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Der eine Kuss von dir

Der eine Kuss von dir

Titel: Der eine Kuss von dir
Autoren: Patrycja Spychalski
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Fall möchte er beeindrucken. Er meint es ernst damit, für heute Abend ein Mädchen klarzumachen.
    Ich versuche, an den Gesichtsausdrücken der Mädchen zu erschließen, was sie wohl von ihm halten, aber irgendwie sehen sie alle so schrecklich cool aus, die Gesichter so neutral, ich könnte nicht sagen, was sie denken.
    Hinter der Eingangstür hat sich Edgar mit einem Hocker postiert. Er macht heute den Einlass und wird den Musikwütigen den Stempel aufdrücken.
    »Hey, na? Ich dachte, du wärst uns jetzt auch noch verloren gegangen! Ich wollte schon einen Suchtrupp losschicken.« Er wirkt erleichtert.
    »Ich war nur ein bisschen die Gegend erkunden. Bin am Wasser langspaziert.«
    »Nächstes Mal sagst du einfach Bescheid.«
    »Ja.« Ich nicke etwas geistesabwesend.
    »Du siehst komisch aus.« Er mustert mich skeptisch.
    »Was meinst du denn damit?« Ich fasse mir irritiert ins Gesicht.
    »Ich weiß nicht«, er zuckt mit den Schultern, »so, als wäre zwischen dem letzten Mal, als ich dich sah, und jetzt irgendetwas passiert.«
    »Blödsinn!« Das ist mir aber doch unheimlich, ich werde es gleich im Spiegel überprüfen müssen.
    »Ich meine ja bloß.« Er lächelt so schief. Vielleicht hat Milo ja gequatscht?
    Ich zerbreche mir den Kopf, wie ich Edgar dazu bringen kann, mir zu sagen, ob Milo irgendwas gesagt hat, ohne preiszugeben, dass es etwas gibt, was gesagt werden könnte. Oh Gott, das ist kompliziert. Zu kompliziert.
    Egal.
    Wenn er was rumerzählt hat, ist er ein Idiot. Dann kann es mir auch schon egal sein. Ich werde mich einfach mal von ihm fernhalten, um weitere Schwierigkeiten zu vermeiden.
    »Gibst du mir ein Kassentyp-Interview?« Ich ziehe meine Kamera aus der Tasche, während Edgar seine Haare in Ordnung bringt.
    REC .
    Edgar schaut fragend in die Kamera. »Jetzt? Ja?«
    Ich halte meinen Daumen in die Höhe zum Zeichen, dass er loslegen kann.
    KASSENTYP EDGAR: Okay! Also, die Jungs sind jetzt hinten, Backstage, und bereiten sich vor. Die sind ganz schön aufgeregt. Ich glaube, es ist schwerer vor Gleichaltrigen zu spielen als vor so älteren Typen wie gestern. Weil wenn die Opis das blöd finden, kannst du immer noch sagen, egal, interessiert ja nicht, die sind halt alt und haben keine Ahnung, aber bei Gleichaltrigen … Na ja, ich glaube, man will immer gemocht werden, oder? Ich meine, ich will gemocht werden, das heißt natürlich nicht, dass die BlackBirds auch automatisch … Ach, ich glaube, im Grunde wollen alle gerne gemocht werden, so wie ich.
    Ich bin heute allerdings nur der Typ an der Kasse. Das ist insofern traurig, dass ich hier die ganzen schönen Mädchen vorbeilaufen sehe und zwar ihr Geld abkassiere, aber beim Event selbst bin ich nicht dabei, also keine Chance auf engere Kontakte. Die kommen wegen der Band her. Oder hast du schon mal was gelesen von einer Lovestory zwischen Fan und Einlasser. Nee, natürlich nicht. Ich bin heute einfach jemand, an dem man freundlich zwar, aber doch vorbeiläuft.
    Aber ich wollte eigentlich gar nicht von mir reden. Also, die Band … der Soundcheck war gut, der Raum hat eine tolle Akustik. Ich glaube, die wollen heute auch ein paar neue Songs spielen, die ein bisschen anders sind. Sie experimentieren gerade damit, verschiedene Musikrichtungen zu mischen.
    Darf ich das schon verraten, oder ist das dann ein Spoiler? Äh, nee, ne? Ich … du nimmst das ja nur auf. Ich meine, also wenn das geguckt wird, dann … Oh Mann, wie auch immer, ich drücke die Daumen für einen gelungenen Auftritt, auch wenn ich heute nicht dabei sein darf!
    Er haut sich mit der flachen Hand gegen die Stirn und schüttelt den Kopf. Ich drücke auf den Ausknopf.
    »Wenn ich dich jetzt bitte, das rauszuschneiden, machst du es eh nicht, wa?«, fragt er etwas kleinlaut.
    »Natürlich nicht. Wenn man alles immer rausschneiden würde, käme am Ende ein ganz und gar langweiliger Film bei raus«, erwidere ich, winke ihm zu und verschwinde durch den langen Flur auf die Toilette.
    Im Spiegel kann ich die Veränderung, von der Edgar sprach, nicht erkennen. Ein leichter Sonnenbrand, aber das ist auch schon alles.
    Alles wird gut.
    Die BlackBirds fangen um 21 Uhr an zu spielen.
    Der Saal ist voll, Freddie hat nicht zu viel versprochen, er hat die Werbetrommel gut gerührt.
    Robert kommt als Erster auf die Bühne. Ohne zum Publikum zu schauen, nimmt er am Schlagzeug Platz. Verhaltenes Klatschen, vereinzelte Pfiffe. Dann folgt Tom unauffällig in Roberts Applaus hinein, schnallt den Bass um
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