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Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Titel: Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift
Autoren: Elinor Lipman
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Liedes offenbaren würde, dass alles nur ein Scherz gewesen war. Stattdessen sagte ich: »Ich weiß, das ist ein Schock. Ich weiß, wie du dich auf einen Lebensstil gefreut hast, von dem du hofftest, du dürftest dich daran gewöhnen.«
    »Was ist mit der Wohnung? Musst du die aufgeben, wenn sie dir kündigen? Und was ist mit der Krankenversicherung? Was ist, wenn einer von uns krank wird?«
    »Ich werde meine schwarze Tasche behalten«, sagte ich. »Ich kann jede Menge Krankheiten zu Hause behandeln.«
    »Von welchem Geld willst du den Urlaub in Südamerika bezahlen, um die Gesichter der Armen wieder zusammenzuflicken, wenn du den Rest des Jahres nicht ordentlich Kohle machst? Wie willst du diese Träume verwirklichen?«
    »Gar nicht. Aber es gibt auch eine positive Seite: Ich werde da sein. Ich werde eine richtige Ehefrau sein, und damit bist du ein richtiger Ehemann.«
    Ray sagte kein Wort. Er winkte meinem Vater, der an der Bar stand und uns beobachtete.
    »Sag ihm nichts von meinem Job«, flüsterte ich. »Es könnte ihm die Hochzeit verderben.«
    Gehorsam klopfte mein Vater Ray auf die Schulter. Die vorgewählte Musik wechselte zu »Isn’t She Lovely?« Väterliche Verwandte applaudierten.
    Ray wartete nicht. »Passen Sie gut auf sie auf«, sagte er.
    »Wo geht er denn hin?«, fragte mein Vater.
    »Wahrscheinlich Mom suchen. So verlangt es das Protokoll: Der Bräutigam tanzt mit der Brautmutter, wenn seine eigene nicht mehr lebt.«
    »Deine Mutter wird anderswo gebraucht«, sagte mein Vater.
    Ich lächelte und nickte, weil wir Publikum hatten. »Niemand tanzt mit«, bemerkte ich.
    »Das sind alles keine großen Tänzer«, antwortete mein Vater.
     
    Ich machte Sylvie und Leo auf der Treppe ausfindig, die eine mit einem rosa, der andere mit einem blauen Martini in der Hand. Sylvie beharrte darauf, dass der rosa Martini das Accessoire sei, das mir noch fehlte, wenn auch nicht die richtige Medizin, um meine offenkundige bräutliche Aufgeregtheit zu kurieren.
    »Sie irrt sich nie«, sagte ich.
    »Also«, sagte Leo. »Was gibt es Neues? Ich habe in letzter Zeit nicht viel von dir gehört.«
    »Gleichfalls«, sagte ich.
    »Sie hat geheiratet«, sagte Sylvie. »Sie hat bei der Arbeit den Bogen raus. Sie hat ihren Job aus dem Feuer geholt. Sie hat noch einmal geheiratet.«
    Leo beugte sich von der Stufe oberhalb von Sylvie herunter und stieß mit mir an. »Herzlichen Glückwunsch zu fast allem«, sagte er.
    »Was gibt’s bei dir Neues?«
    »Bei mir? So gut wie nichts. Ich bin immer noch bei den Frühgeborenen. Ich wohne noch immer in derselben Wohnung. Und verteile in meiner Promiskuität noch immer wahllos meinen Samen im ganzen Großraum Boston.«
    »Bist du betrunken?«, fragte ich ihn.
    »Von dreieinhalb Martinis? Wirklich nicht.«
    »Ich habe dich nie der Promiskuität bezichtigt.«
    Sylvie sagte: »Wir wollen doch nett zueinander sein. Niemand will auf diesen Tag mit mehr Reue zurückblicken als unbedingt nötig.«
    »Ich habe mit Meredith ein Baby auf die Welt geholt. Hat sie’s dir erzählt?«
    »Sie hat’s erwähnt.«
    »Sie war unglaublich. So ruhig. So voller Mitgefühl. Sogar humorvoll. Ich war wirklich beeindruckt.«
    »Genau die Umstände, unter denen ich sie kennen gelernt habe«, sagte Leo. »Nämlich in absoluter Bestform.«
    »Na und dann?«, fragte Sylvie. »Nur weil du gesehen hast, was sie am Krankenbett draufhat, hast du dir gedacht: ›Wie kriege ich am besten auch was davon ab?‹«
    »Zerbrich du dir den Kopf über das Geheimnis meiner Beziehung zu Meredith, und ich versuche zu kapieren, wie die Freundschaft zwischen dir und Alice überhaupt in die Gänge kommen konnte.«
    »Das versuchen wir selber auch«, sagte ich.
    »Warum muss Alice eigentlich keine sarkastischen Kommentare über die Mutter meines Kindes abgeben? Sie findet sogar an ihrem Hochzeitstag Zeit, mir mehr oder weniger zu sagen, dass sie verstehen kann, was ich vielleicht einen winzigen, strahlenden Augenblick lang in Meredith gesehen habe.«
    »Dazu kann ich nur sagen, und zwar mit ungeminderter Zuneigung, dass Alice einfach ein viel zu guter Mensch ist.« Sie klopfte auf den Teppich neben sich. »Setz dich, Süße. Wir müssen mit dir reden.«
     
    Sie waren nicht auf Ärger aus gewesen. Sie wollten weder spionieren noch lauschen. Aber sie hatten den Eindruck gehabt, dass Ray erregt war, vor der Trauung, als er sich vor der Kirche mit seinen Kumpeln - dem Trauzeugen, dem Zeremonienmeister und ihren Freundinnen unterhalten
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