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Der einzige Sieg

Der einzige Sieg

Titel: Der einzige Sieg
Autoren: Jan Guillou
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Kraftanstrengung und einer Konzentration zusammen, die Carl gegen seinen Willen Respekt abnötigte, wie er sich eingestehen mußte.
    »Okay«, stieß Hawkins heiser hervor. »Geschäfte, was für Geschäfte?«
    »Ein gutes altes Tauschgeschäft wie immer«, erwiderte Carl ruhig. »Ihr Leben in der einen Waagschale. Die Handelsware, die sie an die Libyer da oben verkaufen wollten, in der anderen. Wir haben wie gesagt fünf Minuten. Sind Sie noch immer nicht reich genug, Mr. Hawkins?«
    Der Amerikaner lehnte sich gegen die Marmorbank und blieb einige Sekunden lang mit hängenden Armen stehen. Dann sah er auf die Uhr.
    »Na schön«, sagte er rauh und konzentriert. »Wir haben noch knapp fünf Minuten. Vorschläge?«
    »Du wohnst in Suite 800, nicht wahr«, erklärte Carl schnell.
    »Wir machen es so. Du gehst zu den Libyern rauf, läufst ihnen aber nicht weg, sondern entschuldigst dich damit, daß du kurz auf dein Zimmer mußt. Wir sehen uns dort oben. Ich gehe als erster. Im Zimmer bringen wir dann das Geschäft hinter uns. Gegengift gegen eine kleine Aktentasche, die wohl nicht besonders schwer sein dürfte?«
    Mike Hawkins nickte und machte eine ungeduldige Handbewegung. Er hatte verstanden, und Carl sollte losgehen.
    Carl rannte zunächst die Treppe hinauf, ging dann jedoch in normalem Tempo zu den Fahrstühlen. Er hatte Glück. Die Fahrstuhltüren schlossen sich hinter ihm, und er war verschwunden.
    Oben im achten Stock stand eine Schuhputzmaschine. Carl widmete ihr ein übertriebenes Interesse, bis ein Glockenton die Ankunft des Fahrstuhls verkündete. Mike Hawkins mit Panik im Blick verließ ihn und gab Carl ein Zeichen mitzukommen.
    Carl stand dicht hinter dem Amerikaner, als dieser die Tür aufschloß. Dann schob er ihn vor sich ins Zimmer, während er gleichzeitig die Tür zuzog.
    »So, jetzt schnell her mit der Ware, aber ich will nichts anderes, nur sie, Mr. Hawkins«, sagte Carl und hielt sich dicht hinter dem Mann, der jetzt vor Angst zu schwitzen begann. Schließlich wußte er, daß die Todesuhr in ihm tickte. Er wußte nicht nur um die ersten Symptome, sondern mußte sie auch schon spüren.
    Mike Hawkins stolperte zu einem Kleiderschrank, öffnete ihn und zog eine kleine schwarze Aktentasche hervor. Carl nahm sie ihm schnell ab und zeigte demonstrativ auf einen Sessel mitten im Zimmer.
    »Sie sollten jetzt mit der beispielhaften Kälte weitermachen, die Sie bisher an den Tag gelegt haben, Mr. Hawkins«, sagte Carl streng und zeigte erneut auf den Sessel.
    »Das ist nicht die richtige Aktentasche!« schrie Mike Hawkins verzweifelt. »Darin liegt nur eine gottverdammte Pistole!«
    »Gut gesagt, Mr. Hawkins«, sagte Carl und zeigte ein vollkommen aufrichtiges und herzliches Lächeln. »Jetzt tickt die Uhr. Her mit der richtigen Ware!«
    Mike Hawkins holte eine weitere Aktentasche aus dem Schrank und setzte sich wieder, während er auf die Uhr sah. Er atmete schon sehr schwer. Carl ging zu dem ein paar Meter entfernten Sofa, legte beide Aktentaschen auf den Couchtisch und öffnete die Schlösser. Die eine Tasche enthielt eine alte Dienstpistole des Kalibers .45. Die zweite Tasche war mit rotem Samt ausgeschlagen. In einer Schaumstoffhöhlung lag eine längliche Röhre, die wie eine viel zu kurze und viel zu dicke Neonröhre aussah.
    »Tritium?« fragte Carl und hielt die Tasche hoch.
    »Ja, verdammt noch mal!« zischte Mike Hawkins. »Was hast du denn gedacht? Himbeergelee?«
    Carl verschloß lächelnd die beiden Aktentaschen und legte sie auf dem Sofa nebeneinander. Dann wühlte er in seiner Tasche nach etwas und ging langsam auf Mike Hawkins zu.
    »Unglaublich, wie leicht wir miteinander Geschäfte machen können, wenn nur Ihr Leben in der einen Waagschale liegt«, sagte er und schüttelte amüsiert den Kopf. »Darf ich Sie bitten, den einen Ärmel aufzukrempeln, Mr. Hawkins?«
    Carl sah auf die Uhr und setzte sich. Er betrachtete, wie Mike Hawkins mit großer Mühe, schlafwandlerisch langsamen Bewegungen und schwer keuchend seinem Befehl zu folgen versuchte.
    »Ach ja, da ist etwas, was ich vielleicht sagen sollte, Mr. Hawkins«, sagte Carl und tat, als müßte er ein Gähnen unterdrücken. Er hielt sich einen Handrücken vor den Mund, als wäre er soeben erschöpft aus Detroit eingetroffen. »Wir haben neulich die libysche Bombe zerstört. Es war tatsächlich eine Sowjetskaja Rossija. Ich wollte nur, daß Sie das wissen, Mr. Hawkins. Diese Geschäftsleute da unten in der Halle haben offenbar noch nicht
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