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Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas
Autoren: King Stephen
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große Ähnlichkeit mit der seines unvermuteten Zwillingsbruders.
    »Ich habe gesagt: Leck mich«, sagte Roland gelassen, »aber wenn dich das überfordert, Blaine, kann ich es auch noch einmal deutlich sagen. Nein. Die Antwort lautet nein.«
    Es erfolgte lange, lange Zeit keine Antwort, und zwar von keinem der beiden Blaines, und als der Große Blaine schließlich antwortete, antwortete er nicht mit Worten. Stattdessen verloren Wände, Boden und Decke wieder ihre Festigkeit und Farbe. Innerhalb von zehn Sekunden hatte die Baronskabine wieder aufgehört zu existieren. Der Mono flog jetzt durch die Gebirgskette, die sie am Horizont gesehen hatten: Eisengraue Gipfel rasten mit mörderischer Geschwindigkeit auf sie zu und stürzten dann in leblose Täler ab, wo Rieseninsekten wie vom Land eingeschlossene Seeschildkröten herumkrabbelten. Roland sah, wie sich plötzlich etwas, was einer gigantischen Schlange glich, aus einer Höhle wand. Sie ergriff eines der Insekten und zerrte es in ihren Bau. Roland hatte noch nie solche Tiere oder gar eine solche Landschaft gesehen, und seine Haut wollte sich vor Gänsehaut fast von den Knochen schälen. Es war zwar ein feindseliges Land, aber das allein war nicht das Problem. Es war fremdartig – das war das Problem –, so als hätte Blaine sie in eine völlig andere Welt transportiert.
    »VIELLEICHT SOLLTE ICH UNS HIER ENTGLEISEN LASSEN«, sagte Blaine. Seine Stimme klang nachdenklich, aber darunter konnte der Revolvermann eine tiefe, pulsierende Wut hören.
    »Ja, vielleicht solltest du das«, sagte der Revolvermann gleichgültig.
    »DU BIST UNHÖFLICH UND ARROGANT«, sagte Blaine. »FÜR DICH MÖGEN DAS INTERESSANTE EIGENSCHAFTEN SEIN, ABER FÜR MICH SIND SIE ES NICHT.«
    Eddies Gesicht drückte nackte Wut aus. Er formte mit dem Mund die Worte: Was SOLL das? Roland achtete nicht auf ihn; er hatte alle Hände voll mit Blaine zu tun und wusste genau, was er vorhatte.
    »Oh, ich kann noch viel unhöflicher sein.«
    Roland von Gilead löste die verschränkten Hände und stand langsam auf. Er stand scheinbar im Nichts, Beine gespreizt, rechte Hand an der Hüfte, linke auf dem Sandelholzgriff des Revolvers. Er stand da, wie er so oft auf den staubigen Straßen von hundert vergessenen Städten gestanden hatte, auf Dutzenden Schlachtfeldern in felsgesäumten Canyons, in zahllosen dunklen Saloons mit ihrem Geruch nach bitterem Bier und muffigen Mahlzeiten. Es war nur ein weiterer Showdown auf einer verlassenen Straße. Das war alles, und mehr brauchte es nicht. Es war Khef, Ka und Ka-Tet. Dass es immer zum Showdown kam, war ein Eckpfeiler seines Lebens und die Achse, um die Ka sich drehte. Dass der Kampf diesmal mit Worten ausgefochten werden würde und nicht mit Kugeln, spielte dabei keine Rolle; es würde dennoch ein Kampf auf Leben und Tod werden. Der Gestank des Tötens, der in der Luft hing, war so deutlich wie der Gestank von aufgedunsenem Aas im Sumpf. Dann überkam ihn die Kampfeslust, wie das immer der Fall war… und er war eigentlich nicht mehr er selbst.
    »Ich kann dich eine unsinnige, schwachköpfige, närrische, arrogante Maschine nennen. Ich kann dich eine dumme, unkluge Kreatur nennen, deren Verstand nicht mehr ist als das Heulen des Winterwinds in einem hohlen Baum.«
    »HÖR AUF.«
    Roland fuhr im selben gelassenen Ton fort und schenkte Blaine nicht die geringste Beachtung. »Unglücklicherweise bin ich in meiner Fähigkeit, unhöflich zu sein, etwas eingeschränkt, da du ja nur eine Maschine bist… ein ›Gerät‹, wie Eddie sich immer ausdrückt.«
    »ICH BIN SEHR VIEL MEHR ALS NUR…«
    »Ich kann dich zum Beispiel nicht einen Schwanzlutscher nennen, weil du weder einen Mund noch einen Schwanz hast. Ich kann nicht sagen, dass du erbärmlicher als der erbärmlichste Bettler bist, der jemals im Rinnstein der elendsten Gosse der Schöpfung gekrochen ist, weil selbst solch eine Kreatur besser wäre als du; du hast keine Knie, auf denen du kriechen könntest, und du würdest nicht auf sie sinken, selbst wenn du sie hättest, weil du keine Vorstellung von einem menschlichen Makel wie Barmherzigkeit hast. Ich kann nicht einmal sagen, dass du deine Mutter gefickt hast, weil du nämlich keine hast.«
    Roland machte eine Pause, um Luft zu holen. Seine drei Gefährten hielten den Atem an. Um sie herum lag erstickend das verdatterte Schweigen von Blaine dem Mono.
    »Ich kann dich allerdings eine treulose Kreatur nennen, die ihre einzige Gefährtin Selbstmord begehen ließ,
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