Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Briefwechsel

Der Briefwechsel

Titel: Der Briefwechsel
Autoren: Siegfried Peter-Unseld Handke
Vom Netzwerk:
Richter
32 gebeten, Sie einzuladen. Hoffentlich können Sie es einrichten, es wäre sehr schön, wenn wir einige Tage gemeinsam in Amerika verbringen könnten.
    Herzliche Grüße
    Ihr
    [Siegfried Unseld]
    1
Helmut Scheffel, An der Erfahrungsgrenze , in: Frankfurter Allgemeine Zeitung , 15. März 1966. Er schrieb: »Das hohe Niveau von Handkes Demonstration zeigt sich in der Nutzung sprachlicher Möglichkeiten. Es ist ein Genuß zu sehen, wie hier etwa grammatische Formen im Dienste der ästhetischen Absichten gebraucht werden. Da werden Modi ebenso durchexerziert wie der Gebrauch von Verbzeiten und ihre Konkordanz, der Gebrauch der verschiedenen Personen ebenso wie die Komparation. […] Gewiß ist der Roman keine ganz leichte Lektüre, aber eine lohnende. So wie es sich gelohnt hat, unsere Sehweise beim Betrachten von Bildern seit einer Reihe von Jahrzehnten zu ändern und neu einzuüben. Ein Roman, der uns als erkennende Wesen in Frage stellt, ein Autor, der weiß, worauf es ankommt, und der Grundlagenforschung betreibt. Man vertraue sich ihm an.«
    [18]
    Graz
    22. März 1966
    Lieber Herr Dr. Unseld,
    herzlichen Dank für Ihren Brief und für die Zusendung der ersten Kritik und des Buchexemplars.
    Das Buch schaut, glaube ich, großartig aus, und ich bin mehr als zufrieden damit. Ich danke Ihnen nochmals sehr für die Mühe, die es Ihnen sicherlich gemacht hat. Jetzt kann man nur auf die Reaktion warten.
    Die Kritik in der » FAZ « hat mir sehr gefallen, sie ist, glaube ich, auch gut geschrieben.
    33 Ich danke Ihnen auch, daß Sie die Einladung nach Princeton veranlaßt haben. Ich werde alles daran setzen, daß ich kommen kann. Ich glaube, es ist fast sicher. Ich freue mich sehr auf diese Reise, ich war noch nie in den Vereinigten Staaten. 1
    Für heute herzliche Grüße
    Ihr
    Peter Handke
     
    N. S. | Die mir zustehenden Buchexemplare wird man wohl oder übel nach Graz schicken müssen. Ich wüßte sonst nicht. |
    1
Die Jahrestagung der Gruppe 47 fand 1966 zwischen dem 22. und 24. April in der Whig-Hall der Princeton-University statt. P. H. las aus seinem zweiten Roman Der Hausierer (eine veränderte Version des gelesenen Textes wurde gedruckt in: Akzente , 5/1966, S. 467; siehe auch Brief 19, Anm. 3) und kritisierte in einer improvisierten Rede die zeitgenössische deutschsprachige Literatur. Deren Eingangssatz lautete: »Ich bemerke, daß in der gegenwärtigen deutschen Prosa eine Art Beschreibungsimpotenz vorherrscht. Man sucht sein Heil in einer bloßen Beschreibung, was von Natur aus schon das billigste ist, womit man überhaupt Literatur machen kann.« (Tonbandprotokoll der Rede von P. H., zitiert nach Adolf Haslinger, Peter Handke , S. 110f.) Sämtliche Lesungen und Diskussionen der Tagung kann man auf der Website der Universität Princeton nachhören: ). Die Erläuterungen von P. H. zu seiner Rede erschienen unter dem Titel: Beschreibungsimpotenz. Zur Tagung der Gruppe 47 in USA , in: konkret , 6/1966, S. 32f.; wiederabgedruckt unter dem Titel Zur Tagung der Gruppe 47 in Princeton in: P. H., Ich bin ein Bewohner des Elfenbeinturms , S. 29-34. 
»Peter Handke, ein sehr junger Autor aus Graz, zum erstenmal anwesend auf einer Gruppentagung, der selber einen nur aus knappsten Aussagesätzen bestehenden Text vorgelesen hatte, einen durch kühn kalkulierte Zwischenschnitte verwandelten Kriminalroman,
34 und der schon vorher durch seinen Oppositionsgeist aufgefallen war, als er (›Entschuldigung, wenn ich etwas unsachlich bin‹) Höllerers Erzählung als geistlos bezeichnet hatte, stand nach Piwitts Lesung [aus einem unveröffentlichten Roman] auf: Hier wie anderswo in der deutschen Literatur herrsche Beschreibungsimpotenz – wenn man nichts mehr weiß, kann man wenigstens noch beschreiben –, alles Schöpferische, jegliche Reflexion fehle, diese Prosa sei läppisch und idiotisch, und läppisch und idiotisch sei auch die Kritik, deren Instrumentarium zur Not gerade noch der alten Beschreibungsliteratur gewachsen sei, bei allem Andersartigen aber nur noch schimpfen oder Langeweile konstatieren könne. Es war ein Aufstand gegen so gut wie alles, was sich an Literatur und Kritik auf dieser Tagung präsentiert hatte, nicht sehr artikuliert zwar, selber Geschimpf, doch radikal gemeint.« Dieter E. Zimmer, Gruppe 47 in Princeton , in: Die Zeit , 6. Mai 1966. Im Anschluß an die Tagung reiste P. H. durch die USA
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher