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Der falsche Freund

Titel: Der falsche Freund
Autoren: Nicci French
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ich hatten uns nach einem Riesenkrach getrennt, außerdem lebte er inzwischen mit Cleo zusammen. Die Beziehung mit Paul hatte etwa ein Jahr gedauert, und bestimmt waren er und Kerry sich ein- oder zweimal über den Weg gelaufen. Alles Weitere waren uralte Geschichten. Natürlich hatte es am College ein paar Techtelmechtel gegeben, aber zu der Zeit hatte ich zu Kerry fast keinen Kontakt gehabt. Ich versuchte mir vorzustellen, welch unglaublicher Zufall meine Schwester mit einem Mann aus meiner fernen Vergangenheit zusammengebracht haben könnte, beispielsweise mit Rob. Damals waren die beiden sich nie begegnet, oder doch? Womöglich musste ich ja noch weiter zurückgehen, in die Urvergangenheit meiner Schulzeit. Tom kam mir in den Sinn. Das musste es sein. Vielleicht war sie auf einem Schultreffen gewesen …
    »Es ist Brendan«, sagte sie. »Brendan Block.«
    »Was? Was meinst du?«
    »Ist das nicht erstaunlich? Er wird gleich kommen. Er hat gesagt, er fände es gut, wenn wir drei uns zusammensetzen würden.«
    »Das kann nicht sein«, sagte ich.
    »Ich weiß, dass es dir ein bisschen seltsam vorkommen muss

    …«
    »Wo habt ihr euch kennen gelernt?«
    »Das erzähle ich dir gleich«, antwortete sie. »Ich werde dir alles ganz genau berichten. Aber bevor Bren kommt, wollte ich dir noch schnell etwas anderes sagen.«
    »Bren?«
    »Meine schöne Miranda, ich möchte, dass du weißt, dass Bren mir alles erzählt hat. Ich hoffe, das ist dir nicht peinlich.«
    »Was?«
    Kerry beugte sich über den Tisch und legte die Hände auf meine. Aus ihren großen Augen sprach Mitgefühl.
    »Miranda, ich weiß, dass eure Trennung sehr schmerzhaft für dich war.« Sie holte tief Luft und drückte meine Hände. »Ich weiß, dass Bren mit dir Schluss gemacht hat. Er hat mir erzählt, wie durcheinander du warst, wie wütend und verletzt. Aber er hofft, dass du inzwischen darüber hinweg bist. Er selbst hat kein Problem damit.«
    »Er sagt, er hat kein Problem damit?«
    In dem Moment betrat Brendan Block das Restaurant.

    3. KAPITEL
    Kerry ging Brendan entgegen. Sie trafen sich in der Mitte des Raums, und Brendan beugte sich zu ihr hinunter und küsste sie innig auf den Mund. Kerry, die neben seiner großen, mächtigen Gestalt sehr klein und zierlich wirkte, schloss für einen Moment die Augen. Dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen und flüsterte ihm etwas ins Ohr, woraufhin er nickte und mit leicht schräg gelegtem Kopf zu mir herübersah, den Anflug eines Lächelns auf den Lippen. Er begrüßte mich, indem er ein weiteres Mal nickte, und kam dann mit ausgestreckten Armen auf mich zu. Ich wusste nicht so recht, was ich tun sollte.
    Zögernd erhob ich mich halb von meinem Stuhl, sodass ich, als er mich erreichte, in einer ziemlich lächerlichen Haltung über dem Tisch hing, den Stuhl in den Kniekehlen.
    »Miranda«, sagte er, legte die Hände fest auf meine Schultern, wodurch meine Haltung noch ein wenig gebückter wurde, und blickte mir tief in die Augen. »Oh, Miranda.«
    Er beugte sich zu mir herunter, um mir einen Kuss auf die Wange zu drücken, kam dabei aber meinem Mund viel zu nahe.
    Inzwischen war es Kerry gelungen, den Arm um Brendans Taille zu schlingen. Sie beugte sich ebenfalls zu mir herunter, und einen schrecklichen Moment lang waren unsere Gesichter nur ein paar Zentimeter voneinander entfernt, sodass ich den Schweiß in der Vertiefung über Brendans Oberlippe ebenso deutlich sehen konnte wie die kleine Narbe in Kerrys Augenbraue, wo ich sie mit einem Plastikspaten getroffen hatte, als ich vier und sie sechs war. Außerdem konnte ich seine Seife und ihr Parfüm riechen und noch einen anderen, leicht säuerlichen Geruch, der zwischen uns in der Luft hing. Ich wand mich aus Brendans Griff und sank erleichtert zurück auf meinen Stuhl.

    »Dann hat Kerry es dir also schon gesagt?« Inzwischen hatte er sich zwischen mir und Kerry niedergelassen, sodass wir zu dritt nur einen kleinen Teil des Tisches in Anspruch nahmen und so dicht nebeneinander saßen, dass unsere Knie sich berührten.
    Während er sprach, legte er eine Hand auf Kerrys Oberschenkel, und sie blickte mit ihren leuchtenden Augen zu ihm auf.
    »Ja. Aber ich …«
    »Und es ist wirklich in Ordnung?«
    »Wieso sollte es nicht in Ordnung sein?« Ich hörte selbst, wie genervt und angespannt ich klang. Jeder Mensch auf dieser Welt wäre in einer solchen Situation ein wenig genervt und angespannt gewesen. Ich sah die beiden einen Blick wechseln.
    »Wirklich, ich
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