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Der Dreissigjaehrige Krieg

Der Dreissigjaehrige Krieg

Titel: Der Dreissigjaehrige Krieg
Autoren: Dietmar Pieper Johannes Saltzwedel
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Jahren. Doch bislang war jede Friedensinitiative gescheitert, auch die von Papst Urban VIII ., der seit 1634 versuchte, einen Kongress in Köln zu arrangieren, um seine streitenden katholischen Kinder zu versöhnen. Die Konferenz wurde nie eröffnet, Frankreich schickte erst gar keine Unterhändler. Vor allem aber Kaiser Ferdinand III. wollte lange keine Gesamtverhandlungen; er versuchte, seine Gegner über Einzelverträge zu isolieren, und glaubte, er könne den Krieg letztlich gewinnen. Erst als sich sein anfängliches Glück wendete und überdies wichtige Fürsten drohten, ihm den militärischen Beistand zu entziehen, lenkte der Habsburger ein. 1641 stimmte er im sogenannten Präliminarfrieden von Hamburg den Verhandlungen in Westfalen zu.
    Gleich zwei Verhandlungsorte wurden gebraucht, weil sich die im Konfessionsstreit verhakten Parteien nicht auf einen einigen konnten – Münster wurde Hauptversammlungsort für die katholische Seite und Osnabrück für die protestantische. Vor allem die Kurie hatte sich geweigert, mit den protestantischen Ketzern direkt zu verhandeln. Dabei war alles noch viel komplizierter. Nicht nur Katholiken und Evangelische bekämpften einander, der Riss lief durch die beiden Lager: Reformierte standen gegen Lutherische, kompromisswillige Katholiken gegen kompromissunwillige. Der päpstliche Diplomat Chigi sollte auch unter den Katholischen vermitteln.
    So viele konkurrierende Partikularinteressen stießen hier aufeinander: der Kaiser, der sein Reich und seine Macht retten wollte, deutsche Fürsten und Reichsstädte, die sie ihm beschneiden wollten und einen Religionsfrieden suchten. Die Niederländer verlangten die Unabhängigkeit, die Franzosen wollten das österreichische und das spanische Habsburg schwächen, die Schweden ihren Hegemonialanspruch in Nordosteuropa festigen. Und weil sich neben Schweden auch Frankreich auf die protestantische Seite geschlagen hatte, waren interner Reichskrieg und internationaler Krieg unauflöslich verbunden – auch das machte die Verhandlungen so kompliziert. Einzelnen Fürstenhäuser ging es darum, ihre Ländereien zu verteidigen oder zurückzuholen.
    Keiner der Herrscher, weder Ferdinand III . noch der spanische König Philipp IV ., weder der mächtige französische Kardinal Jules Mazarin noch die schwedische Königin Christina oder der niederländische Statthalter Friedrich Heinrich von Oranien haben je ihren Fuß nach Münster oder Osnabrück gesetzt. Es war ein reiner Gesandtenkongress, und Historiker wie Fritz Dickmann glauben, dass man wohl schneller zum Ziel gekommen wäre, wenn die Staatsoberhäupter direkt verhandelt hätten, so wie später auf dem Wiener Kongress oder in Versailles.
    Bis die Versammlung überhaupt startete, vergingen anderthalb Jahre. Nur schleppend und in großen Abständen trafen die Gesandten ein, der letzte erst 1646. Noch vor dem Friedensschluss reisten die ersten bereits wieder ab, etliche aus Geldmangel. An die 150 Gesandte waren nach Münster und Osnabrück gekommen, darunter allein 111 aus dem Reich. 10 von ihnen vertraten den Kaiser, der auch als König von Böhmen und Erzherzog von Österreich fungierte. Es waren die »gewandtesten Diplomaten Europas und die gelehrtesten Kenner des deutschen Staatsrechts«, so Dickmann, ihnen folgten aber auch Späher, Lauscher, Dechiffrierer, Lotterieverkäufer, Komödianten, Dirnen und Quacksalber.
    Gleich gab es Gerangel ums Zeremoniell: wer welchen Titel führen durfte, wer wem den ersten Besuch abstatten musste. Allein ein halbes Jahr verging, bis man sich über die Sitzordnung und die Rangfolge der Unterhändler geeinigt hatte. Der stolze Franzose etwa wollte nur erscheinen, wenn man ihm den Titel »Hoheit« zubilligte. Der Nuntius ließ sich einen Baldachin errichten, der auf Druck der Franzosen wieder abgebaut werden musste. Noch im letzten Jahr des Kongresses erhob sich heftiger Zank über die Frage, ob die städtischen Vertreter den Vorträgen der kaiserlichen Gesandten sitzend oder stehend, mit bedecktem oder entblößtem Haupt beizuwohnen hatten. Als man ihnen einfach die Stühle wegräumte, drohten sie mit Boykott.
    Um Münster und Osnabrück überhaupt verhandlungstauglich zu machen, mussten sie neutral werden. Denn im bikonfessionellen Osnabrück standen schwedische Truppen; das katholische Münster war kaiserliche Garnisonsstadt. Am 18. Mai 1643 traf der kaiserliche Quartiermacher, Reichshofrat Johann Krane, mit der Neutralitätserklärung ein. Feierlich verlas er
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