habt vor, in Amerika zu bleiben?«
    Servante schüttelte den Kopf: »Nein, ich bleibe auf einer der wundervollen Inseln in der Karibik. Goldene Sandstrände, keine Winter mit Schnee und Eis, sondern immer Wärme und Sonnenschein. Früchte, von denen selbst die Menschen hier auf Gran Canaria bloß träumen können, und Frauen mit schwarzem, seidenem Haar, bronzefarbener Haut und Rundungen, wie jeder Mann sie sich erträumt.« Bei der letzten Bemerkung starrte er einen Augenblick zu lang auf Janas Busen, und sie errötete. Unangenehm berührt trat sie zu Conrad, der scheinbar nichts von der Unterhaltung mitbekam. Er blickte aufs Meer hinaus und kaute immer noch an dem Fisch, der in seinem Mund mehr statt weniger zu werden schien.
    »Das klingt sehr vielversprechend«, sagte Jana leise.
    »Ich nehme an, Ihr wollt nicht auf Trinidad bleiben, sondern werdet weiter zum Festland reisen und dort Euer Glück versuchen?« Der Lotse sah Jana fragend an.
    Sie nickte bloß.
    »Es gibt tausend Möglichkeiten, in Amerika reich zu werden. Europäer besitzen Silberminen, Zuckerrohrplantagen, Bergwerke …«
    »Ich will nicht reich werden«, murmelte Conrad und überraschte Jana mit diesem Beleg, dass er dem Gespräch doch zugehört hatte.
    Servante lachte, er hielt Conrads Bemerkung für einen Scherz.
    »Die meisten Menschen, die ich bisher kennengelernt habe, sind nach Amerika gereist, weil sie sich Reichtum erhofften.«
    »Wir segeln nach Amerika, weil mein Onkel dort eine Silbermine besitzt. Er braucht unsere Hilfe«, log Jana, ohne mit der Wimper zu zucken. Sie wollte Servantes Neugier ein für alle Mal beenden. Aber der Lotse fragte weiter: »Wo befindet sich die Mine?«
    »In der Nähe von Barinas!« Wenn die Situation es erforderte, konnte Jana eine hervorragende Lügnerin sein. Nun drehte Conrad sich zu ihr um und sah sie belustigt an. Servante bemerkte es nicht und glaubte Janas Geschichte.
    »Barinas«, wiederholte er. Vor seinem inneren Auge schien eine Landkarte aufzutauchen. »Wir landen auf Trinidad, danach habt Ihr noch eine weite Reise vor Euch.«
    »Wie viele Menschen können auf der Santa Lucia transportiert werden?«, fragte Conrad. Jana war sich sicher, dass er versuchte, das Interesse des Lotsen in eine andere Richtung zu lenken.
    Seine Rechnung ging auf. Servante antwortete wichtig: »Eine Nao wie die Santa Lucia ist in etwa 27 Meter lang und 9 Meter breit. Für gewöhnlich haben darauf vierzig Seeleute Platz.«
    »Was meint Ihr mit ›gewöhnlich‹?«, hakte Conrad nach.
    »Diesmal werden es nur dreißig Seeleute sein, zwei Passagiere.« Er sah zuerst zu Jana, dann zu Conrad und ergänzte: »Und zwanzig Sklaven.«
    »Das sind zwölf Menschen mehr als sonst«, schoss es aus Conrad heraus.
    »Statt der Menschen transportieren wir sonst Vieh«, erwiderte Servante vorsichtig.
    »Vieh, das Ihr in die Neue Welt bringt, oder Vieh, das während der Überfahrt gegessen wird?«
    »Beides«, antwortete Servante ehrlich.
    »Aber wie kann ein Schiff der Größe der Santa Lucia mit nur dreißig Seemännern gesteuert werden? Noch dazu, wenn deutlich weniger Lebensmittel, dafür aber mehr Esser an Bord sind?«, fragte Conrad.
    Der Lotse zuckte mit den Schultern. »Kapitän Valdiva will sich eben ein gutes Geschäft nicht entgehen lassen. Billige Arbeitskräfte sind in der Neuen Welt rar. Die Konquistadoren haben in den letzten hundertfünfzig Jahren einen Großteil der Ureinwohner ausgerottet, und wen sie nicht erschlagen haben, den haben die Pocken erwischt. Jetzt fehlen den reichen Plantagenbesitzern die Männer, die ihnen das Zuckerrohr schneiden. Deshalb holen sie Schwarze aus Afrika. Mittlerweile ist ein guter Sklave so wertvoll wie ein Pferd.«
    Jana gefiel der Vergleich nicht, behielt ihre Meinung aber für sich.
    »Den Silberminenbesitzern geht es genauso. Die brauchen auch starke Männer, die ihnen die Edelmetalle aus den Bergen klopfen. Ihr könntet Euren Onkel überraschen und ihm einen kräftigen Sklaven mitbringen.«
    »Einen Menschen als Geschenk?«, fragte Conrad entsetzt. Es fiel ihm sichtlich schwer, seine Meinung für sich zu behalten.
    »Ihr werdet doch nicht glauben, dass der Onkel Eurer Frau ohne Sklaven arbeitet?«
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