Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der bleiche König: Roman (German Edition)

Der bleiche König: Roman (German Edition)

Titel: Der bleiche König: Roman (German Edition)
Autoren: David Foster Wallace
Vom Netzwerk:
zu erkennen war.
    »Und nimmt er Betamax oder VHS?«, warf ein G-2er namens Wakeland ein, der entweder ein leichtes Ostküstenstottern oder einen rudimentären echten Sprachfehler mitbrachte.
    »Wofür steht VHS eigentlich?«
    Der Mann mit dem Haarwirbel sagte: »Und die längsten Videokassetten reichen nur vier Stunden, die Bänder müssen also fünfmal am Tag gewechselt werden.«
    »Sechsmal«, sagte Randall. »Vierundzwanzig durch vier Stunden.«
    »Nein, fünfmal. Null bis vier Uhr ist das erste Band. Das wird ja nicht gewechselt, sondern zählt als erstes Band.«
    »Video irgendwas Storage.«
    Randall: »Aber um Mitternacht hast du es doch auch gewechselt, Pethwick. Um Mitternacht hast du das Band 20 bis 24 Uhr vom Vorabend durch das Band 0 bis 4 Uhr ausgetauscht.«
    Tantillo seufzte theatralisch. »Das hängt einfach davon ab, wie Hovatter die Kassettenwechsel verrechnet, ob er den Wechsel um Mitternacht also dem Vortag oder dem nächsten Tag zuschlägt.«
    »Als würde das eine Rolle spielen«, murmelte Pethwick, der, wie Singh konkludierte, der sein musste, von dem hinter Hovatters rechter Schulter nur der Haarwirbel zu sehen war. Hovatter, der ein Riesensandwich aus der Mikrowelle auf einer Serviette vor sich liegen hatte, hielt sich die Faust vor den Mund und hüstelte hinein. Mehrere Jungen am Tisch starrten ins Leere.
    Wakeland: »Aber w-wer sorgt alle vier Stunden für das Auswechseln? Das ist doch die entscheidende Frage. Mal angenommen, ich lass Terry Fernseher und Videorekorder in einem Zimmer verkabeln, das sonst nicht gebraucht wird, und ich blech auch für den Strom, um die Geräte den ganzen Tag anzulassen –«
    »Mist, er hat recht. Hovatter muss auch ihre Stromrechnungen bezahlen.« Das war wieder G-2 Runyon, der einen oben abgeflachten Bürstenschnitt hatte, der an einen Flugzeugträger erinnerte. »Wie berechnet man da eigentlich den Stromverbrauch? Am besten nimmt man den Mittelwert des vorangegangenen Quartals, berechnet den Anstieg im Mai, und die Differenz ist dann die Nettoschuld.«
    »Wobei im Sommer dann die Klimaanlage läuft und den Mittelwert verzerrt –«
    »Das Quartal umfasst März, April, Mai, Runyon. Also Klappe.«
    »Genau, und ab Mai laufen Klimaanlagenkosten auf. Oder angenommen, du heizt elektrisch, und im März läuft die Heizung noch.«
    Hovatter hatte auf dem Tisch neben seinem Mineralwasser ein Notizbuch liegen und notierte sich jetzt etwas in Code.
    Wakeland sagte: »Aber entscheidend ist doch, w-wer die Kassetten wechselt. Selbst wenn Hovatter mich dazu rumkriegt, meinen Lebensstil für ihn und seine Glotze zu ändern, die rund um die Uhr denselben Sender zeigt ...«
    »Ist doch nur für einen Monat«, sagte Randall. Er schien sich an den ganzen Tisch zu richten. »Ist doch keine Nierenspende.«
    Wakeland nickte zustimmend. »Trotzdem fahr ich doch nicht alle vier Stunden von der Arbeit nach Hause, um die Kassette zu wechseln, und ich steh auch nicht um Mitternacht und um vier auf, um Hovatters Band zu wechseln.«
    »Stimmt, das wäre eine fiese Zumutung.«
    G-2 Terry Hovatter wurde gar nicht mehr groß beachtet. Singh merkte, dass Sylvanshine nie den Sprecher ansah, sondern stattdessen immer die Gesichter und Augen der jeweiligen Zuhörer.
    »Außer Hovatter entschädigt sie irgendwie«, überlegte Tantillo.
    »Wie berechnet man denn die Entschädigung für etwas, was eher Nerv als Arbeit ist?«
    »Na ja, er müsste mit den Beteiligten eben Einzelarrangements ausarbeiten.«
    »Hat Hovatter eigentlich ausgerechnet, wie viel ihn das Ganze unterm Strich Pi mal Daumen kostet? Kann man sich da mal eine Aufstellung ansehen?«
    Tantillo: »Du willst darauf hinaus, Hovatters Budgetknappheit könnte bei den Entschädigungsverhandlungen mit seinen Freunden ins Spiel gebracht werden. Er könnte auf die Haben-Spalte zeigen und sagen: ›Pass auf, das sind die Mittel, die mir zur Verfügung stehen.‹«
    »Die Verhandlungen dürften ganz schön kompliziert werden.«
    »Also, es geht ja erst mal um Mai ’86. Nicht nächsten Monat. Hovatter hat mit Komplikationen gerechnet. Er hat nie behauptet, es wäre Pipifax.« Randall und Tantillo waren bei dem Projekt offenbar Hovatters Sprecher. Singh wurde unruhig und wollte weiter. G-2 Pethwick sagte: »Die Alternative wäre natürlich, dass er sie selber wechselt.«
    »Dann braucht er dreizehn Monate und nicht zwölf«, sagte Wakeland, »im ersten Monat kutschiert er dann nämlich nur durch die Gegend und wechselt Kassetten, und zwar
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher