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Der Dunkle Turm 2 - Drei

Titel: Der Dunkle Turm 2 - Drei
Autoren: King Stephen
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kreisenden Meeresvögel hörten (wie glücklich wären sie, könnten sie mir die Augen aus dem Kopf picken, dachte er, wie glücklich über einen so schmackhaften Happen!), dann setzte er sich, schwankender denn je, in Bewegung und ließ eine Spur hinter sich, die aus unheimlichen Schlaufen und Schlingen bestand.
    Er ließ keinen Blick von dem, was da vorne auf dem Strand stand. Wenn ihm das Haar in die Augen fiel, strich er es beiseite. Es schien nicht näher zu kommen. Die Sonne erreichte das Dach des Himmels, wo sie viel zu lange zu verweilen schien. Roland stellte sich vor, er wäre wieder in der Wüste, irgendwo zwischen der Hütte des letzten Grenzbewohners
    (das musikalische Gemüse, je mehr du frißt, desto mehr du furzt)
    und dem Rasthaus, wo der Junge
    (dein Isaak)
    auf ihn gewartet hatte.
    Seine Knie knickten ein, streckten sich, knickten ein, streckten sich wieder. Als ihm das Haar wieder einmal in die Augen fiel, machte er sich nicht mehr die Mühe, es zurückzustreichen; er hatte nicht mehr die Kraft, es zurückzustreichen. Er sah zu dem Gegenstand, der mittlerweile einen schmalen Schatten in Richtung Hochland warf, und ging weiter.
    Jetzt konnte er es erkennen, mit oder ohne Fieber.
    Es war eine Tür.
    Weniger als eine Viertelmeile davon entfernt, knickten Rolands Knie wieder ein, und dieses Mal konnte er ihre Scharniere nicht steif machen. Er stürzte, seine rechte Hand glitt über körnigen Sand und Muschelschalen, die Stummel seiner Finger kreischten, als frischer Schorf weggerissen wurde. Die Stummel fingen wieder an zu bluten.
    Er kroch weiter. Kroch, während das stetige Rauschen, Dröhnen und Zurückweichen des Westlichen Meeres in seinen Ohren klang. Er benützte Ellbogen und Knie und grub Vertiefungen in den Sand oberhalb des Streifens schmutziggrünen Tangs, der die Flutlinie markierte. Er nahm an, daß der Wind immer noch wehte – er mußte wehen, denn die Kälte lief weiterhin durch seinen Körper –, aber der einzige Wind, den er hören konnte, waren die rasselnden Atemstöße, die in seine Lunge gesogen und hinausgeweht wurden.
    Die Tür kam näher.
    Näher.
    Gegen drei Uhr an diesem langen Tag im Delirium, als sein Schatten zu seiner Linken lang geworden war, erreichte er sie schließlich. Er kauerte sich auf die Fersen und betrachtete sie argwöhnisch.
    Sie war zwei Meter hoch und schien aus solidem Eisenholz gemacht zu sein, obschon der nächste Eisenholzbaum siebenhundert Meilen oder mehr von hier entfernt wachsen mußte. Der Türknauf sah aus, als wäre er aus Gold; ein filigranes Muster war darin eingearbeitet, das der Revolvermann schließlich erkannte: Es war das grinsende Gesicht des Pavians.
    Es war kein Schlüsselloch im Knauf, darüber oder darunter.
    Die Tür hatte Angeln, aber sie waren an nichts befestigt – jedenfalls scheint es so, dachte der Revolvermann. Das ist ein Geheimnis, ein höchst wundersames Geheimnis, aber spielt das wirklich eine Rolle? Du stirbst. Dein eigenes Geheimnis – das einzige, das letztendlich im Leben jedes Mannes und jeder Frau eine Rolle spielt – rückt näher.
    Dennoch schien es eine Rolle zu spielen.
    Diese Tür. Diese Tür, wo keine Tür sein sollte. Sie stand einfach hier auf dem grauen Strand, zwanzig Schritte oberhalb der Flutlinie, und schien ebenso ewig wie das Meer selbst zu sein, und jetzt warf sie einen schrägen Schatten ihrer eigenen Stofflichkeit nach Osten, während die Sonne nach Westen zog.
    In einer Höhe von etwa zwei Dritteln waren zwei Worte in der Hochsprache mit schwarzen Buchstaben daraufgeschrieben:
     
    DER GEFANGENE
     
    Ein Dämon hat von ihm Besitz ergriffen. Der Name des Dämons heißt HEROIN.
    Der Revolvermann konnte ein leises Dröhnen hören. Zuerst dachte er, es müßte der Wind oder das Dröhnen seines eigenen fiebrigen Kopfes sein, aber er kam mehr und mehr zu der Überzeugung, daß es sich um den Lärm von Motoren handelte… und der kam von hinter dieser Tür.
    Dann öffne sie. Sie ist nicht verschlossen. Du weißt, daß sie nicht verschlossen ist.
    Statt dessen torkelte er ohne jegliche Anmut auf die Beine und schritt um die Tür herum zur anderen Seite.
    Es gab keine andere Seite.
    Nur den dunkelgrauen Strand, der sich immer weiter erstreckte. Nur die Wellen, die Muscheln, die Flutlinie, die Spuren seines eigenen Näherkommens – Stiefelabdrücke und Löcher, die seine Ellbogen gemacht hatten. Er sah noch einmal hin und riß ein wenig die Augen auf. Die Tür war nicht da, wohl aber ihr Schatten.
    Er
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