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Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt? (German Edition)

Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt? (German Edition)

Titel: Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt? (German Edition)
Autoren: Michaela Huber
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Nur wer von anderen lernt, wie sich Sicherheit, Unterstützung, Mitgefühl und Akzeptanz in möglichst allen, auch den dunkelsten Bereichen der eigenen Persönlichkeit anfühlen, wird lernen, sich selbst entsprechend zu behandeln – und eigene Schutzbefohlene ebenfalls. Und doch gibt es in manchen Menschen etwas, das mich stets aufs Neue wundert: Sie haben Liebe nicht kennengelernt – aber sie sind liebesfähig. Sie sind bereit, sich auf einen anderen Menschen fürsorglich und achtsam und neugierig einzulassen – obwohl sie grausam und verroht behandelt worden sind. Allerdings: Das Sich-Einlassen ist das eine – das Verinnerlichen das andere. Viele sind freundlich zu anderen, aber nach innen zerquält von Süchten, Selbsthass und Todesgedanken. Um das innere „Heilewachsen“, wie es einmal eine meiner Klientinnen ausgedrückt hat, zu befördern, braucht es ein liebevolles und das Lernen förderndes Gegenüber. Ein Gegenüber, das zudem eine gewisse Kompetenz haben sollte, sich mit einem Menschen unterstützend zu beschäftigen, der vielleicht nicht „eins“ ist mit sich und in sich. Sondern vieles. Oder Viele. Vielleicht lässt sich diese Kompetenz nicht nur in Studien und Selbsterfahrung erwerben, sondern nur dann, wenn wir offen sind für das Anderssein in anderen Menschen. Wenn wir uns überraschen lassen können. Wenn wir Abschied nehmen von der Vorstellung eines hermetisch geschlossenen Welt- und Persönlichkeitsbildes.
    Mit der buchstäblichen Vielfalt in Menschen in der Extremform einer multiplen Persönlichkeit – heute als dissoziative Identität bezeichnet – habe ich mich seit Jahrzehnten intensiv beschäftigt. Ganz besonders sie, die von frühester Kindheit an in der Regel Vernachlässigung und Gewalt in vielfältigster Form erlebt haben, zeigen uns, was ein Gehirn, was ein Körper schaffen kann, um auch unter unwürdigsten und krankhaftesten Bedingungen zu überleben. Und sie zeigen uns, was alles möglich ist, wenn man versucht, mehr zu tun als zu überleben und fragmentiert zu bleiben. Wenn man „heilewachsen“ will. Wenn man sich aussetzt, ein letztes Mal vielleicht sich aussetzt einer Erfahrung, die „Nachreifen“ und Persönlichkeitswachstum bedeuten können. Von ihnen will ich natürlich besonders erzählen; aber auch von vielen anderen, die nicht ganz so fragmentiert, aber doch auch aufgeteilt sind in ihrem Innern, in „Hell“ und „Dunkel“, in „Gut“ und „Böse“, in Opferanteile und dem, was sie aufnehmen mussten vom Täter oder der Täterin, einfach weil sie ihm oder ihr ausgesetzt waren.

    „Der Feind im Innern“ – diesen Buchtitel trage ich seit vielen Jahren mit mir herum, und er passt vielleicht heute so gut wie nie zuvor, denn wir alle haben nicht nur unseren inneren Feind in unserer Seele, sondern auch in unseren Gesellschaften Feinde, die uns verbrecherisch behandeln (könnten) – und nicht alle diese Feinde werden vor Gericht landen. Das Buch erzählt davon, wie man vielleicht den eigenen inneren destruktiven Impulsen und Anteilen die Hand hinstrecken sollte, um eine Chance zu bekommen, ihnen nicht länger hilflos ausgesetzt zu sein. Nur schafft man das so schlecht bzw. fast gar nicht allein. Sondern man braucht die Hilfe und Unterstützung mindestens eines außen stehenden Menschen, der dieses „Den-‚bösen‘-Anteilen-die-Hand-Hinstrecken“ anfangs übernimmt, als Vorbild, als Beispiel, wie es gehen könnte. Wenn das nicht ein Elternteil sein kann – wer kann es dann übernehmen? Mit Mitgefühl der „bösen“ Erfahrung und allen ihren inneren Repräsentanten zu begegnen ist der Schlüssel zur Veränderung. Davon vor allem wird das Buch erzählen, denn es präsentiert nicht nur Studienergebnisse, sondern Menschen, die sich engagieren – für sich selbst und für andere. Sie finden hier Gespräche mit Opfern und Tätern, mit Kindertherapeuten und forensischen Psychiatern, mit Frauen und Männern, die eins verbindet: Sie lassen sich auf ihre Arbeit an sich selbst und die Arbeit mit ihren Schutzbefohlenen ein. Auch wenn diese Arbeit nicht selten schmerzhaft sein kann – sie ist auch sehr befriedigend und vermittelt allen Beteiligten das Gefühl, etwas zu tun, das zutiefst sinnvoll ist und über die eigene Biografie hinausreicht.
    In Rom, Tessin, Stockholm, Karlshamn und Göttingen ist die Endfassung dieses Buches entstanden. Überall bin ich freundlichen GastgeberInnen begegnet, denen ich herzlich für die Überlassung ihrer Wohnungen und Häuser
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