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Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)

Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)

Titel: Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)
Autoren: Stuart MacBride
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hatte, und warf ihn in den Abfalleimer, ehe er die braune Doppeltür aufstieß und in den betäubenden Geruchscocktail aus Desinfektionsmitteln, Formalin und Tod eintauchte.
    Die Leichenhalle des Krankenhauses war wesentlich größer als die drüben im Präsidium der Grampian Police – und um einiges lebendiger. Eine kleine Stereoanlage in der Ecke beschallte den großen, braunen Saal mit Dr. Hook’s Greatest Hits , und die Musik übertönte das Gurgeln des Wassers, das im Abfluss eines der Seziertische verschwand. Eine Frau mit grüner Plastikschürze, OP-Anzug und weißen Gummistiefeln verstaute zu den Klängen von When You’re in Love with a Beautiful Woman die Organe einer alten Dame wieder dort, wo sie hergekommen waren.
    Logans unidentifizierte männliche Person lag auf dem Rücken auf einer Krankenhaus-Fahrtrage, die Augen mit Klebstreifen verschlossen, die Haut bleich wie Wachspapier. Sie hatten die ganzen Schläuche und Kabel von der OP für die unvermeidliche Obduktion im Körper stecken lassen – es sah aus, als hätten sie mittendrin aufgehört und ihn einfach vergessen. Mitte zwanzig, kurzes blondes Haar, dünn, aber muskulös, als hätte er jede freie Minute im Fitnessstudio verbracht. Unterleib und Beine waren rot verschmiert, und eine lange Reihe hastig ausgeführter Stiche zeigte, wo sie ihn wieder zusammengenäht hatten, nachdem der Chirurg schließlich die Niederlage eingestanden hatte. Tod gegen Staatlicher Gesundheitsdienst Grampian – Endstand 1:0.
    Die Frau hielt im Stopfen der alten Dame inne, hob den Kopf und sah Logans Blick auf dem nackten Körper des Mannes ruhen. »Polizei?« Logan nickte, worauf sie ihre Maske abnahm. Krauses rotes Haar quoll unter ihrer OP-Haube hervor. »Hab ich mir schon gedacht. Wir haben ihn noch nicht eingesackt.« Das war ja wohl offensichtlich. Allerdings war die Hoffnung, dass man an der Leiche noch verwertbare Spuren finden würde, eher gering, nachdem sie nacheinander in der Notaufnahme, im Behandlungsraum und schließlich im OP kontaminiert worden war.
    »Kein Problem«, sagte er. »Ich kann warten.«
    »Okay.« Sie hob den Brustkorb der alten Dame von einem Edelstahl-Rolltisch und pfriemelte ihn wieder in seine Höhle. Dann machte sie sich ans Zunähen.
    Logan sah ihr eine Weile dabei zu und fragte dann: »Wär’s vielleicht möglich, dass Sie mal einen kurzen Blick auf unseren unbekannten Toten hier werfen?«
    Sie schnaubte. »Vergessen Sie’s! Haben Sie eine Ahnung, was Ihre Majestät die Hormonzicke mit mir anstellen würde, wenn sie dahinterkäme, dass irgendeine dahergelaufene Pathologieassistentin an der Leiche rumgefummelt hat, bevor sie sie in ihre eisigen Finger gekriegt hat?«
    »Ich verlange ja keine komplette Obduktion von Ihnen, aber könnten Sie nicht, na ja …« – Achselzucken – »… mal einen Blick riskieren?« Er setzte sein gewinnendstes Lächeln auf. »Sonst müssen wir bis morgen Nachmittag warten. Je eher wir Bescheid wissen, desto schneller können wir den Kerl schnappen, der das getan hat. Kommen Sie, nur eine rasche äußere Untersuchung – kein Mensch wird davon erfahren.«
    Sie schürzte die Lippen, runzelte die Stirn, seufzte und sagte dann: »Okay. Aber wehe, Sie erzählen irgendwem, dass ich das gemacht habe – dann landen Sie in einem von diesen verdammten Kühlfächern, verstanden?«
    Logan grinste. »Meine Lippen sind versiegelt.«
    »Na schön«, erwiderte sie. »Geben Sie mir noch eine Minute, dann bin ich hier fertig, und dann sehen wir, was sich machen lässt …« Zehn Minuten später war die alte Dame fertig zugenäht und lag wieder in ihrem Kühlfach. Die Pathologieassistentin zog ein frisches Paar Handschuhe an. »Was wissen wir über ihn?«
    »Wurde vor dem Eingang der Notaufnahme aus einem Auto geschubst, eingewickelt in eine Decke.« Logan hielt die Plastiktüte voller blutbefleckter Textilien hoch, die sie ihm oben in die Hand gedrückt hatten. »Wir werden die Kleidung noch von der Spurensicherung unter die Lupe nehmen lassen, aber es könnte sich um einen Unfall mit Fahrerflucht handeln. Der Fahrer rennt auf dem Nachhauseweg irgendein armes Schwein über den Haufen, gerät in Panik, packt den Mann in den Kofferraum und lässt ihn vor dem Krankenhaus liegen.« Er sah zu, wie die Pathologieassistentin sich über den Toten beugte und das erkaltete Fleisch betastete, während sie im Takt der Musik halblaut »Unfall mit Fahrerflucht« murmelte.
    »Wohl eher nicht.« Eine verirrte orangefarbene Locke
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