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Der Club der Serienkiller

Der Club der Serienkiller

Titel: Der Club der Serienkiller
Autoren: Jeff Povey
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Sicherheitsmann kommt auf mich zugeeilt, es ist Zeit, zu verschwinden. Also werfe ich dem Bibliothekar einen letzten, traurigen Blick zu. »Arbeitet sie heute nicht?«
    Er zuckt mit den Achseln und schüttelt den Kopf; kurz bevor der Wachmann mich eingeholt hat, ziehe ich das Wägelchen in den Gang und stürze in die Geografieabteilung.
    Ich presche an mehreren Lesern vorbei und reiße überall Bücher heraus, während der Sicherheitsmann sich größte Mühe gibt, mich zu schnappen. Schließlich schaffe ich es, ihn abzuschütteln, indem ich im Bereich für Parawissenschaften stehen bleibe und ihn mit den Hardcover-Ausgaben bewerfe. In den richtigen Händen können Bücher ziemlich tödlich sein, und ein Exemplar von Unglaublich,
aber wahr raubt ihm den Atem und verschafft mir gerade genug Zeit, um durch die Drehtüren zu hetzen, die zehn Stufen zum Gehweg hinunterzuspringen, in Agent Wades Wagen zu klettern und davonzubrausen.

    Bettys Mietwohnung ist von der Bibliothek aus zu Fuß erreichbar, sodass ich im Handumdrehen dort bin. Polternd renne ich die Treppe hinauf, auch wenn meine erschöpften Beine mich allmählich im Stich lassen; schließlich schliddere ich auf ihren Absatz und steuere auf die Tür zu.
    Die sperrangelweit offen steht.
    Nein... bitte... nein...
    Ich wage es kaum hinzuschauen, während ich mich langsam darauf zuarbeite und um den Türpfosten spähe. Das Apartment liegt ruhig vor mir, in fast unheimlicher Reglosigkeit. Kein Windhauch, der die Gardine bläht, kein Luftzug, der die Papiere auf dem Telefonbänkchen durcheinanderweht. Es ist hier still wie einer Leichenhalle.
    Ich muss mich überwinden, in die Diele zu treten. Der vertraute Hundegeruch steigt mir in die Nase, und ich bin kurz davor zu heulen, weil ich Betty vermutlich nie wieder so nahe sein werde.
    Ich schleiche an einer Acetylenflasche vorbei, an deren Hahn eine Schweißermaske hängt. Neben der Flasche auf dem Boden liegt ein Schlauch für einen Schneidbrenner, und es scheint, als hätte Betty Vorbereitungen für einen Mord getroffen, denn sie hat den Großteil der Diele vorsichtshalber mit Asbestplatten ausgelegt, zumindest sieht es so aus.

    Ich tapse weiter ins Wohnzimmer und finde mich in einem sonnendurchfluteten Raum wieder, Staubpartikel tanzen wie Glitter in den Lichtstrahlen. Sie sind das Einzige, was sich hier bewegt. Ich schaue in Bettys Schlafzimmer nach, dort steht ein Doppelbett, und für einen flüchtigen Moment male ich mir aus, wie wir beide uns in wilder Ekstase nackt darauf herumwälzen. Die Vorstellung schnürt mir den Hals zu, so dass ich zurückweiche und als Zeichen des Respekts die Tür schließe. Auch der Rest der Wohnung fördert nichts Brauchbares zutage. Betty ist nicht hier, und ich frage mich, ob sie wirklich woanders sein kann als im Himmel.

    Kaum bin ich gedankenverloren zum Hafen zurückgekehrt, wird mein Kummer nur noch größer. Polizeiautos stehen kreuz und quer herum, ein paar Seeleute haben sich um die Polizeiabsperrung versammelt, und der an den Rollstuhl gefesselte Wachmann saust wild hin und her und versucht in Erfahrung zu bringen, was eigentlich los ist. Burts Hausboot wimmelt vor Polizisten und Beamten von der Spurensicherung in weißen Nylonoveralls. Eine Bahre mit einer Leiche wird vom Boot gehievt, das so heftig schwankt, dass einer der Männer den Halt verliert, Chucks Leiche herunterrutscht und ins Wasser klatscht. Sofort springen drei Cops hinterher, als hielten sie das für ein gewagtes Fluchtmanöver. Der Fernsehreporter, der auch schon den Vertreter der Liga für Menschenrechte interviewt hat, spricht seinen Lagebericht direkt in die Kamera. Ich kann nicht
hören, was er sagt, doch er scheint ziemlich aufgeregt, während er detailliert demonstriert, wie der Kentucky Killer die Essenspackung über seine Opfer gestülpt hat. Er beendet seinen Bericht, ohne zu merken, dass ein halbes Pommes Frites in seinem Haar klebt.
    Ich wende mich ab. Das Boot war meine letzte Hoffnung.
    Es ist fast Zeit fürs Mittagessen, und ich dachte, dass Betty es vielleicht geschafft hat, dass einmal in meinem beschissenen Leben etwas klappt wie geplant.
    Ich merke, wie mir die Tränen in die Augen schießen, und muss mich anstrengen, den Wagen normal zu steuern, da ich die Straße und die entgegenkommenden Fahrzeuge nur noch verschwommen erkennen kann. Am liebsten würde ich die Tränen einfach laufen lassen und gleichzeitig aufs Gaspedal drücken - ein plumper Versuch, Betty Gesellschaft zu leisten -,
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