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Der Coach

Titel: Der Coach
Autoren: John Grisham
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gelernt. Er umrundete Karr’s Hill, und sie hielten einen Augenblick an, um auf das Football-Feld hinunterzuschauen. Die Reihe der Kondolierenden reichte immer noch über die Tartanbahn bis zum Tor hinaus. Die Flutlichtlampen auf der Seite der Heimmannschaft brannten. Der Parkplatz war voller Autos, die gerade ankamen oder abfuhren.
    »Ich hab gehört, dass Rake, nachdem sie ihn gefeuert hatten, immer hier oben war und sich die Spiele angeschaut hat.«
    »Man hätte ihn ins Gefängnis stecken sollen«, sagte Cameron. Sie sprach zum ersten Mal, seit sie von ihrem Elternhaus weggefahren waren.
    Sie parkten in der Nähe der Trainingsplätze und schlichen sich durch ein Tor auf die Gegentribüne. Dann stiegen sie bis in die letzte Reihe hinauf und setzten sich. Sie hielten immer noch Abstand, doch saßen sie jetzt etwas näher beieinander als auf den Verandastufen. Eine ganze Weile betrachteten sie schweigend das Schauspiel auf der anderen Seite des Feldes.
    Das weiße Zelt ragte wie eine kleine Pyramide vor der Haupttribüne auf. Der Sarg war darunter kaum zu erkennen. Eine Traube von Menschen hatte sich darum versammelt und widmete sich voller Inbrunst der Totenwache. Miss Lila und ihre Familie waren bereits fort. Um das Zelt herum und rechts und links an der Seitenlinie entlang sammelten sich Berge von Blumen. Eine schweigende Parade von Trauernden bewegte sich langsam die Tartanbahn entlang. Die Menschen warteten geduldig darauf, sich in das Kondolenzbuch eintragen, den Sarg sehen, vielleicht ein paar Tränen vergießen und sich von ihrer Legende verabschieden zu können. Auf der Tribüne hinter der langen Schlange aus Menschen saßen Rakes Jungs aller Altersstufen in kleinen Gruppen zusammen. Einige redeten, andere lachten, doch die meisten blickten starr auf das Feld, das Zelt und den Sarg.
    Auf der Gegentribüne saßen nur zwei Menschen, und niemand bemerkte sie.
    Cameron sprach zuerst wieder, mit sehr leiser Stirnme. »Was sind das für Leute da auf der Tribüne?«
    »Die Spieler. Ich war gestern und vorgestern Abend auch dort und habe darauf gewartet, dass Rake stirbt.«
    »Dann sind also alle zurückgekommen?«
    »Die meisten schon. Du bist ja auch zurückgekommen.«
    »Natürlich. Wir begraben schließlich unseren berühmtesten Bürger.«
    »Du konntest Rake nicht leiden, oder?«
    »Ich habe nie zu seinen Fans gehört. Miss Lila ist eine starke Frau, aber sie war ihm nicht gewachsen. Auf dem Feld war er der Diktator, und es war schwer für ihn, das abzustellen, wenn er nach Hause kam. Nein, ich hatte nicht viel übrig für Eddie Rake.«
    »Du hast ja auch den Football gehasst.«
    »Ich habe dich gehasst und damit auch den Football.«
    »Mutiges Mädchen.«
    »Es war so albern. Erwachsene Männer heulen nach einer Niederlage. Bei jedem Spiel stirbt die ganze Stadt tausend Tode. Frühstücksgebete am Freitagmorgen, als ob sich Gott darum scheren würde, wer ein Football-Spiel an der Highschool gewinnt. Viel mehr Geld für das FootballTeam als für alle anderen Schülerklubs zusammen. Anbetung für siebzehnjährige Jungs, die denken, dass sie tatsächlich anbetungswürdig sind. Die ganze Doppelmoral: Ein Football-Spieler mogelt bei einer Prüfung, und alle Welt legt sich krumm, um das zu vertuschen. Dann mogelt einer, der nichts mit Sport am Hut hat, und bekommt einen Verweis. Die ganzen blöden kleinen Mädchen, die es kaum erwarten können, ihre Unschuld an einen Football-Spieler zu verlieren. Alles zum Wohl des Teams. Messina erwartet noch echte Opfer von seinen Jungfrauen. Ach ja, und die Glücksmädchen natürlich, die hätte ich fast vergessen. Jeder Football-Spieler hat seine persönliche kleine Sklavin, die ihm mittwochs Kekse backt, ihm donnerstags einen Talisman in den Vorgarten stellt und freitags seinen Helm poliert. Und was gibt es samstags, Neely? Einen Quickie?«
    »Nur wenn man will.«
    »Das ist alles so jämmerlich. Danke, dass du mich rechtzeitig abserviert hast.«
    Wenn man mit klarerem Blick nach fünfzehn Jahren darauf zurückschaute, wirkte es tatsächlich albern.
    »Aber du bist trotzdem zu den Spielen gekommen«, sagte Neely.
    »Manchmal. Kannst du dir vorstellen, wie es in dieser Stadt am Freitagabend außerhalb des Feldes aussieht? Nirgends ein Mensch zu sehen. Phoebe Cox und ich haben uns manchmal hierher auf die Gegentribüne geschlichen und uns das Spiel angeschaut. Wir wollten immer, dass Messina verliert, aber das ist ja nie passiert, zumindest nicht hier. Wir haben uns über die
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