Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)

Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)

Titel: Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)
Autoren: Stuart MacBride
Vom Netzwerk:
wippte, als sie den Kopf schüttelte. »Sehen Sie mal …« Sie hakte den Zeigefinger in den Mundwinkel des Mannes und zog die Oberlippe hoch, um die Zähne freizulegen, zwischen denen noch der Beatmungsschlauch steckte. »Schneidezähne, Eckzähne und vordere Backenzähne sind abgesplittert, aber Nase und Kinn sind unversehrt. Ein Schlag oder ein Aufprall hätte Verletzungen an den Innenseiten der Lippen bewirkt. Er hat auf irgendwas gebissen …« Sie strich mit den Fingerspitzen über die Wange des Toten. »Sieht nach einer Art Knebel aus; man kann gerade so die Abdrücke auf der Haut erkennen.« Logan überlief es eiskalt.
    »Sind Sie sicher?«
    »Jep. Und der Körper ist mit winzigen Verbrennungen übersät. Sehen Sie?« Kleine, kreisförmige rote Flecken entzündeter Haut, manche mit gelblich verfärbten Blasen in der Mitte. O Gott.
    »Was noch?«
    »Hautabschürfungen, Blutergüsse … Ich würde sagen, jemand hat ihn ein bisschen in die Mangel genommen … Da sind noch weitere Male an den Handgelenken, als wäre er irgendwo festgebunden worden. Für ein Seil ist es zu dick. Ein Gürtel? So was in der Art.«
    Das hatte Logan gerade noch gefehlt: schon wieder ein Toter, der gefesselt und gefoltert worden war. Er wollte gerade fragen, ob irgendwelche Fingerglieder fehlten, als sie ihm ein Paar Handschuhe reichte und ihn aufforderte, ihr beim Umdrehen der Leiche zu helfen. Alles war voll mit dunklem, verklebtem Blut, vom Kreuz bis hinunter zu den Fußgelenken.
    Die Pathologieassistentin ließ den Blick langsam über die Haut des Toten wandern und fand dabei weitere Verbrennungen und Prellungen, die sie Logan zeigte. Mit einem klebrigen Klettverschluss-Ratschen hebelte sie sodann die Pobacken des Toten auseinander. »Oh, verdammt!« Sie trat zurück, blinzelte und nahm das Gesäß des Mannes noch einmal genauer in Augenschein. Dr. Hook stimmte gerade If I Said You Had a Beautiful Body Would You Hold It Against Me? an. »Wenn das ein Autounfall war, dann muss jemand versucht haben, mit einem Lieferwagen in seinem Enddarm einzuparken.« Sie richtete sich auf und streifte die Latexhandschuhe ab. »Und wenn Sie noch mehr wissen wollen, dann müssen Sie einen Rechtsmediziner fragen, weil ich ihn nämlich nicht aufschneiden werde, um es rauszufinden.«
    Das Präsidium der Grampian Police war nicht das attraktivste Gebäude in Aberdeen: ein siebenstöckiger Block mit Querstreifen aus dunkelgrauem Beton und Glas – wie ein hässlicher Lakritzwürfel. Das fahlgelbe Licht der Straßenlaternen konnte den Gesamteindruck auch nicht retten.
    Aus der Eingangshalle drang lautstarkes, empörtes Geschimpfe, also beschloss Logan, einen Bogen darum zu machen. Ein Blick durch die teilverglaste Tür genügte: Eine kräftige Frau mit grauen Haaren und einem Krückstock hielt dem dicken Gary vom Empfang eine Standpauke über die Schikanen, die Vorurteile und die schiere Dummheit der Polizei. » SIE SOLLTEN SICH ALLE WAS SCHÄMEN !«, brüllte sie aus voller Lunge. Logan nahm lieber gleich die Treppe.
    In der Kantine war nicht viel los; kein Wunder, es war schließlich kurz nach Mitternacht. Nur das Klappern von Töpfen und Pfannen und das leise Gedudel eines Radios leisteten Logan Gesellschaft, als er allein an seinem Tisch saß, seine Tomatencremesuppe schlürfte und dabei nicht an das ramponierte Hinterteil des Toten in der Pathologie zu denken versuchte.
    Er war gerade fertig, als eine vertraute Gestalt leise vor sich hin brummelnd an den Tresen trat und drei Tassen Kaffee bestellte, eine mit Spucke drin. PC Jackie Watson, nicht mehr aufgebrezelt wie eine Schnepfe für ihren Einsatz als Lockvogel für den Vergewaltiger, sondern wieder in ihrer schwarzen Uniform, das Haar vorschriftsmäßig zu einem Knoten gebunden. Sie wirkte nicht sonderlich glücklich. Er schlich sich von hinten an sie heran, während sie auf den Kaffee wartete, fasste sie um die Taille und machte »Buh!«.
    Sie zuckte nicht einmal zusammen. »Ich hab dein Spiegelbild im Niesschutz gesehen.«
    »Oh … Und, wie läuft’s so?«
    Jackie starrte den kleinen alten Mann, der am Kaffeeautomaten herumwerkelte, über den Tresen hinweg an. »Wie lange dauert das denn, drei läppische Tassen Kaffee zu machen?«
    » So gut, hm?«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Mann, ich wäre ja noch schneller als der, wenn ich erst nach Brasilien schwimmen müsste, um die Bohnen zu holen!«
    Als die drei Tassen endlich kamen, begleitete Logan Jackie zurück zum Vernehmungsraum 4. »Halt mal
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher