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Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)

Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)

Titel: Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)
Autoren: Sigvard Wohlwend
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rund 1 200 Kilometern.
    Den Sommer
verbringt er auf den Balearen, wo er zum ersten Mal mit dem Gesetz in Konflikt
gerät: »Ich wurde auf Ibiza festgenommen, weil ich ein Fahrzeug ohne
Führerschein fuhr«, gibt er Jahre später bei einer Vernehmung zu Protokoll.
»Wenn ich mich recht erinnere, verurteilte mich der Richter dazu, ein Jahr lang
kein Auto zu fahren.« [3] Eine merkwürdige Strafe für einen Jungen,
der erst zwei Jahre später alt genug sein wird, um zur Fahrprüfung zugelassen
zu werden. Gesichert ist hingegen, dass dem sechzehnjährigen Heinrich Kieber am
30. Juni 1981 auf Ibiza die Fingerabdrücke abgenommen werden. Hintergrund
der erkennungsdienstlichen Behandlung des Jugendlichen, der als »Hilti Kieber«
zu den Akten genommen wird, ist der Vorwurf des Ladendiebstahls. Eine Variante
dieser Geschichte kennt sein Schulfreund Walter Schneider: »Heinrich hat mir
erzählt, dass er Einbrüche in leerstehende Ferienhäuser begangen und in diesen
Häusern jeweils ein paar Nächte gewohnt habe. Deswegen sei er auch eine Zeit
lang in Spanien im Knast gewesen.«
    Eines Tages
im Sommer 1981 läutet im Büro von Manfred Greiner* das Telefon. Greiner ist
Leiter des Jugendamtes in Liechtenstein und in seiner Funktion als
Sozialarbeiter schon seit vielen Jahren mit Heinrich Kieber bekannt: »Ein mir
völlig unbekannter Deutscher, der stammte aus Nürnberg, wollte von mir wissen,
ob ich einen Enrique Hilti kenne.« Einen Enrique Hilti kennt Greiner nicht,
sehr wohl aber Heinrich Kieber. »Wenn ich mich recht erinnere, ging es um ein
gestohlenes Auto auf Mallorca oder Ibiza.«
    Daraufhin
übernimmt Heinrichs Tante Carmen Pax* aus Barcelona die Aufsicht über den
Buben. Die jüngere Schwester von Heinrichs Mutter ist Schwester Oberin im
Frauenorden Inmaculada Concepción – dem katholischen Frauenorden von der
Unbefleckten Empfängnis Mariens. Sie quartiert ihren Neffen in einem
Mädchenwohnheim ein, das dem Orden gehört. Es liegt am Fuß der Bergkette Serra
de Collserola , die die westliche Grenze Barcelonas
bildet. Jetzt muss Heinrich Kieber wieder zur Schule. Er besucht mit Beginn des
neuen Schuljahres im Herbst 1981 die Escuela Suiza de Barcelona – eine teure Privatschule. Wer das
Schulgeld bezahlt, ist nicht zweifelsfrei geklärt. Heinrich Kieber selbst
behauptet, es sei sein Vater gewesen – eine Aussage, die bei Onkel Guntram
Vetter auf Skepsis stößt.
    Auf der
vornehmen Schweizerschule festigt Heinrich seine neue Identität als »Hilti
Kieber«. »Er hat sich als Sohn der Familie Hilti vorgestellt und gesagt, dass
er sehr reich sei, dass er überall in der Welt herumreise«, erzählt Bernhard L.,
der mit ihm in der Klasse war. »Auch für mich war er der Sohn des
Hilti-Besitzers«, so Kiebers damalige Klassenkameradin Ruth B. »Heinrich war
immer sehr spontan, lustig und sehr intelligent, vor allem mit Zahlen konnte er
gut hantieren. Und er war immer hypernervös.« Ähnlich erinnert sich Bernhard
L.: »Er war ein aktiver Junge, sehr dynamisch, fast hyperaktiv. Er musste immer
in Bewegung sein. Und er musste nie für Prüfungen lernen und bestand sie
trotzdem mit Bravour. Er hat anderen gerne geholfen, wenn sie Schwierigkeiten
hatten mit ihrem Stoff. Von daher war er sehr sympathisch.«
    Beweisen
muss Heinrich Kieber seine behauptete Herkunft als Sprössling der
milliardenschweren Familie Hilti nicht. Die überwiegend aus gut betuchten
Verhältnissen stammenden Jugendlichen auf der Schweizerschule erwarten nichts
anderes. Sebastian Hermann*, der ebenfalls mit Kieber die Schulbank drückte,
erklärt: »Das waren alles Familien, die sehr vermögend sind. Das Schulgeld hat
damals umgerechnet rund 700 D-Mark pro Kind und Monat gekostet. Mir hat
Heinrich erzählt, dass die Familie Hilti ihn nach Barcelona geschickt habe, um
Spanisch zu lernen.«
    Hermann
entstammt selbst einem gutbürgerlichen Haus, das allerdings nicht so begütert
ist wie die anderen Familien, die ihre Kinder auf die Schweizerschule schicken.
Der vermeintliche Hilti-Sohn sucht Anschluss an die Familie des Mitschülers.
»Heinrich lud sich einmal selbst zu uns nach Hause zum Abendessen ein. Er war
so glücklich über die Eieromelette, die ihm meine Mutter gebacken hatte, und
darüber, dass man ihn so unkompliziert in unserer Familie aufnahm.«
    Der junge
Mann, der sich zu Eieromelette einladen lässt, kann aber auch ganz anders:
»Heinrich hatte immer Asche in der Tasche, wie wir damals sagten. Sein
Taschengeld, sagte er, betrage 5.000
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