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Der Erdbeerpfluecker

Der Erdbeerpfluecker

Titel: Der Erdbeerpfluecker
Autoren: Monika Feth
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schon immer unter ihrem Mädchennamen geschrieben und ihn nach der Scheidung von meinem Vater auch offiziell wieder angenommen) nicht in Geld schwamm. Später begriffen sie dann, dass mein Stolz der Grund dafür war. Ich ertrug es nicht, mehr als nötig von meinen Eltern abhängig zu sein.
    Auf dem Weg zum Reisebüro hakte Caro sich bei mir ein. Die Ferien standen vor der Tür. Die letzten Sommerferien vor dem Abi.
    »Und wenn du doch mal vorsichtig bei Mami anfragst?« Caro sah meinen Blick und winkte ab. »War ja bloߟ€™ne Frage! Ich meine, die gute Frau weiߟ doch nicht, wohin mit der vielen Kohle, richtig?«
    »Caro, verzeih mir!« Ich blieb stehen. »Offenbar hab ich dir Unrecht getan. Du denkst ja gar nicht nur an dich. Du willst meiner Mutter nur total selbstlos helfen, ihr Geld auszugeben.«
    Caro nickte ernsthaft. »Ich kann einfach niemanden leiden sehen.«
    Wir sahen uns an und prusteten los. Es kam überhaupt nicht in Frage, dass ich meine Mutter um Geld bat, doch das musste ich Caro nicht erklären, das wusste sie.
     
    Die Tage verliefen eintönig. Das war gut für ihn. Er brauchte eine ruhige Grundlage für sein Leben. Damit er die Kontrolle behielt. So lange wie möglich.
    Seine Lust war wie ein Tier, das immer gefräߟiger wurde.
    Aber es gab Parallelen. Er dachte über die Filme nach, die er schätzte. 
Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Nosferatu. Frenzie.
 Bram Stokers 
Dracula. Das Schweigen der Lämmer. Die Nacht des Werwolfs.
 Und wie sie alle hieߟen.
    Nach jedem dieser Filme hatte er sich ein wenig verstanden gefühlt. Und irgendwie gerechtfertigt.
    Er hatte lange Zeit das Bedürfnis gehabt, mit den Regisseuren dieser Filme zu reden. Oder mit einem der Schauspieler. Doch dann hatte er eine Dokumentation über Hitchcock gesehen. Hatte den feisten, verklemmten, irgendwie ängstlich wirkenden Mann Dinge sagen hören, die ihn zutiefst enttäuscht hatten. Diesem in die Jahre gekommenen Muttersöhnchen hatte die Welt 
Frenzie
 zu verdanken?
    Und was hätte er mit Klaus Kinski anfangen sollen, der die Hauptrolle in 
Nosferatu
 gespielt hatte? Diesem selbstverliebten Gröߟenwahnsinnigen, der seine kreative Kraft am Ende damit vergeudet hatte, herumzupöbeln und sein Publikum zu provozieren?
    Aber jeder dieser Regisseure hatte ihn erkannt. Mehr als irgendjemand sonst auf der Welt. Sie hatten ihm nie gegenübergestanden und doch hatten sie mit ihren Filmen das Wesentliche in ihm getroffen, von seinen geheimsten, verborgensten ߄ngsten und Hoffnungen gewusst. Und sie auf der Leinwand umgesetzt.
    Er war altmodisch, was Filme anging, schätzte nur wenige von den modernen, überlegte genau, von welchen er sich eine Videokassette zulegte. Auf seine ganz private Sammlung war er stolz, so wie er auch auf seine ganz private Bibliothek stolz war. Dostojewskis 
Schuld und Sühne
. Mary Shelleys 
Frankenstein.
 Patrick Süskinds 
Parfum.
 Akif Pirinߧcis 
Felidae.
    Er konnte sich die Filme nicht anschauen, weil er keinen Videorekorder besaߟ. Aber die Filme musste er besitzen. Es gab ihm ein Gefühl von Zuhause, sie bei sich zu haben.
    Mit Schund gab er sich nicht ab. Er hasste die Leere, die solche Bücher oder Filme in seinem Kopf hinterlieߟen.
    Gute Bücher, schlechte Bücher. Gute Menschen, böse Menschen. Er hatte es seiner Mutter zu verdanken, dass er unterscheiden konnte zwischen Himmel und Hölle, Gott und Teufel. Seiner Mutter und ihrer jahrelangen Abwesenheit. Seine harte Kindheit hatte ihm alles beigebracht. Das Böse konnte sich verkleiden, wie es wollte, er würde es unter jeder Maske erkennen.
    Wenige Menschen waren wie er. Diese wenigen waren Künstler. Sie schrieben Bücher, malten Bilder, drehten Filme.
    Und er bewunderte sie aus der Ferne.
    Mit angemessenem Abstand.
    Sie waren wie er. Und doch ganz anders. Menschen einer höheren Sphäre. Niemals hätte er sich erdreistet, ihnen zu nahe zu kommen.
    Vielleicht war es sowieso besser, sich vor Enttäuschungen zu schützen. Möglicherweise erginge es ihm sonst mit dem einen oder andern, wie es ihm mit Hitchcock und Klaus Kinski ergangen war.
    Ihnen nicht zu nahe zu kommen, bedeutete, ihnen nah bleiben zu können. So paradox sich das auch anhörte. Er legte keinen Wert darauf, das Bild, das er sich von diesen Menschen gemacht hatte, durch irgendwas zerstören zu lassen.
    Getriebene waren sie. Besessene. Wie er.
    Sie alle wussten von den roten Träumen in der Nacht, aus denen man nur schwer erwachte. Von den glühenden
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