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Der Duft der Rose

Der Duft der Rose

Titel: Der Duft der Rose
Autoren: Daria Charon
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hatte, sie nicht einfach in die Arme zu nehmen und ihr gegen jede Vernunft zu versichern, dass er sie nie verlassen würde. In all den einsamen Jahren hatte er vergessen, wie unglaublich gut es sich anfühlte, wenn jemand hinter ihm stand und ihm den Rücken stärkte.
    Ghislaine war mit ihren Überlegungen schon ein Stück weiter. »Es muss jemand sein, der nach dir hier angekommen ist. Das herauszufinden kann doch nicht so schwierig sein.« Sie sprang auf und begann, wie ein Feldwebel auf- und abzuwandern.
    »Jemand, der nicht gefunden werden will, versteht es bestimmt, unsichtbar zu bleiben«, sagte er und beobachtete sie. Die Kraft und die Energie, die sich in ihrer Haltung widerspiegelten, beeindruckten ihn. Natürlich hatte sie recht, dass es an der Zeit war, sich dem Widersacher entgegenzustellen und nicht länger wegzulaufen. Bisher war es für ihn immer die leichteste Lösung gewesen, weiterzuziehen. Damit flüchtete er immer auch ein Stück vor sich selbst, seiner Hilflosigkeit und der Vergangenheit. Aber jetzt hatte er zum ersten Mal einen Grund zu bleiben und zu kämpfen. Und er war nicht allein bei diesem Kampf. Er hatte eine Frau an seiner Seite, die ihre - nicht unbeträchtliche - Macht ohne zu zögern dafür einsetzen würde, der Wahrheit endlich zu ihrem Recht zu verhelfen.
    Er stand auf und ging zu Ghislaine, um sie an sich zu ziehen. »Ich werde der Sache nachgehen. Wenn du an mich glaubst, dann kann ich gar nicht anders.« Er küsste sie voller Sehnsucht und Verlangen. Zuversicht breitete sich in ihm aus und erfüllte ihn mit Wärme. Wenn sie zu ihm stand, dann konnte er alle Dämonen besiegen.
    Sie lehnte sich in seinen Armen zurück. »Das heißt, du bleibst hier? Und drohst mir nicht jeden zweiten Tag damit, zu gehen?«
    Er nickte, beflügelt von der neuen Kraft, die er in sich spürte. »Ich werde alles daransetzen, das Ganze aufzuklären. Schnell aufzuklären. Weder du noch die Kleinen sollen unnötiger Gefahr ausgesetzt sein, das verspreche ich bei meinem Leben.«
    Ghislaine schenkte ihm ein katzenhaftes Lächeln. »Es reicht, wenn du morgen früh mit der Suche beginnst, heute Nacht haben wir Besseres zu tun.« Sie zog seinen Kopf zu sich und presste ihre geöffneten Lippen auf seinen Mund. Ihre kleine geschickte Zunge suchte seine und begann einen verführerischen Tanz.
    Nicholas stöhnte. Die Anspannung der letzten Tage verwandelte sich in drängendes Begehren. Schamlos rieb er seine Erektion an Ghislaines Unterleib und presste ihre Hüften an sich. Ihre Finger gruben sich in seine Schultern, während sie seinen Kuss leidenschaftlich erwiderte.
    Sie waren so ineinander versunken, dass sie das Klopfen an der Tür erst nach einer Weile bemerkten. Widerwillig löste sich Ghislaine von ihm und rief »Herein!«. Erst beim zweiten Mal war ihre Stimme kräftig genug, um gehört zu werden.
    Ein Kammerdiener trat ein. »Der Marquis de Vinçon wartet unten und möchte seine Aufwartung machen.«
    Vinçon. Der Name echote in Nicholas' Ohren, und der Boden unter seinen Füßen verwandelte sich in Morast, der ihn zu verschlingen drohte. Die Dämonen hatten ihn also doch noch eingeholt. War er gerade noch von Zuversicht und Glück erfüllt gewesen, so genügte die bloße Nennung dieses Namens, um ihn in ein tiefes schwarzes Loch zu katapultieren. Er konnte nicht glauben, dass sich der Marquis ausgerechnet diesen Moment ausgesucht hatte, um aus den Tiefen der Hölle aufzutauchen. Ausgerechnet in diesem Moment, in dem sich sein Leben endlich in eine neue Richtung bewegte. Aber natürlich, das Schicksal hatte ihm noch nie Geschenke gemacht. Die Rechnung folgte immer auf dem Fuß.
    »Ein Fremder? Um diese Uhrzeit?« Ghislaine runzelte die Stirn. »Sag ihm, ich sei schon zu Bett gegangen. Er soll morgen wiederkommen.«
    »Verzeiht, Comtesse, aber der Marquis will nicht zu Euch. Er will mit Monsieur Levec sprechen.« Die Miene des Lakaien verriet nichts von seinen Gedanken.
    Ghislaine blickte zu Nicholas. »Kennst du den Mann?«, fragte sie erstaunt, aber seine Kehle war wie zugeschnürt.
    Da er nichts sagte, seufzte sie und wandte sich an den Kammerdiener. »Ich lasse bitten.«
    Nicholas verspürte den Drang zu flüchten, und dieser Drang wurde nahezu unbeherrschbar, als der Marquis das Zimmer betrat. Wie lange war es her, dass er ihn zum letzten Mal gesehen hatte? Zehn Jahre mussten es mindestens sein. Das Alter hatte den Mann pfleglich behandelt. Außer dem schneeweißen Haar und tieferen Falten in seinem
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