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Der Domino-Killer

Der Domino-Killer

Titel: Der Domino-Killer
Autoren: Kate Pepper
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unterschiedliche Stühle; es war mir gelungen, einen von ihnen frei zu lassen von Briefstapeln und Sachen, die ich gekauft, aber noch nicht weggeräumt hatte. So hatte ich immer einen freien Platz, auf dem ich sitzen konnte. Mein Stuhl stand gegenüber vom Fenster, und während ich aß, schweifte mein Blick nach draußen. Der Garten lag noch immer still da. Ein Vogel flatterte auf einen Zweig des alten Pfirsichbaums, der noch immer Früchte hervorbrachte und kürzlich zu blühen begonnen hatte. Der Vogel hüpfte, ließ sich nieder, flog davon.
    Ich räumte das Geschirr in die Spüle und wusch den Teller und das Glas per Hand ab. Meine Küche war zwar mit einem Geschirrspüler ausgestattet, aber den benutzte ich nur sehr selten. Als ich mir die Hände abtrocknete, klingelte das Telefon. Ich überlegte, ob ich abnehmen sollte, ließ es fünfmal läuten, dann schaltete sich der Anrufbeantworter auf dem Küchentresen ein. Ich lauschte dem Klicken und dann Macs Stimme: «Karin, ich weiß, dass du da bist. Geh ran.» Pause. «Hör mir jetzt zu. Die New Yorker haben mich angerufen. Was soll das heißen, du weigerst dich, deine Wohnung zu verlassen? Karin! Geh ran!» Noch eine Pause. «Okay, ich bin unterwegs.» Falls er in New Jersey war und sich der Verkehr staute, würde er zwei Stunden brauchen, bis er es hierher schaffte.
    Ich rannte zum Telefon und nahm den Hörer ab. «Mac, du brauchst nicht herzukommen …» Ich verstummte, als ich das Freizeichen hörte. Einen Moment lang behielt ich den Hörer in der Hand und stellte fest, dass ich froh darüber war, ihn nicht mehr erwischt zu haben. Ich war depressiv, das hätte er mir angehört und dann bestimmt einen Kollegen in meiner Gegend angerufen, der schneller hier gewesen wäre. Und mich gerettet hätte. Gerettet vor JPP. Gerettet vor mir selbst.
    Die Stille in meiner Wohnung war immer deutlicher spürbar, während es Nachmittag wurde. Mein Vermieter kam nur selten vor dem späten Abend heim, und ich war allein im Haus. Zumindest glaubte ich das. Ich spielte am Küchentisch Solitär und spitzte die Ohren, ob irgendein Geräusch zu hören war. Das Knarren und Quietschen eines alten Hauses hatte fast etwas Musikalisches an sich. Es war erstaunlich, was man alles wahrnahm, wenn man allein in der Stille saß, ohne dass etwas im Hintergrund lief.
    Ich beschloss schon jetzt, dass ich einfach hier sitzen bleiben würde, wenn er kam. Ich würde nicht aufstehen. Ich würde nichts sagen oder tun. Nur einfach die Partie weiterspielen, bis er angriff. Ab und zu stellte ich fest, dass ich insgeheim hoffte, Mac würde ihm zuvorkommen und mich aus diesem tiefen Abgrund der Einsamkeit herausholen, der mich verschlungen hatte. Und dann wiederum hoffte ich, dass Mac das nicht tat. Die Vorstellung, dass ich schon in wenigen Minuten aus diesem Spiegelkabinett der Erinnerungen und der Trauer befreit sein könnte, war ungeheuer erleichternd, und ich sehnte mich so schrecklich danach. Ich wollte frei sein. Nur frei.
    Die Partie ging auf, ich nahm die Karten und mischte. Dann legte ich sieben Karten aufgedeckt auf den Tisch und begann von neuem. Ich drehte die erste Karte des Decks um und überlegte, was ich am besten damit anfangen könnte … und in dem Moment hörte ich das erste Geräusch.
    Ein Klicken.
    Die Kellertür im Hausflur öffnete sich mit einem Knarren.
    Ein vorsichtiger Schritt folgte auf den anderen, dann noch einer, und noch einer, und noch einer. Dann Ruhe. An der Verbindungstür zu meiner Wohnung drehte sich der Türknauf.

KAPITEL 3
    Die Tür ging langsam ächzend auf, als ob JPP die Freude darüber auskosten wollte, dass er nun hier war, als ob er sich jeden Moment genau ins Gedächtnis einprägen wollte, jeden Moment, der ihn mir näher brachte, damit er später immer wieder daran zurückdenken und alles noch einmal genießen konnte. So waren sie, JPP und seinesgleichen. Serienmörder waren ein ganz besonderer Menschenschlag, den man intensiv erforscht hatte und doch eigentlich nicht verstand. Etwas stimmte nicht mit ihnen, etwas, das wir nicht zu begreifen vermochten. Sie waren anders als wir. Ich versuchte, geistig die distanzierte Haltung einzunehmen, die man uns in der Polizeischule vorgebetet hatte. Lassen Sie das, was Sie am Tatort sehen, nicht an sich herankommen. Machen Sie einfach Ihre Arbeit. Suchen Sie nach Spuren. Bleiben Sie sachlich . Gute Ratschläge, die einem vollkommen unmöglich erschienen, bis man draußen auf der Straße arbeitete und mit der dunklen
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