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Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten
Autoren: Janny Wurts
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zuckte der Ruderer zurück, den Arm bis auf den Knochen aufgeschlitzt.
    »Bei Ath, es ist ein Karthaner!« brüllte jemand.
    Verwirrung brach unter den Seeleuten in dem Beiboot aus. Dann aber erhoben die Matrosen an Backbord, die nahe genug an dem Fremden waren, ihre Ruder und ließen sie wie Knüppel auf den Schädel des feindlichen Seefahrers niedergehen. Blut spritzte aus seiner Nase und seinem Mund. Schwer an der Schulter getroffen lockerte sich sein Griff, und der Dolch fiel aufblitzend in die Tiefe der See. Ohne auch nur noch einen letzten Fluch ausstoßen zu können, versank der Mann, geschlagen und am Ende im mörderischen Haß des Feindes ertränkt.
    »An die Ruder!« bellte der Bootsmann auf dem wild schaukelnden Ruderboot. Die Männer sanken murrend auf die Ruderbänke, während das salzige Wasser die scharlachroten Flecken von den Ruderblättern spülte. Zu müde, ein Wort zu sagen, warf der Kommandant seinem verwundeten Ruderer ein Tuch zu. Dann deutete er auf den Bewußtlosen im Wasser, der noch immer an den Planken hing. Inzwischen hatten sich die Rauchschwaden gelichtet, und der Bootsmann konnte sehen, daß der karthanische Hund noch atmete. »Holt ihn an Bord. Der König wird ihn befragen wollen, also behandelt ihn mit Umsicht.«
    Seeleute im Dienste des Piratenkönigs begaben sich üblicherweise nicht freiwillig in die Hand des Feindes. Während der Verwundete im Heck sein Handgelenk verband, gingen die anderen Matrosen besonnen daran, ihre Aufgabe zu erfüllen. Vorsichtig zogen Amroths Männer das überlebende Mannschaftsmitglied des karthanischen Zweimasters aus der See und legten den Mann mit dem Gesicht nach unten auf die Planken. Angewidert betrachtete der Bootsmann seinen Fang. Barfuß, schmächtig und in die Flickentunika eines Matrosen gekleidet, machte der Mann keinen besonderen Eindruck. Nur der Silberring an seiner linken Hand verdiente eine gewisse Aufmerksamkeit, und nach den vielen Stunden undankbarer Arbeit verlangte es die Ruderer nach einer Belohnung für ihre Mühen.
    »Kriegsbeute«, erklärte der Bootsmann, bückte sich und griff nach dem Handgelenk des Gefangenen, um ihm den Ring von dem vom Seewasser geschwollenen Finger zu reißen.
    »Schneid ihn ab«, knurrte der Matrose mit dem aufgeschlitzten Unterarm.
    Der Kampf ließ keinen Raum für Nettigkeiten, also zog der Bootsmann sein Matrosenmesser. Er drückte die Hand des Mannes mit der Handfläche nach oben auf die Ruderbank im Heck und hob sein Messer. In diesem Moment ging ein Ruck durch das Boot, und das ersterbende Licht der Sonne fing sich in den Tiefen des Smaragdes, der in den Ring eingelassen war.
    Der Bootsmann keuchte. Er ließ das Messer fallen, als hätte er sich daran verbrannt, denn der Ring, den er hatte stehlen wollen, war nicht aus Silber, sondern aus Weißgold, und in das Juwel waren die abscheulich vertrauten Umrisse eines Leoparden eingraviert.
    »Verflucht, das ist s’Ffalenn!« Schockiert und verunsichert richtete sich der Bootsmann auf. Er hatte zugesehen, wie der Zweimaster seines Feindes in Flammen aufgegangen war, hatte den Kapitän tot auf dem Achterdeck liegen sehen; aber ein einziger Blick auf das schändliche, schwarze Haar, von dem Wasser in die Bilge tropfte, strafte diese Beobachtung nun Lügen. Plötzlich wurde ihm das Handgelenk und der Ring entrissen, als einer der Ruderer den Mann packte und auf den Rücken drehte.
    Unverhüllt im weichenden Tageslicht waren die klaren Züge und die gebogenen Brauen derer zu s’Ffalenn deutlich erkennbar. Jeder Irrtum war ausgeschlossen. Amroths Seeleute hatten den Herrn der Schatten gefangen – lebend.
    Angstvoll wichen die Matrosen zurück und deuteten mit den Händen Zeichen gegen das Böse an. Einer der Männer zog seinen Dolch.
    »Halt!« Der Bootsmann konzentrierte sich auf die Logik, um seine eigenen gespannten Nerven zu beruhigen. »Der Zauberer ist jetzt völlig harmlos, sonst wären wir längst tot. Vergeßt nicht, lebend wird er uns eine hohe Belohnung einbringen.«
    Die Männer reagierten nicht. Angespannt und furchtsam traten sie von einem Fuß auf den anderen. Jemand sprach einen Bann gegen Dämonen, und ein zweiter Dolch glitt aus seiner Scheide.
    Der Bootsmann griff nach einem Ruder und schlug es zwischen dem Gefangenen und seinen Matrosen auf die Ruderbank. »Idioten! Wollt ihr dem Glück ins Gesicht spucken? Tötet ihn, und unser Herr wird uns kein einziges Kupferstück geben.«
    Diese Worte fanden Gehör unter den Männern. Arithon
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