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Der Erdbeerpfluecker

Der Erdbeerpfluecker

Titel: Der Erdbeerpfluecker
Autoren: Monika Feth
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noch.
    »Melzig.«
    Er hörte selbst, dass er schroff und unfreundlich klang, aber er hatte keine Lust, sich zu verstellen. Wenigstens am Samstagmorgen hätte er gern einen Hauch Privatsphäre gehabt.
    »Sagen Sie, Melzig, was lese ich da in der Zeitung?«
    Bert konnte Menschen nicht ausstehen, die sich am Telefon nicht vorstellten, die einfach losplapperten und darauf vertrauten, dass man ihre Stimme schon erkennen würde. Für einen kurzen Moment war er versucht, so zu tun, als könne er den Anrufer nicht einordnen, doch dann lieߟ er es bleiben. Er verzichtete auch auf die Antwort, die ihm auf der Zunge lag: Wenn Sie nicht wissen, was Sie lesen, wer dann?
    »Keine Ahnung, wie die davon Wind bekommen haben«, sagte er stattdessen.
    »Jemand muss aber doch...«
    »Keiner von meinen Leuten, Chef. Für die leg ich die Hand ins Feuer.«
    »Hab ich mir schon gedacht. Nur sollten Sie unbedingt rauskriegen, wer das der Presse gesteckt hat.«
    Der Chef klang bereits versöhnlicher. Er war dafür bekannt, dass er beim kleinsten Anlass explodierte, sich jedoch schnell wieder auf den Teppich bringen lieߟ.
    »Kann einer von den Kollegen aus Norddeutschland gewesen sein«, sagte Bert. »Oder die Angehörigen des Opfers, die Familie Redleff. Sie wissen ja, wie die belagert worden sind.«
    Er konnte spüren, wie der Chef nickte. Konnte sehen, wie sich sein Doppelkinn über den engen Hemdenkragen schob und bei jeder Bewegung erzitterte. Falls der Chef schon am frühen Samstagmorgen ein Hemd trug. Alles wusste man nicht voneinander und das war gut so.
    »Und sonst, Melzig?«
    Diese Frage leitete immer zum normalen Alltag zurück.
    »Alles prima, Chef. Kann nicht klagen.«
    Die Antwort war, wie die Frage, stets die gleiche.
    Wie wir miteinander umgehen, dachte Bert. Als würden wir in lauter vorgefertigten Schablonen denken und reden. Und wenn es mir wirklich mal dreckig ginge? Würde ich ihm das verraten? Oder wäre dann immer noch alles prima, könnte ich dann immer noch nicht klagen?
    »Dann bis Montag, Melzig. Und legen Sie mal einen Zacken zu.«
    Na klasse, dachte Bert, nachdem das Gespräch zu Ende war. Als ob das so einfach wäre.
    Am Montag würde er bei Redleffs nachfragen, was sie der Presse erzählt hatten. Und dann würde er sich mit der Frage beschäftigen müssen, wie die Presse davon erfahren hatte, dass auch bei den anderen Morden Halsketten im Spiel gewesen waren.
    Möglicherweise waren die Kollegen in Norddeutschland ein bisschen zu mitteilsam? Bert glaubte es nicht. Allerdings gab es immer wieder mal irgendwo eine undichte Stelle.
    Der Wind war heute ziemlich frisch. Fröstelnd zog Bert die Schultern zusammen und verschränkte die Arme vor der Brust. Irgendwo da drauߟen gab es einen Mann, dem er das Handwerk legen musste.

    Dieser Gedanke beflügelte ihn nicht, er bedrückte ihn.
     
    Als Caro wach wurde, sah sie, dass er nicht mehr neben ihr lag. Mitten in der Nacht musste er gegangen sein. Still wie ein Schatten. Unbemerkt.
    Er wollte keinen Kontakt zu Jette und Merle, das hatte er mehrmals gesagt. Noch nicht. Ebenso wenig wie zu Caros Familie. Obwohl Caro nie auf die Idee gekommen wäre, ihn ausgerechnet ihrer Familie vorzustellen.
    Bei Jette und Merle sah das anders aus. Sie waren nicht nur Freundinnen. Sie waren viel, viel mehr. Caro vertraute niemandem. Seit Jahren nicht. Bei Jette und Merle hatte sie zögernd den Anfang dazu gemacht.
    Nicht, dass er was gegen die Mädchen gehabt hätte. Es war keine persönliche Geschichte. Er wollte weder sie noch sonst wen aus Caros Leben kennen lernen.
    Noch nicht, hatte er gesagt. Später. Irgendwann.
    Sie hatte das schweren Herzens akzeptiert, denn alles war besser, als ihn zu verlieren.
    Schon bei seinem ersten Besuch in der Wohnung war Caro aufgefallen, wie sonderbar er sich verhalten hatte. Sie hatte ihm versichert, dass sie allein sein würden. Trotzdem hatte er sich, als sie die Diele betraten, vorsichtig umgesehen.
    Wie ein Tier auf dem Sprung, hatte sie gedacht. Ein Panter vielleicht. Oder ein Leopard. Wild, eigensinnig und schön.
    Sie kannten sich noch nicht lange und trafen sich viel zu selten. Er hatte kaum Zeit. Aber jedes Mal war es, als hätte der Blitz eingeschlagen.
    Nie zuvor hatte Caro allein beim Anblick eines Mannes weiche Knie bekommen. Sie hatte gedacht, so etwas käme nur in Romanen vor. Lebenshungrig war er. Ungezähmt. Nicht zurechtgeschliffen von den Jahren. Man konnte es an dem Ausdruck in seinen Augen sehen.
    Er war frei, und wenn
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