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Der Dienstagabend-Club

Der Dienstagabend-Club

Titel: Der Dienstagabend-Club
Autoren: Agatha Christie
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fünfzigjähriger Mann, der in seiner groben Art ziemlich gut aussah. Seine Frau war eine ganz alltägliche Erscheinung von etwa fünfundvierzig Jahren. Die Gesellschafterin, Miss Clark, war sechzig Jahre alt – eine korpulente, heitere Frau mit einem rötlich glänzenden Gesicht. Keiner von ihnen, möchte man sagen, sehr interessant. Der Anfang aller Schwierigkeiten lag in einem merkwürdigen Umstand. Am Abend vor dem Unglück hatte Mr Jones in einem kleinen Hotel in Birmingham übernachtet. Zufällig war das Löschpapier in der Schreibunterlage seines Zimmers gerade an diesem Tag erneuert worden, und das Zimmermädchen, das anscheinend nichts Besseres zu tun hatte, amüsierte sich damit, das Löschpapier im Spiegel zu studieren, nachdem Mr Jones gerade einen Brief geschrieben hatte. Ein paar Tage später brachten die Zeitungen einen Bericht über Mrs Jones’ Tod, der auf das Essen von schlecht gewordenem Dosenhummer zurückgeführt wurde, und das Zimmermädchen teilte dem übrigen Dienstpersonal sofort mit, was sie auf dem Löschpapier entziffert hatte. Es handelte sich um folgende Worte: ›… völlig abhängig von meiner Frau… wenn sie tot ist, werde ich… Hunderte und Tausende…‹
    Ich möchte noch erwähnen, dass kurz zuvor die Zeitungen voll waren von der Geschichte einer Frau, die von ihrem Mann vergiftet worden war, und es gehörte infolgedessen nicht viel dazu, die Fantasie dieser Mädchen zu schüren. Nach ihrer Ansicht hatte Mr Jones geplant, seine Frau umzubringen, um Hunderttausende von Pfund zu erben! Eines der Zimmermädchen hatte zufällig Verwandte in der kleinen Provinzstadt, in der die Jones’ wohnten. Sie schrieb an sie und erhielt bald Antwort. Es wurde dabei erwähnt, dass Mr Jones sich sehr für die Tochter des ansässigen Arztes, eine gut aussehende junge Frau von dreiunddreißig Jahren, interessiere. Ein Skandal breitete sich aus, und es dauerte nicht lange, da wurde ein Gesuch an den Minister des Inneren eingereicht, die Leiche obduzieren zu lassen. Zahllose anonyme Briefe, die alle Mr Jones des Mordes an seiner Frau bezichtigten, gingen bei Scotland Yard ein. Ich kann nun wohl zugeben, dass wir die Sache zuerst auch nicht eine Sekunde lang ernst nahmen, sondern sie für eitles Dorfgeschwätz hielten. Um das Publikum zu beschwichtigen, wurde dennoch die Exhumierung der Leiche angeordnet, und wieder einmal erwies sich der auf nichts Konkretes gegründete Aberglaube der Bevölkerung als überraschend gerechtfertigt. Die Leichenschau ergab, dass genügend Arsenik vorhanden war, um einwandfrei zu beweisen, dass die Dame an Arsenvergiftung gestorben war. Es lag nun an Scotland Yard, mithilfe der örtlichen Behörden nachzuweisen, wie und durch wen das Arsenik verabreicht worden war.«
    »Oh!«, rief Joyce. »Jetzt wird’s interessant.«
    »Der Verdacht fiel natürlich auf den Ehemann, der durch den Tod seiner Frau profitierte. Wenn er auch nicht gerade Hunderttausende erbte, wie das romantisch angehauchte Zimmermädchen im Hotel annahm, so kam er immerhin in den Besitz des nicht zu verachtenden Betrages von 8000 Pfund. Abgesehen von dem, was er verdiente, hatte er kein eigenes Vermögen, und er war ein Mann mit verschwenderischen Gewohnheiten und einer besonderen Vorliebe für die Gesellschaft junger, hübscher Frauen. So taktvoll wie möglich untersuchten wir das Gerücht über seine Zuneigung zu der Tochter des Arztes. Es stellte sich heraus, dass wohl eine enge Freundschaft zwischen ihnen bestanden hatte, die jedoch vor zwei Monaten zu einem jähen Ende gekommen war, und seitdem schienen sie sich nicht mehr gesehen zu haben.
    Der Doktor selbst, ein älterer, ehrlicher, argloser Mann, war wie vom Donner gerührt, als er von dem Ergebnis der Leichenschau hörte. Er war damals um Mitternacht zu den drei Kranken gerufen worden und hatte sofort den ernsten Zustand von Mrs Jones erkannt. Daraufhin ließ er Opiumpillen aus seiner Hausapotheke holen, um ihre Schmerzen zu lindern. Trotz seiner Bemühungen erlag sie jedoch der Vergiftung. Aber auch nicht eine Sekunde lang hatte er den Verdacht gehegt, dass etwas nicht in Ordnung sei. Er war überzeugt, dass der Tod auf eine Fischvergiftung zurückzuführen sei. Ihr Essen hatte an jenem Abend aus Hummer in Dosen und Salat, einem Auflauf und Brot mit Käse bestanden. Unglücklicherweise war von dem Hummer nichts übriggeblieben – es war alles aufgegessen und die Dose fortgeworfen worden. Er hatte das junge Hausmädchen Gladys Linch befragt.
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