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Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten

Titel: Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten
Autoren: Boris Koch
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Mitkomm«, radebrechte der einhändige Seemann und führte sie zum Heck des Schiffs, und dort in die große Kajüte.
    Bei dem Gedanken an eine ordentliche Mahlzeit lief den Rittern das Wasser im Mund zusammen, obwohl sie von Wasser eigentlich genug hatten. Doch kaum betraten sie die Kombüse, wurden ihnen das Schwert vom Gürtel und die Waffenröcke aus den Fingern gerissen, sie selbst in zwei Käfige gestoßen.
    »He!«, riefen die Ritter.
    »Hunger!«, rief die Schiffsbesatzung im Chor.
    Der Seemann mit dem grausigen Haken rieb sich mit der Hand über den Bauch und grinste. Die anderen lachten und leckten sich über die Lippen. Vor dem Fenster der Kombüse flatterte eine Totenkopffahne mit gekreuzten Knochen.
    Erschöpft sanken die Ritter zu Boden, während der Smutje seine Kameraden mit rauen Worten hinausscheuchte. Fünf weitere Käfige standen in der Kombüse, vier waren verlassen, in dem anderen saß ein schluchzendes Mädchen, das die Hände vor das Gesicht geschlagen hatte und nicht sehen wollte, was um sie geschah, so als würde es dann nicht geschehen.
    »Von so einem Pack werde ich mich nicht fressen lassen. Niemals«, knurrte Herr Zendhen, als auch der Smutje schließlich die Kombüse verließ. »Da hätten wir nicht vor den Fröschen fliehen müssen.«
    Herrn Friedbarts Arm war so lang, dass er durch das Gitter
hindurchlangen und tatsächlich eine Gabel von der Ablage greifen konnte. Er reichte sie dem viel geschickteren Herrn Zendhen in seinen Käfig hinüber, der sie sorgsam verbog, Zinken um Zinken, und immer wieder neu, bis er glaubte, einen passenden Schlüssel gebogen zu haben. Währenddessen begannen die Piraten oben zu lärmen und zu schreien. Sie schienen ausgelassen zu raufen und übereinander herzufallen, wie das bei solch wilden Lumpen wohl zum Zeitvertreib üblich war.
    Geduldig stocherte Herr Zendhen im Schloss seines Käfigs herum, und nach einer Weile sprang es klackend auf. Mit einem selbstzufriedenen Lächeln öffnete er auch Herrn Friedbarts Gefängnis. Noch wussten sie nicht, wie sie an den Piraten vorbei zu den Landungsbooten gelangen sollten, doch der erste Schritt in die Freiheit war getan.
    Grimmig bewaffneten sie sich mit Fleischermessern und einem stählernen Bratenspieß und machten sich daran, den Käfig des Mädchens zu öffnen. Sie durften sie nicht hierlassen. Noch immer hatte sie die Hände vor dem Gesicht und kauerte in der hintersten Ecke.
    »Ganz ruhig«, sagte Herr Zendhen, doch das Mädchen schien ihn nicht zu verstehen.
    In diesem Moment wurde die Tür zur Kombüse aufgestoßen, und sechs Männer in gelb-braun gestreiften Waffenröcken stürmten herein. Sie mussten die Piraten überwältigt haben, nun würde die Flucht noch leichter gelingen, dachte Herr Friedbart, sie waren frei! Er und Herr Zendhen lachten die Neuankömmlinge an – ausgehungert, unrasiert, zerlumpt und mit Fleischermessern in den Händen vor dem Käfig eines schluchzenden Mädchens.
    Die sechs Männer lachten nicht, sondern stießen die beiden
Ritter zurück in ihre Käfige, entwanden ihnen Messer und Spieße und befreiten das Mädchen.
    »He!«, schrie Herr Zendhen. »Das ist ein Irrtum. Wir sind keine Piraten!«
    Doch auch diese Männer verstanden ihre Sprache nicht, und so waren alle Proteste vergeblich.
    Noch am selben Abend wurden sie an Bord des Schiffs abgeurteilt und auf eine Galeere übergesetzt, in deren Rumpf sie angekettet wurden, um zu rudern. Wenigstens bekamen sie etwas zu essen. Trockenes Brot, alten Käse und einen runzligen Apfel. Dann gab die Trommel unerbittlich den Rhythmus vor, und sie legten sich in die Riemen, um nicht ausgepeitscht zu werden.
    »Ich denke, wir werden viel zu spät zu Herrn Arthen zurückkehren, um ihn über die drei kleinen Samothanbeter zu informieren«, keuchte Herr Friedhart, als sie eine erste Pause machen durften. Draußen lag der offene Ozean, weit und breit war kein Land zu sehen. Herr Zendhen hatte wenig Hoffnung, die Ruderbank überhaupt jemals lebend zu verlassen, über Herrn Arthen machte er sich keine Gedanken.
     
    Sieben Wochen und zwei siegreiche Seegefechte später konnten sie am späten Nachmittag durch die Ruderluke Land am Horizont sehen. Inzwischen war es Herbst geworden, die See rau und die Vorräte knapp. Stärker werdender Regen prasselte auf die Wellen, hin und wieder schwappte kaltes salziges Wasser herein. Die Zeit verrann. Die Ruder waren eingezogen, und die Gefangenen hingen erschöpft über den Bänken. Nur noch selten dachten
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