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Der Feuerthron

Der Feuerthron

Titel: Der Feuerthron
Autoren: Carl Hanser Verlag
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der einen Hand Timpo streichelte und mit der anderen eine Wiege schaukelte. Der stolze Gesichtsausdruck von Hannez, der sich gerade mit Hemor und dem Gelondaner Thalan unterhielt, verriet Mera, dass es in ein paar Jahren ein Geschwisterchen für sie geben würde. Darüber freute sie sich, denn nun brauchte sie sich keine Sorgen mehr zu machen, dass ihre Mutter den Gasthof eines Tages in fremde Hände würde geben müssen.
    Als sie den Blick über die Leute in der Gaststube wandern ließ, wirkten alle zufrieden. Nur ihre Mutter seufzte leise. »Schade, dass Mera so weit weg ist. Ich hätte ihr so gerne die Kleine gezeigt.«
    »Sie sieht sie«, warf Merala lächelnd ein. Sie hatte die geistige Präsenz ihrer Enkelin bereits gespürt, während Meraneh sie erst auf ihre Worte hin wahrnahm. Beide winkten und brachten auch die anderen einschließlich der Königin dazu, dasselbe zu tun.
    Nun drehte sich auch der Schankbursche um. Mera erkannte ihn und schluckte, denn es handelte sich um den früheren Steuerschätzer Berrell, der sich während der gurrländischen Besetzung der Insel dem neuen Herrn angedient hatte. Nicht wenige hatten ihn nach der Befreiung hängen sehen wollen. Doch die Königin hatte ihre Rückkehr nicht mit Blutvergießen beginnen wollen und den Mann zu Zwangsarbeit begnadigt. Hemor war schließlich auf den Gedanken gekommen, ihn Meraneh und Hannez als Schankburschen zu überlassen. Zu Beginn hatten die Fischer ihnverspottet, und er hatte so manchen derben Rempler hinnehmen müssen. Inzwischen aber hatten sich alle an ihn gewöhnt, und er erhielt sogar Trinkgeld. Auch jetzt gerade kassierte er wieder und nahm die Ringe, die Meraneh ihm reichte, mit einem zufriedenen Grinsen entgegen.
    Mera und Girdhan konnten seine Gedanken lesen und sahen sich kopfschüttelnd an. In einigen Jahren würde ihn die Königin im Rahmen einer allgemeinen Amnestie begnadigen, und bis dahin hatte er genug gespart, um auf einer der kleineren Inseln eine Schänke aufmachen zu können.
    »So einer fällt wohl auch immer auf die Beine«, stellte Girdhan fest.
    »Er hat Mama eben um zwei Kupferringe betrogen!« Mera hörte sich genauso empört an wie früher, als sie die Krüge im alten »Blauen Fisch« noch selbst ausgewaschen und gefüllt hatte. Am liebsten hätte sie Berrell mit den Kräften des Feuerthrons gepackt und kräftig gebeutelt. Girdhans Hand, die sich mit festem Griff um ihre Rechte schloss, verhinderte es jedoch.
    »Lass ihn! So schlimm ist diese Sünde nicht. Denke immer daran, dass der Thron deine eigenen Gefühle verstärkt. Wenn du heute Berrell wegen ein paar Ringen bestrafst, wirst du es morgen bei anderen Leuten in weitaus größerem Maße tun.«
    »Du hast recht. Aber ganz ungeschoren lasse ich ihn nicht davonkommen.« Mera stellte Berrell geistig ein Bein und sah zufrieden zu, wie er unter dem Gelächter der anderen stolperte und zu Boden fiel.
    Mera war traurig, weil sie selbst nicht dort sein konnte, setzte nach kurzem Zögern aber die geistige Reise mit Girdhan fort. Sie sahen Kip, der tatsächlich Admiral geworden war, wenn auch nicht in der gurrländischen, sondern in der ilyndhirischen Flotte. Er stand auf dem Achterdeck seines Flaggschiffs und trieb seine Offiziere und Matrosen mit den kernigen Ausdrücken an, die er während seiner Jahre auf Gurrland gelernt hatte.
    Weiter führte ihr Weg nach Südosten, und schon bald lag Runia unter ihnen. Der weißmagische Schirm schützte die Insel noch immer, und Girdhan wollte diesen Frieden nicht stören. Mera hüllte ihn und sich jedoch in blaue Abschirmmagie und sank tiefer. Sie sahen den Heiligen Baum der Runi in voller Blüte stehen und dachten, dass sich in den nächsten Jahren wohl etliche Runifrauen mit ihren Neugeborenen in ihren Bäumen einspinnen würden, um die ersten Jahre mit ihnen allein zu verbringen und sie auf das Leben in der Gemeinschaft vorzubereiten.
    »Hekendialondilan wird ihre Einmaligkeit verlieren, doch ich glaube, es wird ihr gefallen, Spielkameraden zu bekommen.« Noch während sie es sagte, entdeckte Mera ihre Runifreundin und winkte ihr geistig zu. Hekendialondilan drehte sich überrascht um und grüßte dann zurück.
    »Sie sieht um keinen Tag älter aus als damals. Na ja, bei jemand, der dreihundert Jahre alt werden musste, um wie eine Zehnjährige auszusehen, ist das kein Wunder.« Girdhan lachte darüber wie früher über einen der schlechten Witze von Kip und wollte den geistigen Ausflug über die Inseln damit
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