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Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)
Autoren: Sergej Lukianenko
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fragt Dibenko, ohne die Finger von der Tastatur zu lösen.
    »Ich bin immerhin ein Diver.«
    »Dann zeig mir mal das Loch, durch das du geschlüpft bist!«
    »Ich habe es bereits gestopft. Du brauchst keine Angst zu haben. Es ist alles vorbei. Der Dark Diver wird dich nicht länger verfolgen. Und er wird auch dein neues Programm nicht verbreiten. «
    »Hast du ihn getötet?«
    Ich habe nicht das Recht, ihn zu verurteilen. Die Erleichterung in seiner Stimme jedoch wird für immer verhindern, dass wir Freunde werden.
    »Ich bin mit ihm fertig geworden«, weiche ich einer Antwort aus. »Du bist ziemlich zugemauert.«
    Dibenko sieht mich verständnislos an. Ihm ist schleierhaft, wie ich das Leben und ein Spiel miteinander vergleichen kann.
    »Und du bist sicher, Leonid?«
    »Ja.«
    Dibenko denkt kurz nach. »Gut«, sagt er schließlich. »Ich glaube dir. Wir hatten eine Abmachung unter Gentlemen, und ich werde mein Wort …«
    Er zückt sein Scheckheft, unterschreibt einen Scheck und überlegt.
    »Das ist nicht nötig.«
    »Ich soll die Summe nicht eintragen? Komm schon, Leonid, so läuft das nur in billigen Actionfilmen.«
    »Du kannst den Scheck vergessen. Ich würde ihn sowieso nicht annehmen. Und ich brauche ihn auch nicht. Ich meine, falls es mir in den Sinn kommen sollte, mir dein Geld auszahlen zu lassen. Aber das wird mir wohl nicht in den Sinn kommen. «
    »Warum willst du den Scheck nicht?« Dibenko ist aufrichtig erstaunt. »Immerhin habe ich dich um Hilfe gebeten und dir eine Belohnung versprochen.«
    »Das war meine persönliche kleine Angelegenheit.«
    »Okay.« Dibenko klappt das Scheckheft zu und macht es sich in seinem Sessel bequem. »Dann will ich dir wenigstens meinen Dank aussprechen. Nach Einzelheiten werde ich dich nicht fragen. Bist du gekommen, um mir diese Neuigkeit mitzuteilen? «
    »Nicht nur deswegen. Dmitri, was hast du mit Artificial nature vor?«
    »Du hast dir das Programm also angesehen? Wir werden es noch eine Weile testen. Und etwa in einem halben Jahr wird das Programm dann der Öffentlichkeit vorgestellt und auf den Markt gebracht.«
    »Bist du sicher, dass dieser Schritt nötig ist?«
    Ich setze mich Dibenko gegenüber an den Tisch und sehe ihn an. »Dmitri, glaubst du wirklich, dass unsere Spiegelbilder besser sein werden als wir? Und dass sie sich freuen werden, in einer gezeichneten Welt zu leben? Wenn sie nicht durch das Deep-Programm aufgepeppt ist? Wenn sie keine Chance haben, ins echte Leben zu wechseln?«
    »Es wird von jedem selbst abhängen, wie sein Spiegelbild ist. Und ob sie sich freuen werden, wird sich herausstellen. Jedes Leben ist besser als das Nichts, meinst du nicht auch?«
    Der Dark Diver in mir frohlockt, ich schüttle den Kopf. »Dmitri, das ist kein Auftritt vor der Presse. Mich interessiert deine ganz persönliche Meinung.«
    »Also, Leonid! … Ach, zum Teufel mit dir!« Er weicht meinem Blick aus. »Ich weiß es nicht! Auf keine der beiden Fragen kann ich dir eine Antwort geben. Aber irgendjemand sollte sie wohl suchen, diese Antworten, oder?«
    »Ja, das sollte jemand tun. Deshalb habe ich mich der Sache angenommen. Und ich kann dir sagen, dass die Antwort auf beide Fragen nein lautet.«
    »Leonid, die Zeit, in der ich noch etwas zu entscheiden habe, ist längst vorbei. Endgültig. Die Maschine ist ins Rollen gekommen. Ich kann sie bremsen oder beschleunigen. Aber ich kann sie unter keinen Umständen mehr anhalten. Das Programm kommt auf den Markt. So geht’s nun einmal zu im Geschäftsleben. Vor allem, wenn es ums Big Business mit dem großen Geld geht. Kindereien wie der Orden der Allmächtigkeit gehören der Vergangenheit an. Heute sitzen mir meine Geschäftspartner im Nacken, nehmen mir meine Konkurrenten die Luft zum Atmen. Das Geld ist investiert, das Programm fertig. Und deshalb kommt es auch auf den Markt.«
    »Verstehe. Aber einen Rat möchte ich dir geben. Versprich den Leuten nicht zu viel.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Preise Artificial nature als benutzerfreundlichstes Interface für die Tiefe an! Als Programm mit KI-Elementen. Als sicheren Schutz gegen eine psychotropische virtuelle Waffe. Von mir aus auch als System zur Prognostizierung! Aber verliere kein Wort darüber, dass dieses Programm imstande ist, eine eigene Intelligenz hervorzubringen. Da würde man dich nur auslachen!«
    Er sieht mich schweigend an. Und da füge ich hinzu – wobei meine Bosheit wohl auf das Konto des Dark Divers geht, auf seinen Schmerz und seine Einsamkeit
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