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Der Elfenpakt

Titel: Der Elfenpakt
Autoren: Herbie Brennan
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Weihrauchbrennschale aus Messing auf einem Dreifuß. Daneben befanden sich auf einem niedrigen Tisch eine polierte Kupferschale und zwei Phiolen, von denen die eine Gewürze enthielt und die andere eine klare Flüssigkeit. Und neben dem Tisch stand ein altmodischer Lederhocker. Auf der einen Seite ein Schrank, vielleicht ein Kleiderschrank, schwer zu sagen – das war alles, abgesehen von den Glühkugeln, die an den Dachsparren der Decke befestigt waren. Sie wirkten schmutzig und trüb.
    »Was muss ich tun?«, fragte Blue.
    Memnon war gerade dabei, die Tür abzuschließen. Er schien noch stärker beunruhigt als zuvor. »Majestät, seid Ihr sicher, dass außer Euch niemand anwesend sein soll? Eine Wache Eures Vertrauens vielleicht?«
    »Niemand«, wiederholte Blue bestimmt. Es ging nicht so sehr um die Tatsache, dass sie hier war – was sie vorhatte, verstieß nicht gegen das Gesetz –, vielmehr fürchtete sie die Möglichkeit, dass ihre Fragen und die Antworten darauf jemandem … na ja, irgendwem … zu Ohren kommen könnten. In dieser Kammer hier würde es schon bald um Staatsgeheimnisse gehen. Als sich der Gewürzmeister von der Tür abwandte, fragte sie: »Was für eine Gefahr besteht denn? Für mich, meine ich.«
    Gewürzmeister Memnon wirkte nun ausgesprochen besorgt. »Ich könnte versuchen, Euch zu töten, Majestät.«
    Sie blickte den kleinen alten Mann an und unterdrückte ein Lächeln. Memnon wirkte kaum kräftig genug, eine Fliege totzuschlagen. Aber sie würdigte sowohl seine Besorgnis als auch seine Ergebenheit, also erwiderte sie nüchtern: »Gewürzmeister, ich übernehme für alles, was passiert, die volle Verantwortung. Falls Sie versuchen, mir etwas anzutun, werden Sie von dem Vorwurf krimineller Handlungen, des Hochverrats oder dergleichen freigesprochen.« Sein Gesichtsausdruck verriet ihr, dass er alles andere als überzeugt war, also fügte sie zuvorkommend hinzu: »Warum erzählen Sie mir nicht einfach, was geschehen wird, damit ich vorbereitet bin?« Sie lächelte. »Und mich verteidigen kann, falls es nötig sein sollte.«
    Memnon seufzte. »Die Zeremonie ist sehr einfach, Majestät. Sobald ich den Mantel angelegt habe, schlucke ich die Kräuter und betrete das Labyrinth. Bei meiner Ankunft im Zentrum des Labyrinths wird die Wirkung der Kräuter bereits eingesetzt haben. Wenn die Gottheit erscheint, dürft auch Ihr das Labyrinth betreten, um Eure Fragen zu stellen.«
    »Und zu welchem Zeitpunkt befinde ich mich möglicherweise in Gefahr?«
    »Sobald die Gottheit erscheint.«
    Nun, das war doch eine klare Aussage. Und die Gottheit würde ja in Gestalt des Gewürzmeisters erscheinen und dessen Körper benutzen, also war nicht gerade der Angriff eines wilden Stieres zu befürchten. Falls überhaupt etwas passierte.
    Um ihn auf andere Gedanken zu bringen, fragte sie: »Und wie kann ich Sie bei der Zeremonie unterstützen?«
    »Ich benötige Eure Hilfe beim Ankleiden, Majestät. Außerdem möchte ich Euch bitten, eine Trommel zu schlagen, wenn ich das Labyrinth betrete.«
    Auch das war eine klare Aussage: Sie hielt ihm den Umhang hin und schlug für ihn die Trommel. Nicht dass er bei irgendeinem dieser Dinge wirklich Hilfe benötigt hätte, aber selbst die simpelste Zeremonie hatte eben ihre Vorschriften.
    Plötzlich fiel ihr etwas ein: »Ich habe noch nie eine Trommel geschlagen.«
    »Nichts weiter als ein Herzrhythmus«, sagte der Gewürzmeister geheimnisvoll. Noch immer wirkte er besorgt. »Majestät, seid Ihr auch sicher …?«
    Blue nickte und sah erleichtert, wie sein Widerstand endgültig in sich zusammenfiel. Er wollte es nicht, aber er würde es tun.
    »Nehmt dies hier, Eure Majestät«, sagte er leise.
    Einen Augenblick begriff sie nicht, was er meinte, dann sah sie, dass er ihr ein kleines durchsichtiges Päckchen mit orangegelben Kräutern hinhielt, kaum größer als eine Geldmünze.
    »Was ist das?«, fragte sie, als ihre Hand sich um das Päckchen schloss.
    »Mutierte Narde – das bietet Euch vielleicht ein wenig Schutz.« Er senkte den Blick. »Sollen wir beginnen, Majestät?«
    Der Schrank entpuppte sich als Garderobenschrank, und der Mantel darin war prachtvoll. Ein weit geschnittenes, bodenlanges Kleidungsstück, das aus den Federn irgendeines exotischen Vogels gefertigt war, neben dem selbst ein Pfau verblasste. Sogar im trüben Licht der Glühkugeln tanzten und schimmerten die Farben. Ein Mantel, wie er einem Gott gebührt, dachte Blue. Wie würde der krumme alte
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