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Der deutsche Goldrausch

Der deutsche Goldrausch

Titel: Der deutsche Goldrausch
Autoren: Laabs Dirk
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und starken Mann gebietet uns, das Werk nach dem Beispiel fortzuführen, das er uns gegeben hat … [es] gab böse Angriffe, unter denen er litt. Und es traf ihn, daß mancher, der es besser wußte und dazu berufen war, ihn dann allein ließ. Mut kann nur im Angesicht der Wahrheit wachsen,
nicht auf der Flucht vor ihr.« 13 Nach einer Stunde ist die Trauerfeier zu Ende. Die Politiker und Wirtschaftsmanager verlassen Berlin wieder, viele in ihren Privatjets. 14 Die Treuhänder werden in den Sonderbussen zurück zur Arbeit gefahren.
    16. April 1991, Berlin
    Das Bundesamt für Verfassungsschutz stellt ein Dossier von siebzig Seiten zusammen, Titel: »Bekämpfung der organisierten Wirtschaftskriminalität mit DDR-Bezug«. Insbesondere geht es darin um Ermittlungen gegen die Firma WAN-Warimex, die von Ottokar Hermann geführt wird.
    Hermann ist einer der schillerndsten Embargohändler und hat für die KoKo von Alexander Schalck gearbeitet. Er wurde in der Tschechoslowakei geboren, wird Mitglied der Waffen-SS, ist nach dem Krieg angeblich für die US-Gegenspionage aktiv und landet schließlich bei Schalck. 15 In den 1970er Jahren übersiedelt Hermann in die Schweiz, wo er einige Firmen für die DDR betreut, über die Geschäfte und Scheingeschäfte abgewickelt wurden. Über die Intrac in Lugano lässt Hermann Embargogüter in die DDR schmuggeln, darunter eine Passdruckmaschine, die die Staatssicherheit bestellt hat. 16
    Aus dem Dossier des BfV geht hervor, dass Waltraud Lisowski und Ottokar Hermann zusammenarbeiten. Nach Ansicht der Verfassungsschützer ist es höchste Zeit zu handeln. In einem Schreiben an das Polizeipräsidium Berlin, dem ein Exemplar des Dossiers beigefügt ist, heißt es: »Die neuere Entwicklung zeigt, daß Ottokar Hermann sich mit Hilfe der Waltraud Lisowski in den Besitz der treuhänderisch für die ehemalige DDR verwalteten Firmen setzen will. Es wird deshalb angeregt, diesen Bemühungen von Lisowski und Ottokar Hermann auch unter dem Gesichtspunkt der Eilbedürftigkeit Rechnung zu tragen. Die Asservate, die in der Staatsanwaltschaft des Kammergerichts liegen, lassen – einer ersten Durchsicht zufolge – durchaus den Eigentumsbeweis zugunsten der ehemaligen DDR als gesichert erscheinen.«
    Birgit Breuel, bisher schon mit diesem Komplex betraut, ist seit drei Tagen Treuhandpräsidentin. Der Verwaltungsrat hat sie offiziell gewählt. Einige Wochen später sagt sie in einem Interview: »Die Vorwürfe lauten, in der Treuhand sitzen noch viele Ostdeutsche mit Vergangenheit. Dahinter steckt Methode: Die Enttäuschung darüber, daß man Honecker, Tisch und Schalck-Golodkowski nicht belangen kann, führt zu Ersatzbefriedigung. Das heißt, man sucht nach Opfern bei der Treuhand … Das macht einem zu schaffen.
Im Augenblick erleben wir eine emotionale Krise nach dem Motto: Wie bewältigen wir unsere Vergangenheit? Da wir die Großen nicht finden, suchen wir uns die Kleinen. Da war die Treuhand als Opfer gerade recht … Bei der Gründung der Treuhand haben am Alexanderplatz mit Sicherheit auch Mitarbeiter mit dunkler Vergangenheit gesessen. Darum haben wir sehr sorgfältige Prüfungen vorgenommen … Bei Stasi- und ZK-Vergangenheit sind wir rigoros. Die bloße SED-Mitgliedschaft interessiert uns dagegen nicht.« 17 Aber gegen die effektivste KoKo-Kraft Waltraud Lisowski geht die neue Treuhandpräsidentin nicht vor, obwohl Breuel seit Monaten vor ihr gewarnt wird.
    19. April 1991, Halle
    Auch für die Treuhand-Niederlassung in Halle-Neustadt hat der Tod Rohwedders Konsequenzen: Der Bürotrakt in der »Scheibe D« bekommt im Eingangsbereich, hin zu den Fahrstühlen, schusssichere Glastüren. Eine Firma aus dem Westen fertigt die Türen an. 18 Ansonsten geht der Alltag in der »Scheibe D« weiter wie bisher. Die Niederlassung wächst, immer mehr Mitarbeiter aus dem Westen kommen. Klaus Klamroths Arbeitstage bleiben unverändert lang. Er unterschreibt Verträge, trifft die Geschäftsführer der Betriebe in seinem Büro, versucht sich einen Überblick zu verschaffen. Da es keine verlässlichen Grundbücher gibt, entscheidet er gemeinsam mit dem Personaldirektor der Niederlassung über strittige Grundstücke. Ohne Rücksprache mit der Zentrale können sie festlegen, ob ein Investor oder die Kommune den Zuschlag für ein Stück Land bekommt. Abends beim Bier diskutieren sie ihr neues Leben: Im Westen wäre es unvorstellbar, dass man zwei Männern allein so viel Macht und Verantwortung gibt. Klamroth denkt
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