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Der Duft von Orangen (German Edition)

Der Duft von Orangen (German Edition)

Titel: Der Duft von Orangen (German Edition)
Autoren: Megan Hart
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mit.“
    „Super. Bis dann.“ Jen stand auf und beugte sich noch einmal vor. „Los, jetzt trau dich endlich, dir nachzuschenken. Schnell, bevor er geht.“
    Dellasandro hatte seine Zeitung bereits zusammengefaltet und stand gerade auf. Er zog seinen Mantel an. Ich konnte sein Gesicht immer noch nicht sehen.
    „Ich würde dir empfehlen, unauffällig noch ein kleines Weilchen zu warten und direkt hinter ihm hinauszugehen, damit er dir die Tür aufhalten muss“, sagte ich.
    „Guter Plan“, meinte Jen. „Zu blöd, dass ich nicht länger warten kann. Ich muss los. Mach du es doch.“
    Wir lachten beide, dann ging Jen. Ich schaute ihr hinterher. Dann wanderte mein Blick zu Dellasandro, der gerade seinen leeren Becher zum Tresen zurückbrachte. Mit der Zeitung unter den Arm geklemmt ging er schnurstracks auf die Toiletten im hinteren Bereich des Coffeeshops zu. Das war ein guter Augenblick, um mir Kaffee zu holen, zumal ich dafür bezahlt hatte, aber ich war nicht wirklich in der Stimmung für noch mehr Koffein. Ich hatte keine Pläne – der Tag erstreckte sich vor mir, und nichts drängte mich, das Mocha zu verlassen, und doch hatte ichvergessen, mir etwas zu lesen mitzubringen oder meinen Laptop, um ein wenig im Internet zu surfen. Es gab für mich keinen Grund zu bleiben. Im Gegenteil, mich erwartete ein ganzes Haus voll unausgepackter Umzugskisten. Vermutlich hatte ich auch eine Nachricht von meiner Mutter auf dem Anrufbeantworter …
    Ich brachte meine Tasse zum Tresen und ließ meinen Blick lustvoll über die Gebäckauslage schweifen. Ich würde zu Hause einfach ein paar Brownies backen. Selbst gemacht schmeckte immer besser, auch wenn die Brownies im Mocha eine extra dicke Toffeeglasur hatten, von der ich keine Ahnung hatte, wie man sie machte. Trotz des Blaubeermuffins knurrte mein Magen. Kein gutes Zeichen.
    „Darf es noch etwas sein?“ Das war Joy, eine der am kürzesten angebundenen Personen, die ich je getroffen hatte. Sie machte ihrem Namen definitiv keine Ehre.
    „Nein danke.“ Ich rückte den Riemen meiner Tasche auf meiner Schulter zurecht und dachte, dass es besser wäre, nach Hause zu gehen und mir ein Sandwich zu machen, bevor ich vollkommen unterzuckerte. Hunger zu haben machte mich nicht nur unleidlich, sondern es begünstigte auch das Entstehen einer Episode. Nachdem ich heute Morgen schon eine durchgestanden hatte, wollte ich nichts tun, was eine weitere Attacke begünstigte. Koffein und Zucker halfen, sie in Schach zu halten, aber ein leerer Magen machte den Effekt wieder zunichte.
    Dellasandro erreichte die Tür des Mochas nur Sekunden nach mir. Ich drückte die Glastür auf, was die Glöckchen zum Klingeln brachte, und spürte ihn hinter mir. Ich drehte mich um, eine Hand immer noch an der Tür, damit sie nicht wieder zufiel, und da war er. Schwarzer Mantel. Gestreifter Schal. Blondes Haar.
    Seinen Augen waren nicht blau.
    Sie waren von einem tiefen, grünlich schimmernden Braun. Sein Gesicht war perfekt, trotz der feinen Fältchen um seine Augen und dem Hauch von Silber, den ich an seinen Schläfen entdeckte. Ich hätte ihn auf Ende dreißig geschätzt, ein paar Jahre älter als ich, aber wenn er seine große Zeit in den Siebzigern gehabthatte, musste er älter sein. Doch ich hätte es ihm nicht angesehen, nicht einmal jetzt, wo ich es wusste. Sein Gesicht war wunderschön.
    Johnny Dellasandros Gesicht war Kunst …
    Und ich ließ die Tür direkt hineinfallen.
    „Meine Güte“, sagte er und trat einen Schritt zurück.
    Seine Stimme – New York pur.
    Die Tür schloss sich zwischen uns. Die Sonne spiegelte sich in dem Glas, verbarg ihn im Inneren des Coffeeshops. Ich konnte sein Gesicht nicht mehr sehen, aber ich konnte mir denken, dass er wütend auf mich war.
    Ich zog in dem Moment am Türgriff, als er von innen drückte. Der plötzliche Schwung ließ mich ein paar Schritte rückwärts stolpern. „Oh, wow, ich … es tut mir leid.“
    Er schaute mich nicht einmal an, sondern ging mit einem unterdrückten Fluch kopfschüttelnd an mir vorbei. Die Kante seiner zusammengefalteten Zeitung schlug gegen meinen Arm. Dellasandro achtete nicht darauf. Der Saum seines Mantels flatterte in einer plötzlichen Windbö, und ich keuchte auf, atmete tief ein, noch tiefer.
    Der Duft von Orangen.
    „Mom, wirklich, es geht mir gut.“ Ich musste ihr das nicht sagen, weil sie sich dann weniger Sorgen machen würde, sondern weil sie sich definitiv noch mehr aufregte, wenn ich es nicht sagte.
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