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Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten

Titel: Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten
Autoren: Boris Koch
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um den Hals, Anula war zu kalt, um sie zu umarmen.
    »Komm mit«, sagte er, und sie lächelte ihn schwach an.
    Auch Yanko lächelte, und ebenso Nica, nur der Drache nicht. Der Raum vor den Zellen war zu eng für ihn, um sich umzudrehen.
    Knurrend und schnaubend schob er seinen langen Körper rückwärts, ganz langsam einen schwerfälligen Schritt nach dem anderen aus dem Zellentrakt hinaus und gerade bis zur Treppe in den Innenhof zurück. Ben dirigierte und beruhigte ihn, während der Drache knurrte und die Zähne fletschte. Dabei hätte Ben doch viel lieber Anulas Hand gehalten, trotz der Kälte. Oder sie wenigstens angesehen.
    Endlich war der Drache weit genug zurückgewichen, um vorwärts in den Gang zu kriechen, der über die Wendeltreppe in die Tiefe und von dort unter dem Kloster hinausführte. Auf der Treppe starrte der Drache Ben an, als wolle er ihn verschlingen, doch er schob sich über die Stufen hinab, während sein Panzer über Boden und Wände schrabbte und die Beine sich krumm und verdreht ihren Weg suchten. Es dauerte scheinbar ewig, bis sie unten angelangt waren. Durch die gerade Höhle ging es dann schneller voran.
    Die Sonne war noch nicht aufgegangen, als sie sich endlich an den Sträuchern vorbei in den Firnh drängten. Leise
lachend folgten sie seinem Lauf fort vom Kloster, und auch aus den Zügen des Drachen war aller Grimm gewichen.
    Es dauerte nicht lange, da wurden sie von Aiphyron, Juri und Feuerschuppe eingeholt.
    »Lass mich das Mädchen tragen«, sagte Aiphyron, während Anula ihn und die beiden anderen geflügelten Drachen mit trotz der Kälte furchtsamen Augen ansah. »Ich halte ihre Kälte am leichtesten aus.«
    »Ihr anderen springt auf seinen Rücken«, ergänzte Juri. »Und Feuerschuppe und ich schleppen diesen moorschwarzen Burschen davon. Zumindest so weit, bis wir da angekommen sind, wo diese Ordensstinker nicht mehr nach unseren Spuren suchen. Ab da können wir auch weiter laufen. Weil, ehrlich gesagt, der Kerl sieht schwer aus, fast so schwer wie die steinerne Säule, die ich mal auf einen Berg geschleppt habe. Ich weiß nicht, ob ich euch das schon mal erzählt habe. Das war damals, als...«
    »Hast du«, unterbrach ihn Yanko und klopfte ihm auf die Seite.
    »Keine Angst«, sagte Ben derweil zu Anula. »Aiphyron ist ein Freund. Er wird dich weder fallen lassen noch fressen. Der Orden lügt, was geflügelte Drachen anbelangt.«
    Zögerlich nickte sie.
    »Er trägt ein Feuer in sich, das dir vielleicht hilft.«
    »Ja, vielleicht«, sagte Aiphyron ausweichend. »Ich versuche mein Bestes. Das schulde ich Ben, immerhin hat er mich geheilt. Und andere.«
    »Du hast ihn geheilt?«, fragte Anula. Sie klang verwirrt. Vielleicht auch ein wenig bewundernd , dachte Ben.
    »Das ist eine lange Geschichte für später«, sagte er. »Jetzt lass uns erst von hier verschwinden.«

    Und sie schwangen sich auf Aiphyrons Rücken, während dieser Anula behutsam in seine Klaue nahm. Juri und Feuerschuppe packten den frisch befreiten Drachen und erhoben sich schwankend und taumelnd in die Luft. Gemeinsam flogen sie dicht über dem Wald davon, während die ersten Vögel zu singen begannen.

EPILOG
    S ie saßen auf einer weiteren Lichtung am Ufer eines weiteren plätschernden Bachs und warteten darauf, dass die Sonne endgültig unterging. Dämmerung senkte sich bereits zwischen die Bäume, und Yanko hielt Nica umschlungen, die ihre nackten Füße ins Wasser baumeln ließ. Anula hatte den Kopf auf Bens Schoß gebettet, und er spielte gedankenversunken mit ihrem schwarzen Haar. Sie war nicht mehr kalt. Aiphyrons Feuer hatte nach und nach das Eis in ihr geschmolzen, und Ben konnte sie berühren, ohne dass stechender Schmerz unter seine Haut kroch.
    Seitdem wollte er sie nicht mehr loslassen, ständig suchte er ihre Nähe. Und sie hielt sich an ihm fest und murmelte oft: »Bleib bei mir, du bist so schön warm.«
    Ben beugte sich zu ihr hinab und küsste sie auf die schimmernden Lippen. Auch wenn Aiphyron die Kälte aus ihr vertrieben hatte, so blieb ihre Haut doch verändert: Sie glitzerte in der Sonne wie ein zugefrorener Weiher. Dennoch fand Ben Anula noch immer wunderschön. Und sie würde mit ihnen kommen, wie auch Marmaran, der moorschwarze Drache.
    »Seid ihr so weit?«, fragte der nicht lange darauf, als es immer dunkler wurde. Stolz hielt er die Flügel ausgebreitet. Fünfzehn Jahre war er von dem Ketzer Norkham in Knechtschaft gehalten worden, seit zwei Tagen konnte er wieder fliegen. Heute
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