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Der Duft von Orangen (German Edition)

Der Duft von Orangen (German Edition)

Titel: Der Duft von Orangen (German Edition)
Autoren: Megan Hart
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mit niemandem und bleibt gerne für sich.“
    Ich trank meinen Kaffee aus und überlegte, mir einen kostenlosen Nachschlag zu gönnen. Dann würde ich direkt an ihm vorbeigehen müssen und könnte endlich einmal sein Gesicht sehen. Jen schien meine Gedanken zu lesen.
    „Er ist einen zweiten Blick wert“, sagte sie. „Gott weiß, alle Frauen hier haben schamlos die fadenscheinigsten Ausreden bemüht, um immer wieder an seinem Tisch vorbeizugehen. Genau wie Carlos. Ich glaube sogar, Carlos ist der Einzige, mit dem er je gesprochen hat.“
    Ich lachte. „Wirklich? Wieso? Steht er auf Männer?“
    „Wer, Carlos?“
    Ich war mir ziemlich sicher, dass Carlos hetero war, so wie er jeder Frau auf den Hintern starrte, wenn er sich unbeobachtet fühlte. „Nein, Dellasandro.“
    „Ach, Süße!“, seufzte Jen.
    Ich mochte es, wenn sie mich so nannte. Als wenn wir schon lange Freundinnen wären und nicht erst seit ein paar Monaten. Es war schwer gewesen, hierher nach Harrisburg zu ziehen. Neuer Job, neue Wohnung, neues Leben – die Vergangenheit lag vermeintlich hinter mir, und doch konnte ich sie nie ganz vergessen. Jen war einer der ersten Menschen, den ich hier kennengelernt hatte. Und zwar genau hier, im Mocha . Sofort hatte sich zwischen uns eine tiefe Freundschaft entwickelt.
    „Ja?“ Ich musterte ihn erneut.
    Dellasandro befeuchtete die Spitze seines Zeigefingers, bevor er die Zeitungsseite umblätterte. Das hätte nicht so sexy sein dürfen, wie es mir in diesem Moment vorkam. Jens Aufregung schien auf meinen Eindruck von ihm abzufärben, anders konnte ich mir die Faszination nicht erklären, die er auf mich ausübte. Ich hatte ja bisher nur sein Profil gesehen und starrte ihm seit einer Viertelstunde auf den Rücken.
    „Wir müssen uns mal zusammen seine Filme anschauen. Dann wirst du schon sehen, was ich meine. Johnny Dellasandro ist … eine Legende.“
    „So eine große Legende kann er nicht sein, sonst würde ich ihn ja kennen.“
    „Okay“, gab Jen zu. „In gewissen Kreisen ist er eine Legende. Bei den künstlerischen Typen.“
    „Ich schätze, ich bin nicht künstlerisch genug.“ Ich lachte und nahm ihr ihren Kommentar nicht übel. Ein paarmal war ich inNew York im Metropolitan Museum of Modern Arts gewesen, aber ich gehörte eindeutig nicht zur Zielgruppe.
    „Das ist eine Schande. Wirklich. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Johnny-Dellasandro-Filme mich für normale Männer versaut haben.“
    „Das ist nicht gerade ein Kompliment“, sagte ich. „Und außerdem bezweifle ich, dass es überhaupt so etwas gibt wie einen normalen Mann.“
    Jen lachte und brach mit ihrer Gabel ein weiteres Stück von ihrem Brownie ab, wobei sie kurz einen Blick über die Schulter warf. Sie wedelte mit der Gabel herum. „Komm heute Abend zu mir. Ich habe die komplette DVD-Kollektion und zusätzlich einige seiner früheren Filme. Und was ich nicht habe, laden wir uns aus dem Internet herunter.“
    „Oh, wie modern!“
    Sie grinste und steckte sich den Happen Brownie in den Mund. „Süße, ich werde dich in eine verdammt coole Welt einführen.“
    „Und er wohnt gleich hier um die Ecke?“
    „Oh ja. Ist das nicht super?“ Jen schaute noch einmal über ihre Schulter.
    Falls Dellasandro auch nur ahnte, dass wir ihn mit prüfenden Blicken musterten, so zeigte er es nicht. Er schien niemanden um sich herum wahrzunehmen, las seelenruhig seine Zeitung und trank seinen Kaffee. Langsam blätterte er Seite für Seite um und nutzte manchmal seinen Zeigefinger, um die Zeilen entlangzufahren.
    „Ich war mir nicht sicher, dass er es ist, weißt du? Doch eines Morgens kam ich hier rein, und er stand direkt vor mir … Johnny Dellasandro.“ Jen stieß einen glücklichen, vollkommen verknallten Seufzer aus. „Süße, ich bin hier beinahe auf einer Welle meiner eigenen Körpersäfte hinausgesurft.“
    Ich hatte gerade einen Schluck getrunken, als sie das sagte, und fing an zu lachen. Eine Sekunde später erstickte ich beinahe, als der Kaffee in meiner Luftröhre anstatt in meinem Magen landete. Keuchend, hustend, mit tränenden Augen hielt ich mir die Hand vor Mund und Nase, aber es war unmöglich, keinen Laut von mir zu geben.
    Jen lachte ebenfalls. „Hände hoch! Du musst die Hände hochnehmen, dann hört der Husten auf.“
    Meine Mutter hatte das auch immer gesagt. Ich schaffte es, eine Hand ein Stück zu heben, und der Husten wurde schwächer. Ich erntete ein paar neugierige Blicke von anderen Gästen, aber Gott sei
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